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Sterbelaeuten

Sterbelaeuten

Titel: Sterbelaeuten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Endemann
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Frankfurt“, sagte Clausen. „Wir konzipieren maßgeschneiderte IT-Lösungen für kleine und mittelständische Unternehmen. Ich bin immer neugierig, wie Unternehmen sich organisieren, welche IT-Lösungen sie haben, ob sie mit Netzwerken arbeiten. Eine Kirchengemeinde ist ja im Grunde auch ein kleines oder mittelständisches Unternehmen.“
    So wie Clausen erwartungsvoll grinste, hatte Henry das Gefühl, er sollte sich jetzt geschmeichelt fühlen. „Ja“, sagte er. „Ich muss mal was kopieren“, und drehte sich zum Kopierer.
    „Gut, ich komme dann Donnerstagnachmittag zum Sortieren und Austeilen des Gemeindebriefs“, sagte Clausen zu Ilona.
    „Verflixter Mist!“, fluchte Henry. Der Kopierer warf eifrig Papiere aus. „Wo breche ich das denn ab?“ Henrys Augen flogen hektisch über das Display und die viel zu vielen winzigen Knöpfe.
    „Darf ich mal?“ Clausen beugte sich über den Apparat. Er drückte einen Knopf. Der Kopierer warf noch zwei Seiten aus, auf denen Henrys Weihnachts-Dankesschreiben an die ehrenamtlichen Mitarbeiter in mikroskopisch kleiner Schrift rechts oben in der Ecke des DIN-A-4-Blattes gerade noch zu erkennen war.
    „Wieso macht der eigentlich nie, was ich will?“
    „Der Output kann immer nur so gut sein wie der Input“, sagte Clausen und lächelte Henry verschwörerisch an. Henry hatte Mühe, ihn nicht anzuknurren. Clausen drückte noch ein paar Knöpfe. „Das Format war auf 75-prozentige Verkleinerung eingestellt. Jetzt müsste es wieder okay sein.“
    „Wer macht denn so was?“ Henry näherte sich widerwillig dem Kopierer und legte den Brief erneut auf. Jetzt lächelten Ilona und dieser Clausen sich verschwörerisch an. Sie brauchten gar nicht zu denken, er sähe das nicht.
    „Wie viele Exemplare?“, fragte Clausen.
    „Das kann ich schon“, wehrte Henry ab. Er suchte die Einstellung für die Exemplare und wählte die Anzahl aus.
    „Na, dann noch einen angenehmen Tag allerseits!“ Clausen deutete eine Verbeugung in Ilonas Richtung an und verließ das Büro.
    „Du warst aber nicht so richtig nett zu Herrn Clausen.“ Ilona sah Henry missbilligend an. „Da haben wir mal ein neues Gemeindeglied und du benimmst dich so.“
    „Wie denn, ‚so‘?“, fragte Henry, der genau wusste, was sie meinte. „Ist er denn Mitglied unserer Gemeinde?“, hakte er nach, um abzulenken.
    „Nein, er wohnt ja in Schwalbach. Aber er ist ein ehrenamtlicher Mitarbeiter. Und hilft beim Gemeindebrief. Vielleicht lässt er sich noch umgemeinden. Wenn du ihn nicht vergraulst.“
    „Jetzt übertreib nicht. War ich so schlimm?“
    „Ja. Du hast übrigens eine Beerdigung. Liegt in deinem Fach.“
    „Och, nee.“
    „Ja, rücksichtslos von den Leuten, mitten im Advent zu sterben“, sagte Ilona und wandte sich ihrem Bildschirm zu.
    –
    Röhrig holte sich einen grauenhaft bitteren Kaffee in einem deprimierenden braunen Plastikbecher aus dem Automaten im Polizeirevier und setzte sich auf eine Bank vorm Haus. Nach der Obduktion brauchte er ein bisschen frische Luft, bevor er hoch in sein Büro ging.
    Die Obduktion hatte rein gar nichts ergeben. Ursula Fromme war für ihr Alter ganz gut in Form gewesen. Eine leichte Herzschwäche, die einerseits altersgemäß war, aber andererseits nicht zwingend zu einem Herzversagen nach körperlicher Anstrengung führen musste. An ihrem Körper waren keine Spuren von Fremdeinwirkung gewesen. Keine Medikamente oder Gifte, aber hierfür hätte es auch Hinweise geben müssen, sie konnten schließlich nicht alles testen.
    Röhrig nahm einen Schluck von der Kaffeebrühe. Das war der reinste Giftmüll. Die Untersuchung der Wohnung hatte auch nichts gebracht. Kein gewaltsames Eindringen. Es gab natürlich jede Menge Fingerabdrücke, die weder zum Opfer oder zu ihrem Untermieter gehörten, aber die waren durch die Datenbank gelaufen, ohne Ergebnis. Außerdem waren sie nur im Wohnzimmer gefunden worden, nicht im Schlafzimmer. Besucher oder Handwerker, man konnte nicht jeden von Frau Frommes Bekannten und Kontakten auf Fingerabdrücke überprüfen und selbst wenn man es tat, würde es doch nur darauf hinauslaufen, dass diese Personen sich aus völlig nachvollziehbaren Gründen in der Wohnung aufgehalten hatten.
    Der Untermieter hatte unter Schock gestanden und jetzt wollte er nichts wie raus aus der Wohnung. Röhrig hatte keinen Grund, ihn festzuhalten, denn er hatte ein wasserdichtes Alibi. Für Röhrigs Geschmack verhielt er sich etwas hysterisch. Aber so tickten die

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