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Sterbestunde - Hübner, M: Sterbestunde

Sterbestunde - Hübner, M: Sterbestunde

Titel: Sterbestunde - Hübner, M: Sterbestunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Hübner
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hatte? Wenn er noch am Leben war, dann schien es nur logisch, dass er sich jemandem anvertrauen wollte. Vermutlich wollte er den Kopf aus der Schlinge ziehen, bevor der Stuhl unter ihm wegbrach. Und sicher hatte er eine Menge anzubieten, was die Staatsanwaltschaft interessieren würde. Sein Wissen könnte endlich Klarheit in diesen Fall bringen – und wäre die Zündschnur für Koschnys Story.
    Zur Sicherheit parkte er den Mercedes ein ganzes Stück von Svens Auffahrt entfernt. Ein Schwarm winziger Mücken summte um seine Ohren, während er durch Licht und Schatten unter den Straßenlaternen entlangeilte. »Mistviecher«, fluchte er leise vor sich hin und schlug Löcher in die Luft, was die kleinen Biester jedoch nicht weiter störte – bis er beinahe gegen das Heck des Autos gelaufen wäre, das die Auffahrt blockierte.
    Behutsam ging Koschny auf den Wagen zu. Der Motor war abgestellt, doch der Schlüssel steckte im Zündschloss. Beide Türen standen offen, und die vorderen Sitze waren umgeklappt, als habe jemand vor, etwas Sperriges einzuladen.
    Wie sperrig ist ein menschlicher Körper? , fragte Koschny sich in Gedanken und versuchte die Frage sofort wieder zu verdrängen. Es gab sicher viele dunkle BMW s gleicher Bauart hier in der Gegend. Aber würde einer davon um diese Zeit in der Auffahrt eines Kriminalpolizisten stehen, der in einer Mordserie ermittelte, in der ein solcher Wagen eine entscheidende Rolle spielte? Das konnte kein Zufall sein, und sein Instinkt riet ihm, unverzüglich das Weite zu suchen und die Polizei zu verständigen. Doch der Reporter in ihm ignorierte wie immer diese Warnung und beschloss stattdessen, der Sache auf den Grund zu gehen.
    Er kniete sich neben die Tür und öffnete das Handschuhfach. Ein paar Musik- CD s ohne Hülle lagen darin. Er durchwühlte sie und stieß dabei auf eine schwarze Ledermappe. Hastig öffnete er die Lasche, die sie verschlossen hielt. Neben der Betriebsanleitung und einem Serviceheft steckte auch der Fahrzeugschein darin. Er hielt das Papier in das trübe Licht, das von der Straße in die Auffahrt fiel. Der Wagen war mit einem Mayener Kennzeichen auf einen gewissen Sascha Hendrich zugelassen. Das Nummernschild am Heck begann jedoch mit WW für Westerwald. Er konnte also davon ausgehen, dass sowohl der Wagen als auch die Kennzeichen gestohlen waren.
    Kein Höflichkeitsbesuch, so viel stand fest.
    Sorgfältig verstaute er die Mappe wieder und schloss das Handschuhfach. Die Innenbeleuchtung war aus, trotz offener Türen, und die hinteren Fenster waren mit Klebefolie verdunkelt worden, so dass er nicht viel erkennen konnte. Doch er glaubte, einen Laptop auf der Rückbank liegen zu sehen. Es roch nach kaltem Rauch, und der Aschenbecher quoll über. In der kleinen Ablage zwischen den Sitzen lagen eine Schachtel Marlboro und ein Feuerzeug. Koschny nahm es in die Hand und betrachtete den Aufdruck. Das Logo einer Firma.
    In diesem Moment ging das Licht im Hausflur an, und die Tür wurde geöffnet. Augenblicklich hastete Koschny nach rechts auf die kleine Grünfläche des Grundstücks und in den schützenden Schatten eines Pflaumenbaums, dessen Stamm neben einigen dunklen Sträuchern in den Nachthimmel ragte. Sein Puls fauchte in seinen Ohren, und erst jetzt wurde ihm klar, in welcher Gefahr er sich befand. Durch die dichten Blätter der Sträucher konnte er nicht viel erkennen, aber er sah die Schatten dreier Männer die Auffahrt herunterkommen. Einschließlich des Mannes, der über der Schulter des einen hing, waren es vier. In der Dunkelheit sah es beinahe so aus, als trage der Mann einen Teppich. Doch Koschny konnte eindeutig Beine erkennen, die auf und ab wippten. Ziemlich grob wurde der reglose Körper auf den Rücksitz des Wagens verfrachtet. Die beiden anderen gingen sehr langsam und eng umschlungen, wie zwei Betrunkene, die sich gegenseitig stützten. Es war unmöglich, zu erkennen, wer die Männer waren, aber offensichtlich war einer der beiden verletzt. Koschny hörte ein schmerzhaftes Stöhnen und das Schleifen von Schuhen auf Beton. Genau wie der Reglose wurde auch der Verletzte auf die Rückbank befördert. Dann hörte Koschny Stimmen. Er sah, wie die beiden Männer sich über das Wagendach hinweg aufgeregt unterhielten. Es mussten Ausländer sein, denn er verstand kein Wort. Kurze, hektische Sätze, möglicherweise türkisch. Sie schienen zu streiten.
    Koschny beugte sich ein wenig vor, um besser hören zu können. Dabei verlor er das Gleichgewicht und

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