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Sterbensangst (German Edition)

Sterbensangst (German Edition)

Titel: Sterbensangst (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Mark
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»Hector, darf ich Ihnen eine Frage stellen?«
    »Natürlich, Ma’am.«
    Sie tätschelt ihm freundschaftlich und besänftigend den Schenkel, während sie ihm in die Augen sieht. »Was ist los mit Ihnen?«
    »Ma’am?«
    »McAvoy, jeder Mensch liebt sanfte Riesen. Aber es ist ein schmaler Grat, Ihre Größe nicht zum eigenen Vorteil auszunutzen und sich wie ein dämlicher Schlappschwanz zu verhalten.«
    McAvoy muss ein paar Mal blinzeln. »Ein Schlappschwanz?«
    »Los, raus damit«, fordert sie ihn auf.
    Er wendet den Blick ab und versucht, unbeteiligt zu sprechen. »Womit rausrücken?«
    »Was Ihnen auf den Nägeln brennt, seit Sie bei uns sind.«
    Er zwingt sich dazu, ihr in die Augen zu sehen.
    »Ich weiß nicht …«
    »Doch, wissen Sie, Hector. Sie wollen, dass ich Ihre Akte lese. Mich umhöre, herausfinde, was Sie alles geleistet haben.«
    »Ich …«
    »Hector, wir kennen uns jetzt seit, wie lange, sechs Monaten? Vielleicht ein bisschen länger. Wie oft haben wir miteinander gesprochen?«
    Er zuckt die Achseln.
    »Hector, jedes Mal, wenn ich Ihnen einen Auftrag erteile, sehen Sie mich mit diesem Ausdruck an, der irgendwo zwischen schwanzwedelndem Welpen und verdammtem Serienkiller liegt. Sie schauen mich an, als wollten Sie alles tun, worum ich Sie bitte, und zwar besser als jeder andere. Das ist auch sehr löblich. Aber hinter alldem guckt dieser andere Teil von Ihnen hervor und sagt: ›Wissen Sie denn nicht, wer ich bin? Wissen Sie denn nicht, was ich getan habe?‹«
    »Es tut mir leid, wenn ich diesen Eindruck vermittle, aber …«
    »Ich kenne Doug Roper, Hector.«
    Bei dem Namen zuckt McAvoy sichtlich zusammen.
    »Er ist ein sexistischer, bösartiger Mistkerl. Und für jeden seiner Mitläufer und Protegés gibt es ein Dutzend andere, die ihn für ein komplettes Arschloch halten.«
    »Es ist mir nicht gestattet …«
    »… darüber zu reden? Ich weiß, Hector. Das wissen wir alle. Wir wissen, dass Doug etwas sehr Übles getan hat, und dass Sie derjenige waren, der ihm auf die Schliche gekommen ist. Wir wissen, dass Sie die Chefetage informiert haben. Dass man Ihnen dort alles Erdenkliche versprochen hat, vor allem, dass Roper hängen würde. Und wir wissen, dass die Bosse dann die Nerven verloren und ihn vom Haken gelassen haben, um einen Skandal zu vermeiden. Und Sie waren der arme Hund, der zwischen allen Stühlen saß. In einem CID-Team, das sich schneller auflöste als ein Schneeball in der Mikrowelle. So weit korrekt?«
    McAvoy bleibt stumm.
    »Ich weiß nicht, was man Ihnen versprochen hat, Hector. Aber ich bezweifle sehr, dass Sie es bekommen haben. Das muss schwer für Sie sein, ja? Muss Sie innerlich zerfressen, dass alle Leute Bescheid wissen und doch in Wirklichkeit keine Ahnung haben.« Sie formt ihre Hand zu einer Klaue und drückt sie aufs Herz. »Muss tief hier drinnen weh tun.«
    »Sie haben ja keine Ahnung«, sagt er leise, und als er aufblickt, ist ihr Gesicht dem seinen sehr nahe. Er sieht sein eigenes Spiegelbild in ihren Augen verschwimmen. Überwältigt von diesem Moment beugt er sich unwillkürlich vor …
    Sie zuckt abrupt zurück, blickt wieder in den Schminkspiegel und nimmt die Hand von McAvoys Schenkel, um sich eine unsichtbare Wimper von der Wange zu schnippen.
    »Also«, sagt sie mit strahlendem Lächeln. »Genug davon. Ich wollte dieses Gespräch schon seit Monaten mit Ihnen führen, aber Sie wissen ja, wie es ist, man findet nie die Zeit …«
    »Nun, ich weiß es zu schätzen, Ma’am.« Sein Herz hämmert.
    Sie fährt das elektrische Fenster herunter, und ein angenehmes kaltes Lüftchen weht herein. Sie schließt die Augen und scheint die frische, kühle Brise auf ihrer Haut zu genießen.
    McAvoy tut das Gleiche auf seiner Seite. Fühlt seine feuchten Stirnfransen im Wind flattern.
    Eine Weile sitzen sie schweigend da. McAvoy weiß nicht, was er mit seinen Händen anfangen soll. Er greift in die Tasche und zieht sein Handy heraus. Merkt, dass er es vor dem Gespräch mit Vicky Mountford ausgemacht hat. Als er es wieder einschaltet, tönt die klimpernde Melodie des Willkommens-Jingles unangenehm laut durch die Enge des Wagens. Gleich darauf erklingt das Signal für neue Nachrichten. Er hält das Handy ans Ohr. Zwei Mitteilungen. Eine von Helen Tremberg, die ihn warnen will, dass Trish Pharaoh sich nach seinem Verbleib erkundigt hat und vielleicht unterwegs zu ihm ist. Und eine von Barbara Stein-Collinson. Der Schwester des toten Fischers.
    Hallo, Sergeant.

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