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Sterbensschön: Thriller -

Sterbensschön: Thriller -

Titel: Sterbensschön: Thriller - Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chelsea Cain , Fred Kinzel
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seit Tagen nicht rasiert, und sein Haar stand wild vom Kopf ab. Archie erkannte jedoch die langen Glieder und das Fuchsgesicht des jugendlichen Colin Beaton wieder. Er strahlte eine bebende Verzweiflung aus, eine fast greifbare Angst. Hätte Archie ihn auf der Straße gesehen, er hätte ihn für geisteskrank gehalten.
    Der Raum war gesättigt vom überwältigenden Duft von Lilien. Große Sträuße der weißen Blüten standen in Messinggefäßen im vorderen Teil der Kirche und hinter den Sitzreihen. Von hier hatte Beaton die Lilien gehabt – er hatte sie aus Kirchen gestohlen. Eine fehlende Lilie hier und dort, das würde einer Gemeinde wahrscheinlich nicht einmal auffallen.
    Beaton winkte Archie herein, er beugte sich über das Mikrofon und sagte: »Kommt und betet mit uns.« Die Worte hallten in der Kirche wider, und Beaton lächelte.
    »Wir sind von der Polizei, Colin«, sagte Archie. »Sie sind verhaftet.«
    »Reverend Lewis«, sagte Colin ins Mikrofon und ließ seine Stimme dabei wie eine Parodie von Autorität tiefer klingen, »Sie müssen mit Ihren geistlichen Pflichten fortfahren.« Er breitete die Arme aus. »›Denn ich werde euch eure Gesundheit wiedergeben‹«, brüllte er, »›und ich werde euch von euren Wunden heilen, sagt der Herr.‹«
    »Bleiben Sie, wo Sie sind, Reverend«, bellte Archie.
    »Archie«, sagte Henry.
    Archie warf einen Blick nach links. Reverend Lewis hatte den Pullover fallen gelassen. Sein Oberkörper war mit Klebeband umwickelt, das eine Art Vorrichtung an der Brust festhielt.
    Niemand sagte etwas. Colin war dem Mikrofon so nahe, dass es seine Atemgeräusche verstärkte. Es war der einzige Laut im Raum. Archie hatte noch nie eine echte Bombe aus der Nähe gesehen, aber er war sich ziemlich sicher, dass er jetzt eine vor sich hatte. Er spürte, wie sich Schweiß auf seiner Oberlippe sammelte, während er bis fünf zählte. Eins. Ruhig bleiben. Zwei. Nicht die Stimme heben. Drei. Autorität ausstrahlen. Vier. Eine Beziehung aufbauen. Fünf . Entschlossen sein. »Was haben Sie getan, Colin?«, sagte Archie.
    Colin lachte ins Mikrofon, und die kreischende Rückkopplung aus den Lautsprechern ließ Archie zusammenzucken. »Hier auf dem Pult liegt ein Handy«, sagte Colin. »Wenn ich einen Knopf drücke, geht die Bombe hoch.«
    Archie konnte weder Colins Hände sehen noch ein Telefon. Aber das bedeutete nicht, dass es nicht da war. Heutzutage konnte jeder, der einen Internetanschluss besaß, herausfinden, wie man eine Bombe mit einem Handy als Auslöser baute. Archie zielte mit seiner Waffe genau in die Mitte von Colins Stirn. Wie lange dauerte es, einen Knopf auf einem Handy zu drücken? Eine Sekunde? Eine halbe? Archie spürte den Abzug unter seinem Zeigefinger. Er stand mit leicht gespreizten Beinen da, der Ellbogen war angelegt, die Atmung ruhig. Er musste nur noch abdrücken.
    »Glauben Sie, Sie können mich mit einem Schuss töten?«, fragte Colin. Seine Stimme hallte durch die Kirche.
    Archie atmete langsam aus. Er war fünfzehn Meter von Colin entfernt, und Colin war ein zappliges, unruhiges Ziel. Archie war kein so guter Schütze. Selbst wenn es ihm gelang, Beaton in den Kopf zu schießen, konnte der eventuell reflexartig die Hand schließen. Archie sah zu Henry hinüber, in der Hoffnung, dass der sich den Schuss eher zutraute, aber Henry schüttelte nur den Kopf. Sie waren zu weit entfernt.
    »Reverend«, sagte Colin. »Beten Sie für unsere Schwester.«
    Reverend Lewis schaute zu Archie, und ihre Blicke trafen sich. Archie suchte nach einem Anzeichen von Gelassenheit oder Vertrauen in den Augen des alten Mannes, aber alles, was er sah, war Angst. Dann ging der Blick des Geistlichen zur Decke, zum Himmel oder zu Gott, und er eilte den Gang entlang und die Stufen hinauf, wo er vor Pearl niederkniete.
    Sie lag so still dort oben, dass es Archie die Brust zuschnürte. Seit ihrem Eintreten hatte sie keinerlei Versuch unternommen, sich zu bewegen. Sie war nicht gefesselt. Sie war bewusstlos. Ein Arm hing schlaff vom Altar herunter. Archie konnte nicht sagen, ob die dunklen Flecken, die er auf ihrem Körper sah, Blut oder Schatten waren.
    »Pearl?«, rief Archie. »Kannst du mich hören?«
    Reverend Lewis’ weißes Haupt war im Gebet gebeugt, und er hatte eine Hand auf Pearls Stirn gelegt. Sie reagierte weder auf Archies Stimme noch auf die Berührung durch den Geistlichen. Archie hoffte, sie wusste, dass der Reverend da war, dass sie nicht allein war.
    Er hob die Waffe einen

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