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Sterbensangst (German Edition)

Sterbensangst (German Edition)

Titel: Sterbensangst (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Mark
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Stein-Collinson, aber ich bin mit diesem Fall nur in groben Zügen vertraut. Könnten Sie mir vielleicht ein wenig mehr über die Tragödie erzählen, deren Opfer Ihr Bruder wurde …?«
    Mrs Stein-Collinson stößt einen Seufzer aus und füllt ihr Glas wieder auf. Sie räumt einen Stapel Wäsche von einem Stuhl und setzt sich McAvoy gegenüber.
    »Wenn Sie nicht von hier sind, haben Sie sicher noch nie von der Yarborough gehört«, sagt sie leise. »Sie war der vierte Trawler. Der letzte, der unterging. 1968 sanken noch drei andere. So viele Tote. So viele gute Jungs. Die Zeitungen waren voll davon. Endlich fiel denen mal auf, was wir schon lange wussten. Dass es nämlich eine verflucht gefährliche Arbeit ist.«
    Sie greift nach einem Stift, der auf einem Stapel von Papieren liegt, und hält ihn wie eine Zigarette zwischen den Fingern. Ihr Blick verliert sich in der Ferne, und mit einem Mal erkennt McAvoy in dieser nicht mehr ganz jungen Lady aus der Mittelschicht das Mädchen aus East Hull wieder, das sie einmal gewesen ist. Ein junges Ding, das in einer Familie von Fischern aufgewachsen ist, mitten im Dunst der Räuchereien und dem Gestank nach ungewaschenen Overalls. Barbara Stein. Babs für ihre Freundinnen. Die eine gute Partie machte und aufs Land zog. Aber dort nie so recht heimisch wurde. Sich nie wohl fühlte. Die nahe genug bei Hull bleiben musste, um mit ihrer Mutter telefonieren zu können.
    »Bitte«, sagt er sanft, und plötzlich liegt nichts Gekünsteltes mehr in seiner Stimme, kein falscher Ton. Später wird er sich sagen, dass es anmaßend ist, aber in diesem Moment hat er das Gefühl, sie schon lange zu kennen. »Sprechen Sie weiter.«
    »Als die Yarborough sank, hatten die Zeitungen bereits die Nase voll davon. Das hatten wir alle. Die Geschichte kam nicht einmal mehr auf die Titelseite. Erst später. Achtzehn Männer und Jungs, siebzig Meilen vor Island, von Eis und Wind und Fluten in die Tiefe gerissen.« Sie schüttelt den Kopf. Nippt an ihrem Wein. »Unser Fred war der Einzige, der überlebte. Der schlimmste Sturm des Jahrhunderts, und Fred kam ohne eine Schramme davon. Schaffte es in ein Rettungsfloß und wachte irgendwo mitten im Nirgendwo wieder auf. Dauerte drei Tage, bis wir etwas von ihm hörten. Das ist vielleicht der Grund, warum ich jetzt nicht weine, verstehen Sie? Ich bekam ihn zurück. Sara, seine Frau. Sie bekam ihn zurück. Die Zeitungen versuchten alles, um ihn zum Reden zu bringen. Aber er wollte nicht. Beantwortete keine Fragen. Er ist nur ein paar Jahre älter als ich, wir standen uns immer sehr nahe, obwohl wir uns als Blagen ständig in der Wolle hatten. Ich war am Apparat, als sie uns mitteilten, dass er am Leben sei. Der britische Konsul in Island hatte Sara nicht erreichen können, daher rief er bei uns an. Zuerst hielt ich es für einen üblen Scherz. Aber dann holten sie Fred selbst an den Apparat. Er sagte hallo, und es klang so kristallklar, als stünde er im Nebenzimmer.« Ihr Gesicht leuchtet auf, als würde sie diesen Moment noch einmal durchleben. McAvoy sieht, wie ihr Blick zum Wandtelefon neben dem Herd wandert.
    »Ich kann mir nicht einmal annähernd vorstellen, wie das gewesen sein muss«, sagt er. Das ist keine bloße Plattitüde. Es entzieht sich seiner Vorstellungskraft, wie es wäre, einen geliebten Menschen so zu verlieren und ihn dann unverhofft wiederzufinden.
    »So bekamen wir Fred also wieder. Der Trubel legte sich kurz darauf. Sara bat ihn, die Seefahrt aufzugeben, und er willigte ein. Ich glaube nicht, dass es ihr besonders schwerfiel, ihn zu überzeugen. Nahm einen Job bei den Docks an. Dort arbeitete er fast dreißig Jahre lang. Ging mit Lungenproblemen in den Ruhestand. Alle Jubeljahre kam noch ein Anruf von einem Schriftsteller oder Journalisten, der ihn nach seiner Geschichte fragte, doch er lehnte immer ab. Dann, als Sara starb, wurde ihm, glaube ich, zum ersten Mal seine eigene Sterblichkeit bewusst. Sie hatten eine Tochter, aber die hatte sich schon als Teenager davongemacht. Plötzlich juckte es ihn wieder. Ich glaube ganz ernsthaft, wenn jemand bereit gewesen wäre, ihn zu nehmen, er hätte Lust gehabt, wieder auf einem Trawler anzuheuern. Aber das geht natürlich heute nicht mehr.«
    Sie möchte aufstehen, lässt sich jedoch gleich wieder zurückfallen, als ein Schmerz durch ihr Knie zuckt. McAvoy holt, ohne darum gebeten worden zu sein, die Weinflasche von der Arbeitsplatte. Er füllt ihr Glas wieder auf, und sie dankt ihm, ohne dass

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