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Sterben auf Italienisch - Ein Aurelio-Zen-Roman

Titel: Sterben auf Italienisch - Ein Aurelio-Zen-Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Dibdin
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»Sie haben mich als töricht bezeichnet«, erwiderte er mit leicht verärgerter Stimme, »aber ich bin nicht so töricht, als dass ich versuchen würde, einen Mann wie Sie hereinzulegen. Ob es mir nun gelingt, die Schatzsucher hereinzulegen, oder auch nicht, das ist in jedem Fall nur ein Nebenschauplatz, ein Mittel zum Zweck, und der besteht darin, Giorgio hereinzulegen und ihn Ihnen zu übergeben.«
    Nun fühlte sich Mantega völlig obenauf und ließ sich deshalb erschöpft nach vorne sinken, wodurch seine Körpersprache die seines Gegners widerspiegelte, was immer ein guter Zug bei harten Verhandlungen ist.
    »Giorgio wollte mich töten!«, rief er mit nachdrücklicher, aber gedämpfter Stimme. »Er ist mitten in der Nacht in mein Haus eingebrochen, hat mich aus dem Schlaf gerissen und gedroht, mir die Kehle durchzuschneiden! Gott sei Dank, dass meine geliebte Frau und meine Söhne nicht da waren. Aber dieser Mann ist ein Wahnsinniger, dottore . Wenn er es schon einmal getan hat, wird er es vielleicht wieder tun. Ich werde nicht mehr ruhig schlafen, bis er für den Mord an Pietro Calopezzati eine lebenslängliche Haftstrafe ohne Aussicht auf Bewährung verbüßt, und Sie sind der Einzige, der das erreichen kann. Deshalb schlage ich Ihnen Folgendes vor, Dottor Zen: Sie lassen mich frei, damit ich als Vermittler zwischen Giorgio und den Amerikanern bei dem beschriebenen Coup fungieren kann. An irgendeinem Punkt in den nachfolgenden Verhandlungen arrangiere ich ein Treffen, bei dem Giorgio dabei sein wird, und informiere Sie über Ort und Zeit im Voraus, damit Sie und Ihre Leute genügend Zeit haben, die Verhaftung vorzubereiten. Was halten Sie davon?«

41
    Am nächsten Tag machte sich Achille Pancrazi kurz vor Mittag auf den Weg nach Reggio di Calabria, dem Sitz der Regionalregierung und des Museo Archeologico Nazionale. Er legte die zweihundert Kilometer in knapp anderthalb Stunden zurück, parkte in einer Seitenstraße in der Nähe des Museums und schlug die verbleibende Zeit in einer Bar bei einem Kaffee und einem Gläschen des hiesigen Bergamottschnapses tot, hergestellt aus dieser intensiven, nicht essbaren Zitrusfrucht, die in diesem Teil Kalabriens heimisch war. Normalerweise trank Professor Pancrazi vor dem Mittagessen keinen Alkohol, doch heute hatte er das Gefühl, dass er eine Stärkung brauchte.
    Punkt Viertel vor zwei kam er im Museum an und ging sogleich zum Büro des stellvertretenden Direktors, mit dem er zuvor telefoniert hatte.
    »Entschuldigen Sie, dass ich so spät bin«, sagte er, nachdem sie die üblichen Begrüßungsfloskeln und Umarmungen hinter sich gebracht hatten. »Bauarbeiten auf der autostrada . Ich hab fast eine Stunde im Stau gestanden.«
    Der Direktor lächelte matt. »So allmählich fragt man sich, warum das verdammte Ding nicht von Anfang an vernünftig gebaut worden ist.«
    Pancrazi quittierte das mit einem ebenso matten Lächeln, sagte aber nichts. Beide Männer wussten ganz genau, warum die A3 wie die meisten von der italienischen Regierung im Süden finanzierten kostspieligen Bauprojekte nicht von Anfang an vernünftig gebaut worden war.
    »Nun ja, ich hoffe, es ist noch nicht zu spät«, fügte Pancrazi entschuldigend hinzu. »Ihre Mitarbeiter möchten sicher Mittag essen gehen, aber ich komme sehr gut alleine zurecht. Wie ich bereits am Telefon sagte …«
    »Nein, nein! Bei Ihnen, professore , ist das überhaupt kein Problem. Kommen Sie bitte mit.«
    Der Direktor führte ihn in die Hauptgalerie, dann mehrere Treppen hinunter und durch diverse Türen in den Keller, wo das Depot des Museums und die Werkstätten untergebracht waren. Sie liefen durch lange Gänge, die von hohen Metallregalen gesäumt waren, auf denen die Artefakte lagerten, und erreichten schließlich einen heller beleuchteten Raum, in dem sich vier Männer im Overall unterhielten.
    »Fertig zum Mittagessen, Jungs?«, sagte der Direktor. »Ich auch. Darf ich euch Professor Achille Pancrazi von der Universität Cosenza vorstellen?«
    Es folgten ein höfliches Gemurmel und allgemeines Händeschütteln.
    »Was genau wollten Sie sich noch mal ansehen, professore ?«, fragte der Direktor. »Ach ja, diese Pinakes, deren Herkunft und Authentizität immer noch strittig sind, wenn ich mich recht erinnere.«
    »Genau«, sagte Pancrazi und zuckte leicht verlegen mit den Schultern. »Ich soll am nächsten Wochenende in Stockholm einen Vortrag über diesen Typ von Artefakten halten, und gestern fiel mir ein, dass Ihr

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