Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Sterben auf Italienisch - Ein Aurelio-Zen-Roman

Titel: Sterben auf Italienisch - Ein Aurelio-Zen-Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Dibdin
Vom Netzwerk:
vermummt.«
    »Das war ja wirklich nett von ihm, so ein Risiko einzugehen, bloß um einen alten Freund zu besuchen«, bemerkte Zen sarkastisch. »Was hatte er denn zu sagen?«
    »Er wollte nicht reden. Er wollte mich umbringen.«
    »Warum?«
    »Er hat gesagt, er sei zu dem Schluss gekommen, dass ich ihm nicht mehr nützen könnte und möglicherweise ein Risiko wäre.«
    Zen lachte und zündete sich noch eine Zigarette an. »Besteht die Chance, einen Kaffee zu kriegen?«, fragte er einen der beiden anderen Beamten.
    Der Mann zögerte.
    »Dieser Laden am Busbahnhof«, warf der andere ein.
    »Signor Mantega?«, fragte Zen.
    » Un cappuccino scuro . Mit viel Zucker.«
    Als der Beamte hinausgegangen war, wandte Zen seinen Blick wieder dem Gefangenen zu, der nervös die glühende Zigarettenspitze betrachtete.
    »Giorgio wollte Sie also umbringen. Schön für ihn. Allerdings ist sein lobenswertes Vorhaben offensichtlich gescheitert. Wie haben Sie ihn davon abbringen können?«
    Da der bloße Gedanke an Kaffee ihn belebte, sah Mantega über diese groben Beleidigungen hinweg. »Indem ich ihm die Chance gegeben habe, sehr viel Geld zu verdienen. Giorgio hat früher hier in der Gegend mit Drogen gehandelt, als Agent für einen der Clans in Reggio. Dann hat er angefangen, die Ware selbst zu konsumieren, und die reggiani haben sich einen anderen Händler gesucht. Nun muss er eine teure Sucht finanzieren, und alles, was er bei kleinen Gelegenheitsjobs verdient, geht für Crystal drauf. Deshalb hat er die Newman-Entführung gebraucht, um seine Finanzen aufzubessern.«
    »Aber die Ware hat er noch nicht mal auf den Markt gebracht«, wandte Zen ein.
    Mantega nickte deprimiert. »Ich weiß, und ich verstehe es nicht. Jedenfalls wusste ich, dass er so gut wie pleite sein musste, deshalb habe ich ihm angeboten, bei einem Coup mitzumachen, um aus diesen Amerikanern, die nach dem Grab des Alarich suchen, ein Vermögen herauszukitzeln. Meinen Quellen zufolge benutzen sie eine Technologie, die bis zu einer bestimmten Tiefe in die Erde eindringen kann und anschließend die Ergebnisse analysiert, um festzustellen, ob dort irgendwelche Bauwerke oder Objekte begraben sein könnten. Also müssen wir nur etwas zusammenbauen, habe ich Giorgio erklärt, der mit einem Messer in der Hand dastand, bereit, mir die Kehle durchzuschneiden, das für den Radar so aussieht, als könnte es sich um ein unterirdisches Grab handeln. Doch wenn die Amerikaner anfangen zu graben, werden sie feststellen, dass das angebliche Grab bereits geöffnet wurde und nichts enthält außer Felsbrocken und Geröll vom Winterhochwasser des Busento. Che palle! Irgendwer ist schon vor ihnen dort gewesen. An dieser Stelle komme ich ins Spiel. Ja, werde ich sagen, der Schatz des Alarich wurde tatsächlich vor einigen Jahren entdeckt, doch die Finder haben große Schwierigkeiten, ihn zu verkaufen, da das nur eine kleine Firma hier am Ort ist. Was hätten Sie denn gerne und wie viel sind Sie bereit zu zahlen?«
    Der Beamte, der weggegangen war, kam mit einem Tablett Kaffee wieder. Zen und Mantega tranken ihre Plastikbecher in einem Zug aus.
    »Und Sie erwarten ernsthaft, dass die Ihnen das abkaufen?«, fragte Zen.
    Zum ersten Mal lachte Mantega. Er spürte, dass er bei dem Gespräch allmählich die Oberhand gewann; außerdem hatte das Koffein auf schmerzend leeren Magen eine Wirkung wie der Tritt eines Rugbyverteidigers.
    »Damals hab ich mir mehr Sorgen darüber gemacht, ob Giorgio mir glauben würde! Was er tatsächlich tat, also hatte ich zumindest mein Leben gerettet. Doch da Sie danach fragen, dottore , ich glaube, dass man uns unsere Geschichte sehr wohl abnehmen könnte, sofern sie gut dargeboten wird, und diese Aufgabe liegt in meinen fähigen Händen. Schatzsucher wollen nicht glauben, dass sie Jahre ihres Lebens und viele Millionen Dollar dafür verschwendet haben, einem Hirngespinst nachzujagen, also zeichnen sie sich von vornherein durch eine gewisse Leichtgläubigkeit aus. Außerdem, was haben wir schon zu verlieren? Wenn sie nicht anbeißen, lassen wir die Sache eben sausen.«
    »Und wenn sie anbeißen?«
    Mantega machte eine ausholende Geste. »Dann bieten wir ihnen einige anständige Fälschungen an. Das hat’s alles schon gegeben.«
    Zen ließ den Kopf in die Hände sinken. Er wirkte absolut erledigt. »Na schön, so wollen Sie also diese Leute hereinlegen«, sagte er. »Aber wie wollen Sie mich hereinlegen?«
    Das war der Augenblick, auf den Mantega gewartet hatte.

Weitere Kostenlose Bücher