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Sterbensschön: Thriller -

Sterbensschön: Thriller -

Titel: Sterbensschön: Thriller - Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chelsea Cain , Fred Kinzel
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erzählte eine andere Geschichte: das Telefonkabel, doppelt geknotet und so fest zugezogen, dass es in die Haut einschnitt, das Blut, das die Vorderseite des grünen Shirts rot färbte, die blassen Lippen und die geschlossenen, eingesunkenen Augen. Die Haut in der Farbe von gekochtem Fleisch.
    Ein Student hatte die Leiche gefunden. Die Polizei von Bellingham hatte die Task Force verständigt, und binnen einer Stunde war Archie in der Luft gewesen. Es war ein zweistündiger Flug in einer Privatmaschine, die der Vater eines anderen Opfers von Gretchen zur Verfügung gestellt hatte. Die einheimischen Polizisten hatten auf Archie gewartet, als er auf dem Flugplatz von Bellingham aus der Maschine kletterte. Sie hatten den Tatort konserviert. Dreißig Minuten später stand Archie vor der Leiche des Jungen.
    Da war keine Lilie gewesen.
    Nur Ameisen, Verwesung und unter dem T-Shirt, in die schmächtige Brust des Jungen geschnitten, eine Wunde in der Form eines Herzens.
    Die Leute in Bellingham schlossen ihre Türen von da an ab.
    Die Medien brachen in eine ausgewachsene Beauty-Killer-Hysterie aus. Die Mittel für die Task Force wurden verdoppelt. Das FBI schickte noch einen Trupp Profiler. Ein ermordetes Kind war ein Schock. Aber man traute es Gretchen allgemein zu. Jeder ihrer Morde war anders. Es gab kein Profil und keine typische Vorgehensweise. Das war entscheidend dafür, dass sie solchen Schrecken verbreiten konnte. Wenn es ein Serienmörder nur auf schlaksige rothaarige Teenager abgesehen hat, brauchen sich alle, die keine schlaksigen rothaarigen Teenager sind, keine Sorgen zu machen. Aber Gretchen unternahm große Anstrengungen, um aus allen gesellschaftlichen Schichten, aus allen Altersgruppen, allen Rassen zu töten – sie war eine Serienmörderin nach dem Prinzip: »Gleiche Chancen für alle.«
    Sie war außerdem kreativ. Sie genoss ihr Handeln. Sie suchte nach neuen Wegen, Schmerzen zuzufügen: Nadeln, Elektrokabel, Skalpelle, Gift, Gartenwerkzeuge, Abflussreiniger. Die Wunden eines jeden Opfers waren eine neue, bösartige Topografie. Aber sie hatte ihre Opfer auch erdrosselt, erstickt, ausbluten lassen, erschossen, erdolcht und vergiftet.
    Doch während Vorgehensweise und Opferprofile variierten, hinterließ Gretchen immer ihre Signatur: ein Herz.
    Immer ein Herz.
    Damit signierte sie ihre Arbeit. Und wie alle größenwahnsinnigen Künstler tat sie es immer und unter allen Umständen.
    Archie zog die Kopie eines zweiten Fotos aus der Akte des Jungen und studierte sie. Dieses Bild zeigte Thomas Vernon auf der stählernen Oberfläche eines Obduktionstischs, der Fokus lag auf der schmalen Brust und der herzförmigen Wunde dort. Aufgenommen wurde das Foto vermutlich unmittelbar, bevor der Gerichtsmediziner die Brust des Jungen geöffnet hatte; beginnend jeweils an den Schultern trafen sich die Schnitte auf dem Brustbein, dann den Brustkorb entlang nach unten und weiter durch die Bauchdecke. Der obere, dreieckige Hautlappen war über Thomas’ Gesicht zurückgezogen worden, und der Gerichtsmediziner hatte mit einer großen Schere durch die Brusthöhle des Jungen geschnitten und mit einer Knochensäge durch die Rippen.
    Archie knöpfte sein Hemd auf und tastete nach der herzförmigen Narbe auf seiner eigenen Brust. Er fuhr sie mit den Fingerspitzen nach und versuchte zu erfühlen, ob sie genauso aussah wie die Wunde des Jungen.
    Er stand auf und ging ins Bad, wo er das Foto von der Brust des toten Jungen neben sein Spiegelbild hielt.
    » So, Darling«, hatte Gretchen gesagt, nachdem sie ihre Signatur in Archie gemeißelt hatte. » Ich habe dir mein Herz geschenkt.«
    Archies Haar war von Schweiß verklebt, seine Stirn glänzte. Die Narbe auf dem Oberkörper ließ sein Brusthaar spärlich und ungleichmäßig aussehen. Im grellen Licht des Badezimmers konnte er jede Kerbe und jeden Schnitt erkennen, die sie auf ihm hinterlassen hatte.
    Die Herzen sahen ähnlich aus. Das auf Thomas war mit einem Skalpell geschnitten worden, rechtshändig, die linke Seite des Symbols zuerst, von oben nach unten, dann die rechte Seite.
    Es stand alles im Bericht des Gerichtsmediziners. Es passte.
    Das Herz auf Archie war auf die gleiche Weise geschnitten worden.
    Archie kratzte sich im Nacken und betrachtete das Foto noch eine Weile. Fotos in Morduntersuchungen waren schamlos in ihrer Sachlichkeit. Im Tod gab es keine privaten Momente mehr. Körper wurden nach Spurenmaterial abgesucht, entkleidet, aufgeschnitten, die Organe gewogen und

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