Sterben auf Italienisch - Ein Aurelio-Zen-Roman
Intensität. Was zweifellos auch erklärt, weshalb Ihr Vater während seines Aufenthalts hier ebenfalls darauf zurückgegriffen hat.«
Tom Newman funkelte Zen mit seinen dunkelbraunen Augen in einer Weise an, die überhaupt nicht engelhaft war. »Was soll dieser Scheiß? Mein Vater ist hundertprozentig Amerikaner! Ist das klar?«
Zen wählte seine Worte mit Bedacht. »Es ist klar, dass Sie das glauben, signore , doch es ist eine unbestrittene Tatsache, dass man Ihren Vater während seines Aufenthalts hier eine Variante des Dialekts hat sprechen hören, wie sie typisch für die Menschen dort oben in den Bergen ist.«
Er deutete auf das Fenster, wo die grünen Ausläufer des Sila-Plateaus zu sehen waren, die steil in das Tal abfielen, in dem die Stadt lag. Von der weitläufigen Schwemmebene drang das beharrliche Knattern eines Hubschraubers herüber, den eine amerikanische Filmgesellschaft gemietet hatte, um geeignete Drehorte für ihr nächstes Projekt zu erkunden. Der Krach war nervig, doch sowohl die Bürgermeisterin als auch der Präfekt hatten dem Unternehmen ihren Segen erteilt, und deshalb konnte man nichts dagegen tun.
»Ich glaube Ihnen nicht«, sagte Tom Newman in hartem Tonfall.
Zen zuckte die Schultern. »Er wäre sicher nicht der erste Kalabrier gewesen, der nach la Merica ausgewandert ist. Er wäre noch nicht mal unter den ersten hunderttausend gewesen. Doch Sie müssen mir nicht glauben.«
Er blätterte in einigen Papieren, dann reichte er die Informationen über die Einbürgerung von Peter Newman hinüber, die das Konsulat in Neapel geschickt hatte, dazu eine italienische Geburtsurkunde auf den Namen Pietro Ottavio Calopezzati.
»Sind das offizielle Dokumente?«, fragte Tom, nachdem er sie gelesen hatte.
»So offiziell, wie sie nur sein können. Ihr Vater hat den Namen Peter Newman 1966 angenommen. Davor war er Pietro Calopezzati, geboren in der commune Spezzano della Sila dort oben in den Bergen, eine halbe Stunde mit dem Auto von hier. Wollen Sie etwa behaupten, dass Sie davon absolut nichts wussten?«
»Warum sollte ich Sie belügen?«, fuhr Tom Newman ihn an. »Ich wusste noch nicht mal, dass es da was zu lügen gab! Aber wie dem auch sei, was hat das alles mit der Entführung zu tun? In der ermitteln Sie doch angeblich. Wen interessiert es schon, ob mein Vater aus irgendeinem Grund seine Herkunft verschleiert hat?«
»Ich interessiere mich für alles, was mit diesem Fall zu tun haben könnte, Signor Newman. Man weiß nie im Voraus, was sich letztlich als relevant erweist. Zum Beispiel, dass die Calopezzatis bis zu den politischen Veränderungen, kurz nachdem Ihr Vater geboren worden war, zu den reichsten Grundbesitzern in Italien gehörten. Bisher habe ich keine Informationen über die gegenwärtigen finanziellen Verhältnisse der Familie, doch die Entführer kennen die ganz bestimmt. Und das könnte durchaus die Lösegeldsumme beeinflussen, die sie fordern. Ich nehme an, Sie haben ein Handy.«
Newman drückte seine Zigarette aus. »Das funktioniert in Europa nicht.«
»Dann werden Sie hier so gut wie taubstumm sein, und wie das häufig bei Menschen mit dieser Behinderung der Fall ist, wird man Sie für einen Idioten halten.«
»Okay, ich besorg mir eins.« »Geben Sie mir sofort die Nummer durch. Sobald die Entführer sich melden, ist es absolut erforderlich, dass wir rasch reagieren können. Die Bande wird höchstwahrscheinlich einen Zeitplan für weitere Verhandlungen festlegen, und wenn sie nicht unverzüglich eine Antwort bekommt, könnte es sein, dass sie den Kontakt abbricht. An diesem Punkt können die Dinge schnell außer Kontrolle geraten, mit furchtbaren Konsequenzen.« Zens Gesicht verdüsterte sich. »Merkwürdig, dass Ihr Vater Sie so getäuscht hat«, murmelte er. »Ich hoffe, alles wird gut.«
9
Der Beobachtungsposten vor Nicola Mantegas Kanzlei auf dem Corso Mazzini langweilte sich allmählich. Doch dank seiner Tätigkeit bei der Elite-Antiterror-Einheit Digos war Benedetto trotz seines relativ jungen Alters ein alter Hase im Observieren und wusste, dass Langeweile der größte Feind eines Überwachungsbeamten war. Sie schwächte unmerklich, aber stetig die Konzentration, und wenn endlich etwas passierte, waren einem die Reflexe eingerostet und man reagierte nur langsam. Wenn die Wartezeit sehr lang war und das Ereignis ziemlich unauffällig, konnte es sogar passieren, dass man es völlig verpasste.
Letzte Nacht hatten die Motorradfahrer Mantega zurück zu seiner
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