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Sterbendes Land Utopia

Sterbendes Land Utopia

Titel: Sterbendes Land Utopia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kenneth Bulmer
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der Hausarbeit. Im Dorf herrschte reges Leben.
    »Ich bin fertig, Drubal«, sagte Waley.
    »Gut.«
    Worauf wartet er dann? fragte sich Jack ein wenig verärgert.
    »Wo ist deine Armbrust, Jack?«
    »Du weißt doch, daß ich keine habe. Außer den Kleidern, die du mir geliehen hast, besitze ich nichts.«
    Drubal sah ihn an wie einen Jungen, der nach einem Taschenmesser verlangte. Sein Gesicht verdüsterte sich, doch dann hellte es sich schnell wieder auf. »Verzeih mir, Jack. Einige können es nicht ohne weiteres. Andere sollen es allerdings fertigbringen, ohne etwas zu sagen. Wenn du gestattest, mache ich es für dich.«
    Waley holte tief Atem. »Vielen Dank«, sagte er.
    Er hatte keine Ahnung, wovon Drubal sprach.
    Drubal sah sich um, nahm zwei Zweige und eine Handvoll Gras. Er bog den einen Zweig und legte den anderen so darüber, daß er in etwa die Form einer Armbrust schuf. Die Grashalme legte er daneben. Er trat einen Schritt zurück, faltete die Hände mit den Fingerspitzen nach unten und hob den Kopf zum Himmel.
    »Ein kleiner Moses!« dachte Waley.
    Langsam und konzentriert formulierte Drubal seine Worte. Über seine Stirn liefen ein paar Schweißtropfen. »Eine Armbrust, o Pe’Ichen! Eine Armbrust, neu und schön, gut geölt und ausgerichtet, von deiner starken Hand hergestellt. Und dazu, o Pe’Ichen, Bolzen und Pfeile, die unbeirrt ihr Ziel treffen. Das erbitte ich, großer Pe’Ichen, nur dieses eine, denn dein ist der ewige Ruhm. Du, mächtiger Pe’Ichen, bist der Eine und Ewige immerdar.«
    Waley starrte Drubal verwirrt an. Er stand ganz still. Er war noch sehr jung, aber ihm war klar, daß er das fremde Geschöpf in seiner religiösen Zeremonie nicht stören durfte. Ein scharfes Messer in den Rippen war nicht gerade nach seinem Geschmack. Überall in der Galaxis gab es die kleinen Götter mit ihren schillernden Augen und ihren Wundern. Drubal preßte die Hände an die Stirn. Mit einer schnellen Bewegung senkte er den Kopf und sagte: »Da, Jack. Und jetzt gehen wir. Die anderen sind bereits fort, und wir müssen noch weiter hinauf als sie.«
    »Wie?« fragte Jack.
    »O nein, es ist nicht deine Schuld, Jack – du darfst mich nicht mißverstehen. Ich hätte dir eben früher eine Armbrust beschaffen müssen.«
    Waleys Blick folgte dem ausgestreckten Finger. Er sprang zurück, als sei vor seinen Füßen plötzlich eine Giftschlange aufgetaucht.
    Im Staub der Dorfstraße, wo noch vor Sekunden zwei Zweige und ein Häufchen Gras gelegen hatten, funkelte eine nagelneue Armbrust. Daneben lag ein Köcher mit starken Bolzen.
    »Aber das …« Jack Waley schluckte. »Derjenige, der das Ding hierhergelegt hat, muß aber leise gegangen sein.«
    »Still und planvoll sind die Wege Pe’Ichens«, sagte Drubal mit einem leichten Leiern. »Komm, Jack. Nimm jetzt die Waffe.«
    »Ja, natürlich.« Waley nahm die Armbrust und spürte, wie sich Holz und Metall eiskalt in seine Finger legte.
    »Sie ist ja kalt«, sagte er überrascht.
    »Immer, Junge. Und jetzt gehen wir, bei der breithüftigen Schlampe von Kraboyne!«
    Waley wußte, daß das auf Kerim ein handfester Fluch war, und er schämte sich, daß er Drubals Würde durch seine Unwissenheit aus dem Gleichgewicht gebracht hatte. Aber dennoch – die Waffe war nicht dagewesen, als Drubal sein Gebet begonnen hatte. Er hatte seinen Gott Pe’Ichen um eine Armbrust gebeten. Und es war eine erschienen. Sonst hatte Waley niemanden gesehen.
    Und …?
    Und nichts. Er wußte nicht genug, um eine Hypothese aufstellen zu können. Der gute Drubal sollte den Trick noch mal machen – dann würde Waley die Augen offenhalten …
    Sie gingen zuerst auf harten, ausgetretenen Pfaden durch den Wald, bis sie tiefer in das grüne Dickicht eindrangen. Um sie murmelte und raschelte das Leben. Waley stammte aus der Stadt. Er hätte sich vor dem Wald gefürchtet, wenn er nicht auf Staatskosten eine Zeitlang auf Lazenby III gearbeitet hätte – in der Forstwirtschaft. Er konnte sich noch an die Nummer erinnern, die auf seiner Arbeitshose gestanden hatte.
    Waley war ein Städter, der Fleisch nur aus Konserven und gefrorenen Plastikbeuteln kannte. Er hätte Angst vor dem Blutvergießen gehabt, wenn er nicht oft genug Zweikämpfe zwischen den Sträflingen erlebt hätte. Die Wärter waren meist zu spät gekommen.
    Für einen jungen Mann hatte der arme Jack Waley eine ganze Menge Kenntnisse, die er auf einem Raumschiff nicht brauchte. Und wenn er an das Raumschiff dachte, fiel ihm wieder der

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