Sten 8 Tod eines Unsterblichen
Er nickte. Ja.
Ja. Und ja. Dann stellte er das Gerät ab. "Ich glaube, jetzt können wir nach Hause fliegen, Captain", sagte er formell.
Murph nickte ihm zu. Steif. "Danke, Doktor."
Dann: "Vasoovan. Kurs auf XO setzen ... Wir fliegen heim."
Es erschien wie ein Fleck auf dem Bildschirm, der die Farben/Nichtfarben dieses eigenartigen Universums abbildete.
Ein infinitesimaler Fleck.
"Murph! Auf elf Uhr!"
"Was zum Teufel ist das denn?"
"Keine Ahnung. Ein winziger Mond vielleicht."
"Geh nicht zu nah ran."
"Nö. Nicht zu nah. Aber vielleicht sollten wir -"
Zwei Formen näherten sich einander im All. Aus Masse zusammengesetzt. Einer Möglichkeit dieser Masse. Und einer Verschiebung von Schwerkraft.
Aber eine dieser Formen bestand aus dem Stoff der einen Realität.
Die andere aus dem Stoff der anderen.
Gegenstände ziehen sich an.
Was aber tun doppelte Gegensätze?
Die Explosion erwischte die Destiny I mittschiffs, zerriß sie wie ein Hai, der sich in einen fettleibigen Thunfisch verbiß.
Fünfzehn starben.
Fünf überlebten.
Die Götter dieses Abschnitts des Universums waren gnädig mit den fünfzehn.
Kea erwachte. Es war dunkel und blutig. Ein beißender Gestank. Kein Schmerz.
Empfindungslosigkeit.
Er hörte Stimmen.
"Alle tot." Ein Jaulen.
"Wir sind da, Murph! Wir sind da. Wir leben noch."
Ich auch, wollte Kea sagen. Ich lebe auch noch.
Nicht einmal ein Stöhnen entrang sich seiner Kehle.
"Was sollen wir tun? Großer Gott, was sollen wir bloß tun?"
"Ich würde dich umbringen, Murph. Ich würde dich wirklich umbringen, wenn wir dann nicht ganz allein wären."
"Ich muß nachdenken. Ich muß nachdenken."
"Du bist dran schuld, Murph. Wir hätten niemals herkommen sollen, du verdammter Idiot!"
Überprüft den Schaden, wollte Kea sagen. Es drängte ihn verzweifelt dazu ... Überprüft den Schaden.
Er spürte, wie sich seine Lippen zum Sprechen zusammenzogen.
Eine Welle stürzte über ihm zusammen und riß ihn mit sich.
Er hatte Durst.
O Gott, was hatte er für einen Durst.
Eine Stimme. Ruths Stimme.
"Herrje, ich weiß auch nicht. Er hat sich etwas gebrochen oder sonst was. Innen drin. Ich bin keine Ärztin."
"Was ist mit Fazlur?" Murphs Stimme.
"Ist doch egal", ertönte ein Zwitschern.
Vasoovan. "Er hat uns hier reingeritten."
"Castro geht es noch schlechter", hörte er Ruth sagen. "Ich habe die Anweisungen in der Erste-Hilfe-Ausrüstung befolgt, so gut ich konnte. Der Stumpf hat zu bluten aufgehört, falls das ein Trost ist." Ihre Stimme war kalt.
"Immer noch bewußtlos?"
"Immer noch. Gott sei Dank. Was glaubst du, wie gräßlich er sonst schreien würde?"
>Wasser<, dachte Kea. >Ich habe so schrecklichen Durst.<
"Wir haben praktisch keine Rationen mehr", schrillte Vasoovan. "Und nur ganz wenig Wasser."
"Ich schlage vor, wir erlösen beide von ihrer Qual. Dann können wir ein bißchen länger leben."
"Das wäre nicht rechtens", sagte Ruth. Mit Nachdruck.
"Nö", meinte Murph. "Das nicht... Außerdem kosten sie uns nichts, solange sie bewußtlos sind.
Höchstens Luft. Und davon haben wir genug."
Die Wogen hoben Kea erneut auf und trugen ihn davon.
Schmerzen. Ganze Wellen und einzelne Stiche.
Aber sie waren erträglich. Und die
Gefühllosigkeit war verschwunden.
Immer noch kein Licht. Seine Augen ... fühlten sich ... verkrustet an. Getrocknetes ... Was? ... Blut?
Ja, Blut.
"Herrschaft, dieser Anzug stinkt vielleicht", hörte er Murph sagen.
Verschlüsse wurden geöffnet. Dann war das Klappern von Ausrüstungsteilen zu hören, die zu Boden fielen.
"Hast du es diesmal bis zur Antriebseinheit geschafft?" fragte Ruth.
"Ja. Sie ist nicht allzusehr demoliert. Und die Verbindung zu den Kontrollen ist unterbrochen."
"Kriegen wir es wieder hin?" Wieder das Gezwitscher.
Kea hörte Murph aufstöhnen. "Ich sagte doch, der Antrieb ist nicht zu schlimm demoliert. Das heißt...
man kann ihn reparieren. Aber ich kann's nicht. Und auch keiner von euch."
Kea brachte das Wort mit Mühe heraus:
"Wasser."
"He, das ist Richards", sagte Murph.
"Was will er denn?" fragte Vasoovan.
"Wasser. Er sagte >Wasser<", erwiderte Ruth.
"Ich hole ihm einen Schluck."
"He, Murph", sagte Vasoovan. "Darüber haben wir uns nicht unterhalten. Vorhin hast du gesagt, sie kosten uns nichts, erinnerst du dich noch?"
"Ich erinnere mich."
Kea hatte plötzlich Angst davor, daß sie eine Entscheidung treffen würden. Und noch mehr Angst davor, wie sie ausfallen würde. Wo war Ruth?
Warum sprach sie nicht zu
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