Sterben auf Italienisch - Ein Aurelio-Zen-Roman
Zeitpunkt betriebenen Nachforschungen legten den Schluss nahe, dass er unter dem Namen Pietro Ottavio Calopezzati geboren worden war, als Sohn Ihrer verstorbenen Schwester Ottavia. Der Hauptgrund für meinen Besuch ist, dass ich von Ihnen eine DNA-Probe haben möchte, um diese Hypothese zu bestätigen oder zu widerlegen.«
Calopezzati saß über eine Minute schweigend und ausdruckslos da. Sein Körper zuckte ab und zu heftig, als würde er eine Serie kleinerer Schlaganfälle erleiden. Zen wartete schweigend, bis er sich wieder beruhigt hatte.
»Sie werden Ihre Probe bekommen«, sagte der alte Mann schließlich, »aber sie ist überflüssig. Der Tote war tatsächlich mein Neffe.«
»Wären Sie bereit, etwas darüber zu sagen, wie aus Pietro Calopezzati Peter Newman wurde?«
»Vielleicht. Aber eins nach dem anderen.« Er öffnete die Ledertasche und nahm einen Stapel Papiere heraus. »Wir werden das hier in chronologischer Reihenfolge durchgehen, mit einer Ausnahme, auf die ich noch zu sprechen komme.« Er reichte Zen ein Dokument nach dem anderen. »Meine Geburtsurkunde. Diverse Fotos aus meiner Kindheit und Schulzeit. Eine Reihe von Ausweisen aus der nachfolgenden Zeit bis in die Kriegsjahre, dann ein paar weitere aus der Zeit, als ich für die servizi gearbeitet habe, einschließlich des Ausweises, der derzeit gültig ist. Sie werden mir wohl zustimmen, dass alle diese Fotos eine ausgesprochene Ähnlichkeit aufweisen, mit Einschränkungen natürlich, wegen der langen Zeitabschnitte dazwischen. Ich erwarte jedoch nicht, dass Sie sich auf dieser Grundlage allein für meine Identität verbürgen. Wie ich bereits sagte, habe ich ein Dokument aus der chronologischen Abfolge herausgenommen. Hier ist es.«
Er reichte Zen eine Karteikarte mit dem aufgedruckten Kopf »Partito Fascista Italiano«. Die Eintragungen darunter gaben an, dass Roberto Calopezzati der Parteisektion Cosenza im Rang eines caposquadrista angehört hatte, des Kommandanten eines Trupps von Schwarzhemden. Das angeheftete Foto passte zu den übrigen Bildern, doch auf der Karte war außerdem ein sehr deutlicher Fingerabdruck.
»Und nun mein letzter Trick«, sagte der Mann.
Aus der Ledertasche zog er ein Stempelkissen in einer Metallschachtel und ein leeres Blatt Papier. Er klappte das Stempelkissen auf, fuhr mit seinem rechten Daumen über die Farbfläche und drückte ihn auf das Papier. Zen verglich den so entstandenen Abdruck mit dem auf der Karteikarte der Faschistischen Partei. Sie waren identisch.
»Sind Sie zufrieden?«, fragte Calopezzati.
»Ja.«
»Dann lassen Sie uns zu der Probe kommen, die Sie brauchen. Was genau wird da gemacht?«
Zen zögerte einen Augenblick. »Korrigieren Sie mich, wenn ich Unrecht habe, barone , aber ich habe den Eindruck, dass die Nachricht vom Tod Ihres Neffen für Sie zwar ein Schock war, aber dennoch nicht allzu überraschend kam.«
»Überraschend nur in dem Sinne, dass ich keine Ahnung hatte, dass er nach Hause zurückgekehrt war. Solange wir in Kontakt standen, habe ich ihm dringend geraten, das niemals zu tun, und falls doch, sich auf keinen Fall südlicher als Rom vorzuwagen. Was um alles in der Welt kann ihn nur veranlasst haben, es doch zu tun?«
»Soweit ich weiß, war er für eine amerikanische Filmgesellschaft als mediatore tätig, um alles für einen Film in die Wege zu leiten, der hier unten gedreht werden soll.«
Calopezzati machte eine verächtliche Bewegung mit seiner eleganten Hand. Seine Füße müssen auch elegant gewesen sein, dachte Zen und fragte sich, wie er sie wohl verloren hatte.
»Das ist doch bloß Geld! Er hätte einen anderen Job finden können.«
»Vielleicht hat er geglaubt, dass das Risiko inzwischen minimal wäre«, murmelte Zen, als spräche er mit sich selbst. »Vielleicht hat er nach so vielen Jahren Sehnsucht nach dem Land seiner Herkunft bekommen. Sie haben angedeutet, dass Sie irgendwann den Kontakt zu Pietro verloren haben. Wann ist das geschehen?«
»Ich kann mich nicht genau daran erinnern. Irgendwann Anfang der achtziger Jahre. Er hat einfach nicht mehr geschrieben und nicht mehr angerufen, oder ich war es. Schließlich war er nicht mein Sohn.«
»Aber Sie waren dafür verantwortlich, dass er nach Amerika kam?«
»Als meine Schwester starb, wurde ich sein Vormund. Das war kurz nach dem Krieg, und das Land befand sich im Chaos. Ich habe Pietrino zu mir nach Rom geholt und ihn dort in die Schule geschickt, damit er Italienisch lernte. Er war ein wildes
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