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Stephane Hessel - ein gluecklicher Rebell

Stephane Hessel - ein gluecklicher Rebell

Titel: Stephane Hessel - ein gluecklicher Rebell Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Fluegge
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beim Weltwährungsfonds ein glaubwürdiger Kandidat der Linken sein könne. Von da ab setzte wieder der politische Betrieb die Akzente: Auswahl des Spitzenkandidaten der Sozialistischen Partei, erste Vorgeplänkel im Präsidentschaftswahlkampf, europäische Währungskrise. Hessel blieb indes präsent. Auch in der politischen Arena des Vorwahlkampfs hat er sich im Laufe des Jahres 2011 eingemischt, allerdings mit wechselnden Positionen. Unterstützte er zunächst die Grünen, die in Frankreich Europe-Écologie heißen, und dort zunächst Nicolas Hulot, dann die parteiintern siegreiche Éva Joly, so ging er bald zu den Sozialisten über, seiner eigentlichen politischen Heimat. Dort unterstützte er die schließlich unterlegene Martine Aubry; als aber François Hollande am 29. Oktober 2011 nach gewonnener Vorwahl offiziell als Kandidat der Sozialisten inthronisiert wurde, war Hessel als Ehrengast in der zweiten Reihe platziert und wurde von Hollande mit Handschlag begrüßt.
    Als am 13. August 2011 der Dalai-Lama einen großen Auftritt in Toulouse vor beinahe 10   000 Hörern hatte, saßStéphane Hessel als sein persönlicher Gast neben ihm auf der Bühne. Sie kennen sich schon seit vielen Jahren. Den Kampf des Tibeters hatte Hessel immer bewundert, auch seine Absage an jede Form der Gewalt in der Behauptung gegen die chinesische Unterdrückung und seine Größe, den Chinesen durchaus Positives zuzuschreiben, getreu dem Motto: Mein Feind ist mein bester Lehrer. Zur eigentlichen Tibet-Frage äußerte sich Hessel jedoch nicht, obwohl man sie mit der Lage in Palästina vergleichen kann.
    In all seinen Parteinahmen erkennt man Hessels Neigung, stets auf der Seite der Unterlegenen zu stehen; andererseits kann man einen gewissen Opportunismus und auch menschliche Schwächen wie Eitelkeit nicht übersehen. Stéphane Hessel möchte eben allen gefallen, wie er selber im Film
Der Diplomat
zugibt: »Es ist mir enorm wichtig, dass die Menschen um mich herum mich als positiv erleben. Wenn mich jemand negativ empfindet, bin ich unglücklicher als er.«
    Konzessionslos und hart ist er nur in einem Punkt: wenn es um Israel geht. Das hat er in vielen Interviews immer wieder gezeigt. Damit macht er es seinen Kritikern leicht (ihn zu verkennen) und seinen treuesten Anhängern schwer (ihm in allem zu folgen).
    Die Anzahl der Publikationen, die sich mit seinem Namen schmücken, nimmt ständig zu. Er selbst schob nach dem Erfolg von
Empört Euch!
eine Broschüre nach unter dem vorhersehbaren Titel
Engagiert Euch!
, sodann einen kleinen Band mit seinem Lieblingsphilosophen Edgar Morin, der vier Jahre jünger ist als er; dieser Band,
Wege der Hoffnung
, hat es inzwischen auch auf die Bestsellerlisten gebracht. Christiane Hessel Chabry hat nunmehr, ebenfalls bei Indigène Éditions, eine Broschüre über ihre Erfahrungen im Gazastreifen herausgebracht (
Gaza, j’écris ton nom
), denn ebenso wie Stéphane Hessel selbst engagiert sich seine Frau gerade in dieser Sache stark. Für 2012 sind weiterePublikationen angekündigt, darunter ein Büchlein mit dem Dalai-Lama.
     
    An einigen Beispielen sollen hier die großen Linien der »Hessel-Rezeption« in Frankreich und in Deutschland aufgezeigt werden. Von Oktober bis Dezember 2010 war die Drei-Euro-Broschüre ein Selbstläufer. Es bedurfte nicht vieler Begleitartikel. Ob der Kauf aus Überzeugung geschah oder als Weihnachtsgeschenk oder weil das Büchlein direkt neben den Ladenkassen lag, sei dahingestellt. Erst mit dem Jahresende begannen Analysen des »Phänomens Hessel«. Erst als der Erfolg schon ein gewisses Ausmaß erreicht hatte, nämlich über der Marke von 500   000 Exemplaren lag, begann eine intensive publizistische Bearbeitung, aber sogleich auch eine Gegenkampagne. Weitere Fernsehauftritte von Hessel kamen hinzu. Der Erfolg ist also keineswegs von den Medien »gemacht« worden, sie haben ihn nur vertieft und verlängert.
    Die Zeitung
Libération
schmückte das Titelblatt ihrer letzten Ausgabe des Jahres 2010 mit dem Konterfei von Stéphane Hessel (30.   12.   2010), die Schlagzeile dazu hieß: »Die Empörung als Bestseller«. Die folgenden beiden Seiten galten dem »politischen Phänomen« seines Durchbruchs. Über
Mediapart
(eine Internetzeitung, betrieben von ehemaligen Redakteuren von
Le Monde
) wurde sogar eine Neujahrsansprache des »Präsidenten Hessel« verbreitet. Es war kein Scherz: Hessel konstatierte in seiner kurzen Ansprache, dass das erste Jahrzehnt des 21.

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