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Sterben War Gestern

Sterben War Gestern

Titel: Sterben War Gestern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Corinna Waffender
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Tochter, die von einer Psychologin befragt werden musste. Kinder, so hatte Inge Nowak im Laufe ihrer langjährigen Ermittlungstätigkeit gelernt, wussten oft viel mehr, als die Erwachsenen dachten. Sie verfügten über feinere Sensoren und unterschieden auf einer emotionalen Ebene genauer zwischen wichtigen und unwichtigen Ereignissen. Es wäre gut möglich, dass Lydia Kronbergs Tochter eine Gefahr gespürt hatte, noch bevor sie sich gezeigt hatte, möglicherweise hatte sie gesehen, was in dem Umschlag gewesen war, und eventuell hatte sie ein Gespräch zwischen ihrer Mutter und ihrer Tante belauscht. Oft waren es nur abstrakte Bilder, die darüber Aufschluss gaben, wie Kinder die Welt von Erwachsenen sahen und in dieser Vorstellungskraft lag nicht selten der Schlüssel zum wirklichen Geschehen. Doch dies herauszufinden wäre Aufgabe eines Profis, der sich in die Psyche eines Kindes hineinversetzen konnte und mit seinen Fragen keinen Schaden anrichten würde. Zu oft hatte Inge Nowak erlebt, dass Kollegen keine Rücksicht auf traumatisierte Kinder nahmen, die gerade einen Elternteil verloren hatten, und mit ihrer unnachahmlich unsensiblen Polizei-Manier die Grundlage für Angst und Misstrauen legten.
    „Er mochte die Schwester seiner Frau nicht besonders, oder?“ Sylvia Eberstätter schaute Inge fragend an.
    „Er mochte auch seine Frau nicht besonders.“
    „Wie kommen Sie darauf?“
    „Ich habe unter dem Schock mehr Wut als Trauer gespürt. Als ob er sich von ihr sitzengelassen fühlt.“
    „Spricht nicht dafür, dass er sie hat ermorden lassen?“
    „Eigentlich nicht. Aber ausschließen würde ich es auch nicht.“ Inge Nowak winkte dem sich nähernden Ewald zu. „Auf jeden Fall hat irgendjemand den Inhalt eines Briefes, den Ellen Weyer an ihre Schwester geschickt hat. Sofern es keine falsche Spur ist, die man uns legen will. Aber davon gehen wir jetzt einfach mal nicht aus. Und das bedeutet …“
    „… dass dieser Jemand nach diesem Etwas zuvor bei der Absenderin gesucht haben könnte.“
    „Genau.“
    „Oder Ellen Weyer hat sich etwas wiedergeholt, was ihre Schwester ihr nicht zurückgeben wollte.“
    „Und sie kaltblütig mit einem Nackenschuss erledigen lassen? Solche grausamen Schwestern gibt es nicht einmal in Grimms Märchen! Außerdem ist das teuer. So was kostet gerne mal zwischen 30.000 und 40.000 Euro. Also, ich habe Ellen Weyer, wenn auch nur flüchtig, kennengelernt. Sie hat mir weder den Eindruck gemacht, als hätte sie Kontakt zu Profikillern noch das nötige Kleingeld, um sie zu bezahlen.“ Inge zog die Augenbrauen hoch. „Außerdem waren Sie doch heute Morgen noch davon überzeugt, dass Ellen es nicht getan hat.“
    „Bin ich immer noch. Ich wollte es nur noch einmal in Erwägung ziehen.“
    „Hören Sie auf Ihren Bauch. Auf mehr als Ihre Intuition können Sie sich im Moment sowieso nicht verlassen.“
    „Eigentlich spielt es ja keine Rolle, ob sie Täterin oder Opfer ist. Wir haben zwei Morde und in beide scheint sie irgendwie involviert zu sein.“ Sie sah Inge fragend an. „Schreiben wir eine Fahndung nach Ellen Weyer aus?“
    „Ich an Ihrer Stelle täte es.“ Nowak nickte aufmunternd.
    In diesem Augenblick erblickte Sylvia Eberstätter Timo Heiser und machte mit einer kurzen Handbewegung auf sich aufmerksam.
    „Mein Kollege“, sagte sie.
    „Dann haben wir ja beide wieder einen Mann an unserer Seite und können uns wieder trennen.“ Noch bevor sie den Satz zu Ende gesprochen hatte, war ihr klar, welchen Unfug sie redete. Was hatte sie damit bloß andeuten wollen?
    „Schade eigentlich“, murmelte die Oberkommissarin.
    „Schicken Sie mir eine SMS, wenn Sie mich brauchen, ich schaue hin und wieder auf mein Handy. Telefonieren ist ja in der Klinik verboten“, erwiderte Inge Nowak betont locker, und auch diesen Kommentar hätte sie sich lieber geschenkt. Hatte sie sich nicht vorgenommen, sich von jetzt an aus dem Fall herauszuhalten? Schnell reichte sie Sylvia Eberstätter die Hand und verabschiedete sich förmlich, bevor sie noch mehr sagen konnte, was ihr später leidtat.
    Ewald war kaum in der Lage, seine Aufregung zu unterdrücken: „Wir müssen sie suchen, jetzt gleich!“
    „Das ist Sache der Polizei. Die Fahndung nach Ellen läuft bald an. Alle Beamten in der Nähe werden die Augen offenhalten. Wenn sie noch hier in der Umgebung ist, wird es nicht lange dauern, bis man sie gefunden hat. Es sei denn …“ Sie wartete darauf, dass er ihr den Helm

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