Sten 8 Tod eines Unsterblichen
von dieser Stimme und seiner "Gutsherrenart" absah, war Bargeta nicht einmal so unsympathisch. "Du warst nicht in Gefahr.
So ein sauberer Bursche wie du ... den hättest du doch glatt platt gemacht. Vielleicht wäre aber auch ein Blitz aus heiterem Himmel durchs Dach gekommen - denn bestimmt hätte sich Vishnu eingemischt, um deinen Arsch zu retten."
"War der Kerl wirklich so groß?"
"Noch größer."
Austin lachte. "Wie gesagt, du hast was bei mir gut. Wenn, besser gesagt falls dieser Kurs jemals zu Ende geht, würde ich dir gern einen Humpen oder zwei ausgeben. Was nicht heißen soll, daß ich das bin, wessen mich dieser Schienenbus beschuldigt hat. Es sei denn", sagte er mit gespieltem Erschrecken, das sich in echte Sorge verwandelte, als ihm schlagartig klar wurde, daß er Kea unbeabsichtigt beleidigt haben könnte, "du bist ein
... ein ... Nicht, daß ich etwas dagegen hätte, falls du einer von denen bist, die, äh, ich meine, du weißt schon ... nicht soviel von Frauen halten."
Kea schüttelte den Kopf. "Keinesfalls. Ich bin ein ganz normal gepolter, gieriger Schluckspecht."
"Gut. Sehr schön. Dabei kommt mir der Gedanke, daß wir uns vielleicht über ein paar andere Sachen unterhalten könnten. Über einige andere Schwierigkeiten, in die ich gestolpert bin. Vielleicht kannst du mir auch da ein paar nützliche Tips geben."
Nach einigen Bieren kam Austin mit seinem Vorschlag heraus. Er gab freimütig zu, daß er nicht gerade zu den großen Leuchten von Cal Tech gehörte. Bei seinem Notendurchschnitt würde er das Institut garantiert nicht mehr lange besuchen können, was einige Leute nicht sehr erfreuen würde.
Mit einige Leute meinte er, da war sich Kea ziemlich sicher, die Entscheidungsträger der Familie Bargeta. Austin wollte Kea als Tutor engagieren.
Richards wollte schon ablehnen, doch plötzlich hatte er so etwas wie einen Moment der Erkenntnis. >Da will dir jemand einen Vorteil verschaffen,< dachte er. >Genau wie damals die zerbrochene Vase. Genau wie die Münzrolle, die du diesem Jungen in die Hand gedrückt hast. Das darfst du nicht ablehnen.< Er nahm an.
Der Nachhilfeunterricht erwies sich als nicht besonders schwierig. Austin war ein gelehriger Schüler. Natürlich rann das, was Kea ihm in das eine Ohr hineinstopfte, innerhalb einer Woche aus dem anderen wieder heraus, aber was spielte das schon für eine Rolle? Keiner der Professoren schien sich für etwas anderes zu interessieren, als daß die Studenten das herrliche, vor ihnen ausgebreitete Wissen wiederkäuten. Außerdem sah es nicht danach aus, als würde Austin jemals etwas von dem Wissen, das er sich angeblich erworben hatte, auch tatsächlich anwenden müssen. In diesem Punkt begeisterte sich Kea dafür, wie schlau er Bar-eta wirklich machen konnte, wenn er sämtliche Möglichkeiten ausschöpfte - so wie er damals alles versucht hatte, um von Kahanamoku City
wegzukommen. Die Antwort lautete: sehr schlau.
Denn Richards entdeckte, daß auch die Universität ihre eigene Unterwelt hatte, die ebenso funktionierte wie die auf Maui. Examen konnten gekauft werden.
Lehrkräfte konnten bestochen werden, damit sie Hausarbeiten verfaßten oder die bloße Anwesenheit honorierten. In manchen Fällen, wenn der Lehrer ein ausgesprochener Scharlatan war, ging es sogar so weit, daß Noten abgeändert wurden. Am Ende des Semesters hatte sich Austins Notendurchschnitt merklich verbessert. "Und das alles nur", wunderte sich Austin, "weil du mir gezeigt hast, wie man sich auf die wirklich wichtigen Dinge konzentriert."
Noch bevor das nächste Semester anfing, fragte Austin Kea, ob er bei ihm einziehen wolle. Richards packte die Gelegenheit beim Schöpf. Es war nicht so, daß sie einander auf den Füßen gestanden hätten, schließlich besaß Bargeta ein ganzes Haus, das frei auf einem eigenen Grundstück stand. Sechs Zimmer, eine Haushaltshilfe, ein Koch und ein Hausmeister, der sich um alle anderen Kleinigkeiten kümmerte.
Austin stellte seinen neuen Freund seinen alten Freunden vor. Der hochgewachsene und
ungeschliffene Kea mit der seltsamen, exotischen Herkunft erschien dem Kreis um Bargeta zunächst wie ein Wunderknabe. Man ging davon aus, daß Austin ihn, wie alle seine bisherigen Freunde, egal ob männlich oder weiblich, früher oder später fallenlassen würde. Aber Kea war eine Ausnahme.
Und allmählich akzeptierten sie ihn bei ihren Zusammenkünften.
Kea studierte die reichen jungen Leute und ihre Eigenarten sorgfältig. Er lernte
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