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Sterben War Gestern

Sterben War Gestern

Titel: Sterben War Gestern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Corinna Waffender
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niemand außer ihrem Nachbarn auf die Idee gekommen, sie überhaupt zu vermissen. Nur Jens Wiskamp – und der ist auch verschwunden. Hier agiert eine Person auf hohem strategischem Niveau, um die Kontrolle zu behalten. Gefühle tun hier gar nichts zur Sache.“ Dann setzte sie den Helm auf und schwang sich eleganter als beim ersten Mal auf die Rückbank. „Und deshalb hast du vollkommen recht: Wir sollten Ellens Wagen finden.“
    „Aber zuerst fahren wir in die Seerose . Um zwei ist das kurze Info-Meeting zum Schlafentzug, das dürfen wir auf keinen Fall verpassen.“
    „Nein“, stimmte Inge zu. „Und das Mittagessen auch nicht.“
    Diesmal fuhr Ewald Klee etwas schneller, und seine Mitfahrerin merkte es nicht einmal.
    „Wir können doch nicht alles auf eigene Faust machen.“
    „Ich mache nichts auf eigene Faust. Mein Chef meldet sich nicht, ich habe eine neue Leiche auf dem Tisch und zufälligerweise eine kompetente Kollegin, auf deren Rat ich zurückgreifen kann. Und“, Sylvia Eberstätter holte tief Luft: „ich habe keine Lust mehr, immer nur zuzuschauen. Ich bin lange genug im Dienst, um zu wissen, was zu tun ist. Und du eigentlich auch.“
    Timo Heiser sah sie perplex an: „Aha.“
    Aber seine Kollegin war noch nicht fertig. „Weißt du, wie ich das finde, dass er sein Handy abgeschaltet hat? Das Letzte! Eine Ahnung, wie oft ich mit Fieber und Erkältung ins Büro gekommen bin? Aber der Herr Hauptkommissar kann sich nicht mal telefonisch erkundigen, was bei uns los ist. Gestern hat er noch herumkommandiert und angeordnet, sofort Essers Computer aus dem Hotel holen zu lassen. Wäre ja mal schön zu wissen, warum. Jetzt ist er so krank, dass er das vergessen hat? Ich weiß nicht mal, ob der sich vom Bereitschaftsdienst abgemeldet hat oder denkt, das sei meine Aufgabe. Für mich ist er im Dienst und nicht anwesend. Punkt. Und das bedeutet, ich bin seine Stellvertreterin und handlungsbefugt.“
    Sie hatte Timo Heiser inzwischen auf den Stand der Dinge gebracht, die Fahndung nach Ellen Weyer ausgegeben und einen richterlichen Eilbeschluss für die Hausdurchsuchung ihrer Wohnung beantragt.
    „Wenn mich wer fragt, wo Werle ist, werde ich sagen: am Wohnort des Hauptverdächtigen.“ Sie verzog das Gesicht. „Das Problem ist nur, dass wir den Hauptverdächtigen heute Abend gehen lassen müssen.“
    „Der Hauptverdächtige wird mit Sicherheit schon früher gehen. Sein Anwalt kommt heute Nachmittag mit seiner Tochter aus Berlin, und wenn wir nichts gegen ihn in der Hand haben, wird er ihn sicher mitnehmen.“
    „Soll er. Ich halte ihn sowieso für unschuldig. Habt ihr etwas auf seinem Notebook gefunden?“
    „Nichts, was auf illegale Machenschaft hindeutet. Und das ominöse Konto, auf das Geld geflossen ist, ist übrigens sein eigenes. Ein Online-Sparkonto, auf dem es mehr Zinsen gibt als auf seiner Bank.“
    „Die Berliner Kommissarin denkt übrigens, wir sollten ihn eingehender als Zeugen befragen, weniger als Verdächtigen. Vielleicht weiß er mehr, als ihm selbst bewusst ist.“
    „Ich glaube nicht, dass er nach der Nacht in der Zelle noch besonders kooperativ ist und mit uns reden will.“
    „Mit uns vielleicht nicht … “
    „Du willst deine Miss Marple schon wieder einschalten?“
    Seine Kollegin funkelte ihn an. „Sie ist keine Miss Marple. Sie ist, unserem neuen Rechtsmediziner zufolge, bekannt dafür, dass sie die kompliziertesten Fälle aufklärt und die cleversten Täter überführt. Man hat sogar schon einen Anschlag auf sie verübt.“
    „Das qualifiziert sie natürlich.“
    Schweigen.
    „Eifersüchtig?“, fragte sie vorsichtig.
    „Quatsch“, erwiderte er ärgerlich. „Ich würde nur gerne langsam mal was mitentscheiden.“
    „Okay. Dann entscheiden wir jetzt zusammen, dass sie mit ihm reden soll, bevor der Anwalt kommt. Kann doch nur nützen.“ Sie reichte ihm das Telefon. „Fragst du sie?“
    „Ich?“
    „Klar, wieso nicht?“
    „Nummer?“
    Sylvia Eberstätter diktierte ihm die Nummer aus ihrem Handy.
    „Schreib ihr eine SMS, dass sie dich zurückrufen soll.“ Dann stand sie auf und verließ den Raum. Sie wollte ihrem Kollegen nicht das Gefühl geben, ihn zu kontrollieren.
    Wenig später trafen sie sich auf dem Gang wieder, Timo trug seine Jacke unter dem Arm.
    „Gehst du weg?“
    Er grinste. „Ich hole sie ab.“
    „Hallo, Herr Esser.“
    „Wer sind Sie und was wollen Sie?“ Er sah schlecht aus, man sah ihm an, dass er geweint und nicht viel geschlafen

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