Sten 8 Tod eines Unsterblichen
Zehenspitzen auskostete. "Es ist das Gegenteil der Materie in unserem Universum.
Aber wir können es nicht Antimaterie nennen.
Antimaterie haben wir bereits in diesem Universum.
Vielleicht sollten wir es auf ganz einfache Weise ausdrücken." Er wandte sich an Ruth. "Etwas, das sich vermarkten läßt. Etwas, was sogar der Allerdümmste sich merken kann. Bislang war das immer sehr hilfreich, wenn ich den Fördergremien meine Arbeit vorgestellt habe."
"Ganz einfach." Sie zuckte die Achseln. "Wenn nicht Antimaterie ... dann ist es eine neue Antimaterie. Wir müssen das Neue betonen."
"Wie wäre es mit Antimaterie Zwei", schlug Kea vor.
"Gefällt mir", sagte Ruth. "Es ist einfach."
"Antimaterie Zwei... Ja, das ist gut. Sehr gut sogar. Mit dieser Überschrift haben wir ihre Aufmerksamkeit." Fazlur war zufrieden.
"Was mir daran gefällt," sagte Murph, "ist, daß es prima auf ein Gebäude paßt. AM2." Er malte die Symbole in die Luft: AM2.
"Wie sicher ist die Sache, Doc?" zwitscherte Vasoovan. "Kannst du das auch beweisen?"
Fazlur erhob sich, drehte sich um und blickte wieder auf den Bildschirm und den Vorhang aus Feuer. "Ich bin sicher. Sehr sicher. Und ich habe den Beweis. Aber er ist nicht hundertprozentig. Aber bei dieser Sache, meine Freunde, müssen wir absolut sicher sein. Sonst..." Er drehte sich um, während hinter ihm das Feuer weiterhin über den Monitor regnete. "Es gibt genügend Leute, die über Leichen gehen würden, um die Kontrolle über das hier zu erlangen. Darüber müßt ihr euch im klaren sein."
Fazlur sah sie entschlossen an. Einen nach dem anderen. Auch Kea. Richards dachte an die Bargetas, an die anderen großen Familien und Vermögen. Er dachte an die Möglichkeiten und die Bedrohung, die sie in AM2 sehen würden. Der entscheidende Punkt war die Kontrolle. Die da oben gegen die hier unten. Fazlur hatte recht. Diejenigen, die bereits alles hatten, würden mit Anwälten und Schriftstücken anrücken - und mit gedungenen Mördern. Kea nickte. Er wußte Bescheid. Die anderen auch.
"Wenn wir irgendwelche Rechte - knallharte und unverbrüchliche Rechte - an unserer Entdeckung haben wollen", sagte Fazlur, "müssen wir diesen Beweis patentierbar machen. Ein so starkes Patent, daß niemand unsere Rechte daran in Frage stellen kann."
"Wie kriegen wir diesen Beweis, Doc?" fragte Murph.
Fazlur deutete auf den Schirm. "Dazu müssen wir dort hinein", antwortete er. "Und wieder zurückkommen."
Kea hatte noch nie eine so gnadenlose Stille gehört. Es gab keinen Streit. Auch keine hitzigen Diskussionen. Niemand fragte: Ist das denn möglich? Sind Sie sicher? Was, wenn nicht? Jeder hatte den Kampf mit sich selbst auszufechten. Sie alle kannten Fazlurs Antworten: Ja, ich bin sicher.
Ich weiß nicht ... Ich bin auch noch nicht dort gewesen. Kea schluckte. Er blickte auf den Monitor.
Er sah den sanften Feuerregen, das Wallen und Wogen des Alls, verlockender als jede Frau, die er gekannt hatte.
Er ... mußte ... es ... einfach ... selbst... sehen.
Und wieder dieser Satz: "Der Stoff, aus dem die Träume sind."
Kea räusperte sich und rief damit die anderen ins wirkliche Leben zurück.
"Ich finde, wir sollten es wagen."
es war ein Ort wie der andere.
aber nicht vertraut.
es war ...
nicht.
es gefällt mir nicht.
warum?
weiß ich nicht.
ist es kälter?
nein, aber ... mir ist kalt.
ist es dunkler?
nein, aber ich ... kann nichts sehen.
was spielt sich denn dort ab?
ich...
habe mich verirrt.
Eine Art Vibrieren brachte sie in die Normalität zurück. Sie blickten einander verwundert an. Ruths Hand bewegte sich auf Keas Hand zu. Fazlur sah es.
Ein Leuchten glomm in seinen Augen auf. Dann verlagerte sich seine Aufmerksamkeit wieder auf den Schirm. "Wir sind auf der anderen Seite", sagte er leise.
Kea sah auf. Die Kameras am Heck des Schiffes machten einen Schwenk. Der Feuervorhang lag hinter ihnen.
Die Destiny I war hindurch.
"Haben Diskontinuität passiert", sagte Murph.
Seine Stimme klang spröde und professionell. "Auf den Zeittick ..."
Vasoovans Zwitschern klang moduliert:
"Überprüfung. Koordinaten ... x350 ... Berechnung läuft..."
"Halbe Kraft", mischte sich Kea ein. "Schub gleichmäßig. Alle Funktionen normal."
"Meldungen ... positiv an den Lukensensoren, Doktor", sagte Ruth. Völlig ruhig.
"Kurs jetzt Steuerbord neun... Danke, Ruth. Nicht mehr ganz so viele Daten, bitte ... So ist es gut."
Fazlur überwachte die hereinkommenden Daten; seine Finger flogen über die Tastatur.
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