Sterbensangst (German Edition)
Personen heraus, dann laden wir sie in das System, sehen nach, wo es Parallelen gibt oder, im speziellen Fall, Überlappungen und …«
»Faszinierend«, meint sie mit strahlendem Lächeln. »Wie schon gesagt, Ben kann Sie auf den neuesten Stand bringen und Ihre Aussage aufnehmen.«
»Ma’am?«
»Sie sind ein Zeuge, McAvoy. Sie haben den Täter gesehen. Man hat Ihnen die Mordwaffe in Ihr verdammtes Gesicht geschlagen. Ich weiß nicht genau, was Sie und ACC Everett sich dabei gedacht …«
»Ich habe lediglich Befehle befolgt, Ma’am.«
»Nun, jetzt befolgen Sie meine. Besprechung um acht«, sagt sie mit einem Blick auf die Uhr, dann klipp-klappt sie in ihren hochhackigen Bikerstiefeln den Gang entlang.
DC Nielsen sieht McAvoy mit hochgezogenen Augenbrauen an. Sie wirken wie Teenager, die gerade unerwartet mit einem Streich davongekommen sind, und auf ihren Gesichtern liegt ein verschmitztes Grinsen. Der jüngere Beamte tritt in das Büro zurück, und McAvoy folgt ihm in den hell erleuchteten Raum.
Die DCs Helen Tremberg und Sophie Kirkland sitzen nebeneinander am selben Schreibtisch und starren in einen aufgeklappten Laptop.
Sophie isst ein Stück Pizza und deutet damit auf etwas auf dem Bildschirm. Es ist der einzige Computer im Raum. Der Rest des Büros ist leer, bis auf ein paar herumliegende und abgegriffene verstaubte Akten und ein Sammelsurium alter Müllsäcke, die so aussehen, als lehnten sie schon seit Monaten wie vor einem Erschießungskommando an der Wand.
»Man hat uns die Präsidenten-Suite gegeben«, sagt Ben, während er McAvoy zu einem Halbkreis von Plastikstühlen am Fenster vorangeht.
»Sieht so aus. Aber warum hier? Warum nicht drüben in der Priory Road?«
»Einfacher so, sagen sie. Der Befehl kam von ganz oben. Ich glaube, sie hatten die Schlagzeilen im Sinn.«
»Wieso?«
»Na, den üblichen Mist. Dass wir zwölf Kilometer vom Tatort entfernt sind, während es ein Revier nur dreihundert Meter vom Ort des Geschehens gibt.«
»Aber in der Priory hätten wir die nötigen Hilfsmittel«, meint McAvoy verwirrt. »Das kann doch nicht auf Pharaohs Mist gewachsen sein.«
»Nein, sie hält es auch für totalen Schwachsinn. Aber sie musste einen Schnellstart hinlegen. Kaum dass sie wusste, worum es ging, hatte der ACC auch schon eine Pressemitteilung herausgegeben, dass die Fäden vor Ort in der Innenstadt zusammenliefen.«
»Dann schwimmen wir also gegen den Strom?«, fragt er.
»In gottverdammtem Sirup, Sarge.«
McAvoy seufzt und lässt sich in einen harten Stuhl mit gerader Lehne sinken. Er sieht auf die Uhr.
»Was wissen wir bis jetzt?«
»Richtig«, sagt Nielsen und legt einen Finger auf das Klemmbrett, das er in der Hand hält. »Daphne Cotton. Fünfzehn. Lebte bei Tamara und Paul Cotton in Fergus Grove, Hessle. Netter kleiner Ort, Sarge. Ein wenig abgelegen. Reihenhaus. Drei Schlafzimmer. Großer Garten und Hinterhof. Kennen Sie die Dinger? Beim Friedhof, mit der Fassade nach hinten raus?«
McAvoy nickt. Er und Roisin hatten sich ein solches Haus angesehen, als sie mit Fin schwanger war, sich dann jedoch dagegen entschieden. Zu wenig Platz zum Parken, und die Küche war sehr klein. Dennoch eine hübsche Gegend.
»Brüder? Schwestern?«
»Der psychologische Dienst versucht das gerade herauszubekommen, aber ich glaube nicht. Ihre Eltern sind ein älteres Ehepaar. Weiße natürlich.«
McAvoy zieht die Augenbrauen hoch. »Was?«
»Sie wurde adoptiert, Sarge«, sagt Nielsen schnell.
»Sie hätte ja auch von Schwarzen adoptiert sein können, Constable«, meint McAvoy leise.
Nielsen blickt an die Decke, als wäre ihm dieser Gedanke völlig neu. »Ja«, gibt er zu. »Hätte sein können.«
Eine Weile sitzen sie schweigend da und brüten vor sich hin. Hinter sich können sie die beiden Beamtinnen hören.
Helen Tremberg liest gerade die Namen von einer Liste von Mitgliedern der Kirchengemeinde ab, und Sophie Kirkland teilt sie unter den CID-Beamten auf.
»War sie aber nicht«, meint Nielsen.
»Nein«, sagt McAvoy und ermahnt sich, manche Dinge einfach auf sich beruhen zu lassen. Den Mund zu halten, bis es um etwas Wichtiges geht.
Nielsen legt eine respektvolle Pause ein. Dann macht er mit einem strahlenden Lächeln weiter. »Na, jedenfalls, wie Sie sich vorstellen können, sind die Eltern am Boden zerstört. Sie waren nicht da, als sie sie brauchte, verstehen Sie? Normalerweise begleitet die Mutter Daphne zum Gottesdienst, aber sie plante irgend so ein großes
Weitere Kostenlose Bücher