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Sterbensangst (German Edition)

Sterbensangst (German Edition)

Titel: Sterbensangst (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Mark
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haben. Ich wäre nie darauf gekommen, dass er so etwas vorhat. Ich meine, wer würde das schon? Nicht, wenn man ihn kannte, wie er lachte und seine Geschichten erzählte und Lokalrunden ausgab …«
    McAvoy strampelt den anderen Stiefel los und richtet sich rasch auf.
    Erleichtert verlässt er die enge Garderobe und betritt eine große, offene Küche. Der Anblick überrascht ihn. Der Raum ist so unordentlich wie eine Studentenbude. Schmutziges Geschirr stapelt sich um die tiefe Porzellanspüle unter einem großen, vorhanglosen Fenster. Spritzer von Fett und etwas, das wie Nudelsoße aussieht, sind an den Platten des zweiflammigen Herdes festgebacken. Zeitungen und alle möglichen Haushaltsrechnungen liegen auf einem rechteckigen Eichentisch verstreut, der in der Mitte des Raums steht, und schmutzige Wäsche türmt sich in zerknitterten Haufen überall auf dem wertvollen Teppich, der schon seit vielen Jahren nicht mehr hell gewesen ist. McAvoys Polizistenblick registriert die Weinreste, die am Boden der schmutzigen Gläser auf dem Abtropfgitter kleben. Selbst aus den Biergläsern, bedruckt mit den Logos diverser Pubs, scheint Rotwein geschlürft worden zu sein.
    »Das da ist er«, sagt sie mit einem Kopfnicken zu der Wand hinter McAvoy. Er dreht sich um und steht einer Galerie von Gesichtern gegenüber, ein Sammelsurium von Fotos, die wie Kraut und Rüben an ein Dutzend Korktafeln gepinnt oder geklebt sind. Die Fotos stammen aus gut fünf Jahrzehnten. Schwarzweiß und in Farbe.
    »Dort«, wiederholt sie. »Neben unserer Alice. Peters Großnichte, wenn das das richtige Wort ist. Dort ist er. Der da grinst wie ein Honigkuchenpferd.«
    McAvoy richtet den Blick auf das betreffende Foto. Ein gutaussehender Mann mit üppigen schwarzen Haaren und Elvis-Tolle, der mit einem Glas Bier in der Hand in die Kamera lächelt. Der Mode entsprechend müsste das Bild Mitte der achtziger Jahre entstanden sein. Da wäre er dann in den Dreißigern gewesen. McAvoys Alter. Die besten Jahre.
    »Ein gutaussehender Mann«, sagt er.
    »Das wusste er selbst am allerbesten«, meint sie, und ihre Miene wird weicher. Sie streckt die Hand aus und streicht mit blassen, beringten Fingern über das Foto. »Armer Fred«, meint sie. Dann wendet sie sich um zu McAvoy, als würde sie ihn jetzt erst bemerken. »Ich bin froh, dass Sie persönlich gekommen sind. Es wäre nicht schön gewesen, es am Telefon zu erfahren. Jedenfalls solange Peter nicht da ist.«
    »Peter?«
    »Mein Mann. Vielleicht kennen Sie ihn sogar. Er ist in der Polizeidirektion. War auch viele Jahre lang Ratsmitglied, bis es ihm zu viel wurde. Er ist eben nicht mehr der Jüngste.«
    Die Erwähnung der Polizeidirektion ist für McAvoy wie ein Schlag in die Magengrube. Er holt tief Luft. Er versucht, den Grund seines Hierseins nicht aus den Augen zu verlieren. »Ja, ich weiß Bescheid über Ihren Mann und seinen großen Einsatz für die Belange der Polizei. Sobald wir die traurige Neuigkeit von Mr Stein gehört hatten, bat mich Assistant Chief Constable Everett persönlich, Sie aufzusuchen. Wir können Ihnen auch die Hilfe eines dafür besonders qualifizierten Beamten anbieten …«
    Sie bringt ihn mit einem Lächeln zum Verstummen und sieht plötzlich fast hübsch aus. Irgendwie vital und farbenfroh. »Nein, das wird nicht nötig sein.« Sie runzelt die Stirn. »Tut mir leid, wie war doch gleich Ihr Name?«
    »Detective Sergeant McAvoy.«
    »Nein, Ihr Rufname.«
    McAvoy verzieht das Gesicht. »Aector«, sagt er. »Hector auf Englisch. Nicht dass es in der Aussprache große Unterschiede gäbe. Auf die Schreibweise kommt es an.«
    »Dafür werden Köpfe rollen, nicht wahr?«, fragt sie unvermittelt, als würde ihr gerade wieder der Grund einfallen, warum dieser Mann in Socken in ihrer Küche herumsteht. »Wir hatten Bedenken, aber er meinte, dass das Filmteam schon auf ihn aufpassen würde. Er muss es vom ersten Moment an geplant haben. Klar, wir wussten natürlich, dass die Tragödie damals ihn sehr mitgenommen hatte, ganz tief drinnen, und trotzdem ist es ein Schock. Ich hätte nicht erwartet, dass sie ihn überhaupt finden würden, aber …«
    McAvoy runzelt die Stirn, zieht ohne nachzudenken einen Stuhl unter dem Tisch hervor und setzt sich. Ist plötzlich fasziniert von dieser Mrs Stein-Collinson. Und ihrem Bruder, dem Toten mit der Elvis-Tolle. Von der Lady vom Fernsehen und dem norwegischen Tanker, der das Schlauchboot aus der grauen See gepflückt hat.
    »Tut mir leid, Mrs

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