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Sterbensangst (German Edition)

Sterbensangst (German Edition)

Titel: Sterbensangst (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Mark
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eines Tisches, der mit Geschenken übersät ist, händchenhaltend küsst. Der Mann mit der Balaklava nickt, als hätte er sich entschieden. Mit einer einzigen Armbewegung streift er die Schnappschüsse vom Kaminsims und packt sie bündelweise in eine schwarze Sporttasche zu seinen Füßen.
    Dann wendet er sich der Gestalt auf dem Sofa zu.
    Aus der Innentasche zieht er einen gelben Metallbehälter. Er schließt die Augen. Atmet durch die Nase.
    Spritzt Feuerzeugbenzin über den bewusstlosen Mann.
    Er tritt zurück, die behandschuhten Hände zu Fäusten geballt.
    Sieht zu, wie der andere Mann hustend und prustend erwacht.
    Sieht, wie er zu ihm hochblickt. Ihn anstarrt.
    Weiß.
    Weiß, dass er auf geborgte Zeit gelebt hat.
    Dass er davongekommen ist, als er hätte sterben sollen.
    Dass die Schuld beglichen werden muss.
    Er sieht, wie die Augen des anderen Mannes sich erst weiten, dann verengen. Sieht, wie Panik und Wut seine Gesichtsmuskeln verzerren.
    »Was … wo …?«
    Der Mann versucht aufzustehen, aber sein Verstand ist vom Alkohol benebelt. Seine Erinnerungen sind vage und konturlos. Er erinnert sich an das Pub. An den Streit mit einem anderen Gast. An den Parkplatz. Die ersten Schritte eines langen Heimwegs zu Fuß, zu seiner Wohnung über dem Buchmacher. Dann eine Faust in seinem Haar. Ein kalter, harter Flaschenhals, der ihm in den Mund gerammt wird. Der plötzliche Geschmack nach Blut und Wodka. Das verschwimmende Abbild eines schwarz gekleideten Mannes.
    »Ist das …?«
    Der Grundriss des Hauses kommt ihm bekannt vor. Ähnelt auf entsetzliche Weise dem Ort, den er einmal sein Zuhause genannt hat. Dem Ort, den er in Brand gesteckt hat, weil er angepisst war und ihm der Klang der Feuerwehrsirenen gefiel.
    Dem Ort, an dem er seine Frau und seine Kinder auf kleiner Flamme geröstet hat.
    »Warum …?«
    Der Mann mit der Balaklava hebt die Hand, wie um einen zu schnellen Autofahrer zum Abbremsen zu bewegen. Er schüttelt den Kopf. Macht mit dieser kleinen Geste klar, dass es keinen Sinn hat, sich zu wehren. Dass dies hier beschlossene Sache ist.
    Mit einer schnellen Bewegung zieht er ein billiges gelbes Feuerzeug aus der Tasche. Er duckt sich zu Boden wie ein Sprinter in den Startblöcken und hält die Flamme an den gemusterten Teppich.
    Dann wendet er sich ab.
    Die Flamme läuft nach links und rechts gleichzeitig, schwillt an und breitet sich aus, während zwei Feuerströme das Sofa umzingeln.
    Der Mann mit der Balaklava tritt zurück und schützt die Augen mit erhobenem Arm.
    Der Mann auf dem Sofa versucht, Luft zu holen und zu schreien, aber es sieht so aus, als würde er die Flamme einatmen. Das lodernde Feuer springt auf ihn zu.
    Zieht ihn in seine Umarmung.
    Der schwarz gekleidete Mann würdigt die brennende Kreatur keines weiteren Blicks. Sieht nicht zu, wie sie um sich schlägt und gegen den feurigen Mantel aus Rot und Gold ankämpft, der sie einhüllt. Der das Polyesterhemd mit der Haut verschmilzt. Das Zimmer mit dem Gestank nach saurem Fleisch erfüllt.
    Er greift nach seiner Sporttasche und geht zur Tür.
    Überlässt es dem brennenden Mann, sich zu fragen, ob es sich für seine Familie genauso angefühlt hat, als die Flammen sich in ihre Haut fraßen.

Kapitel 9
    McAvoy seift sich das Gesicht mit Rasierschaum ein und beginnt, sich mit seinem gefährlich aussehenden Rasiermesser die Bartstoppeln abzuschaben. Roisin hat es ihm in einer ausgefallenen Boutique in der Nähe von Harrods gekauft, bei einem der Ausflüge nach London, die sie in den Anfängen ihrer Beziehung häufig unternahmen. Es ist ein tödlich wirkendes Objekt mit einer Klinge, die einem Marienkäfer mitten im Flug die Flügel abschneiden könnte. Sie sieht gerne zu, wie er es an dem nassen Lederriemen neben dem Spiegel schärft.
    »Siehst du genug? Willst du nicht ein Fenster aufmachen?«
    Er wendet sich vom Spiegel ab.
    Roisin steckt den Kopf hinter dem Duschvorhang hervor. Er sieht hinter dem gemusterten Stoff die Silhouette ihrer Brüste und ihres Bauches, spürt das vertraute Flattern in der Magengegend. So vollkommen, denkt er, und die Vorstellung überwältigt ihn derart, dass er die Fingernägel in die Handflächen graben muss, um sich im Zaum zu halten.
    »Ja«, sagt er und nickt gleichzeitig, für den Fall, dass sie seine Stimme über dem Rauschen des Wassers nicht hören kann. »Alles okay.«
    Sie zieht den Kopf wieder ein, und er betrachtet ihre wandelbare Silhouette, während sie den Kopf in den Nacken legt und sich das

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