Sterben auf Italienisch - Ein Aurelio-Zen-Roman
wieder, und Sie bringen sie dahin zurück, wo Sie sie hergeholt haben.«
»Welche Garantie habe ich, dass Sie sie zurückgeben?«
Der Mann lachte wieder. »Absolut keine. Aber wenn Sie die Ware nicht innerhalb der nächsten achtundvierzig Stunden liefern, wird Ihr Sohn Ihnen in schönen, mundgerechten Stücken zurückgeschickt. Kochen Sie sie auf kleiner Flamme in einer guten Tomatensauce, und Sie haben eine richtige Mahlzeit. Sie könnten auch Ihre Exfrau dazu einladen. Es wird genug da sein.«
38
Abgesehen von der Anwesenheit Natale Arnones, der in voller Uniform dastand, mit einer Hand an der automatischen Pistole, die in dem weißen Holster steckte, das an dem diagonalen Gurt über seinem ausladenden Brustkorb befestigt war, war der Schauplatz von Zens erstem Gespräch mit Nicola Mantega der gleiche wie bei dem vorangegangenen Gespräch mit Maria. Die Atmosphäre hätte jedoch nicht unterschiedlicher sein können. Die beiden Hauptpersonen hatten ihre Krawatten gelöst und die Hemden am Kragen aufgeknöpft. Die Luft war zum Schneiden, ein Gemisch aus Zigarettenqualm, verbrauchtem Atem und diversen Körperausdünstungen.
»Sie sind töricht gewesen, Mantega«, sagte Zen mit ruhiger Stimme. »Man muss gar nicht eigens darauf hinweisen, dass Sie aus moralischer und juristischer Sicht ein hoffnungsloser Fall sind, aber damit muss ich mich jeden Tag in meinem Beruf herumplagen, und es macht mir nichts mehr aus. Was ich jedoch nicht ertragen kann, ist pure Gedankenlosigkeit, vielleicht weil das meinen eigenen Lebenssinn infrage stellt. Verbrechen ist eine Sache, aber ein betrunkener Fahrer, der konstant auf der falschen Straßenseite in unübersichtliche Kurven fährt, stört mich.«
Mantega saß in sich zusammengesunken auf seinem Stuhl wie eine biegsame, ausgestopfte Puppe. Er wusste, wie dieses Spiel ablief. Zen gab Arnone ein Zeichen.
»Noch mal.«
Der junge Inspektor ging durch den Raum zu den verschiedenen dort stehenden elektronischen Geräten und drückte einen Knopf. Mantegas Stimme kam aus den Lautsprechern, die an den Computer auf Zens Schreibtisch angeschlossen waren. Es handelte sich um eine Aufzeichnung des Anrufs, den er mit Tom Newmans Handy in dem Haus in San Giovanni in Fiore gemacht hatte, wo die Anrufe für Giorgio ankamen.
»Du durchgeknallter Dreckskerl! Was denkst du dir eigentlich? Newmans Sohn hat mir gerade gesagt, dass sein Vater tot ist. Damit ist für mich die Sache beendet! Ich hab dir vertraut, Giorgio, und jetzt fühle ich mich hintergangen. Für dich ist das alles ganz einfach. Du tauchst irgendwo bei deinen Freunden unter, wo dir nichts passieren kann. Ich bin derjenige, den die Polizei durch den Fleischwolf drehen wird. Wenn das passiert, und ich habe bis dahin immer noch nichts von dir gehört, werde ich denen alles sagen, was ich weiß. Namen, Telefonnummern, Daten, Uhrzeiten, Orte, alles! Und glaub bloß nicht, dass du mich mit diesem Video erpressen kannst. Da ging es um eine Entführung. Jetzt geht es im günstigsten Fall um Totschlag und wahrscheinlich sogar um Mord. Damit habe ich nichts zu tun, und ich werde ganz bestimmt nicht die Schuld dafür auf mich nehmen. Ich bin dir nichts schuldig, und ich werde die nötigen Maßnahmen ergreifen, um meine eigene Position zu schützen, also meld dich bis spätestens morgen. Wenn nicht, kann ich für nichts mehr garantieren, und du wirst merken, wozu ich …«
Aurelio Zen baute sich direkt vor Nicola Mantega auf. »Und, hat er?«
Mantega war klar, dass er mit Schweigen und Untätigkeit nicht mehr weiterkommen würde, sondern dass er etwas tun musste. Deshalb sah er Zen mit einem Ausdruck höflicher Verblüffung an. »Hat wer was?«
»Hat Giorgio sich bei Ihnen gemeldet?«
»Nein.«
»Das überrascht mich nicht«, bemerkte Zen. »Giorgio ist ganz bestimmt kriminell und vielleicht auch verrückt, aber er ist nicht dumm und will mit Schwachköpfen nichts zu tun haben. Und wer sollte ihm das verdenken?«
Mantega ließ den Kopf hängen und schwieg.
»Na schön«, seufzte Zen. »Wie Sie so trefflich bemerkt haben, können Sie nun für nichts mehr garantieren.«
»Ich habe das Recht auf einen Rechtsbeistand.«
»Sie sind doch selber Anwalt, Signor Mantega. Genauer gesagt, Sie waren es bis zu jener spektakulären Torheit, die Sie vor neun Jahren begangen haben, aber die alten Fähigkeiten sind sicher noch da.«
»Ich will einen unabhängigen Zeugen dabeihaben, der meine Interessen vertritt und alle illegalen Druckmittel
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