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Sterbestunde - Hübner, M: Sterbestunde

Sterbestunde - Hübner, M: Sterbestunde

Titel: Sterbestunde - Hübner, M: Sterbestunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Hübner
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aufblinken sehen, die einen schwachen Eindruck von Räumlichkeit vermittelten. Hin und wieder war ein leises elektronisches Piepen zu hören. Sonst war es still um ihn herum. Er versuchte sich aufzurichten und bemerkte, dass er an Händen und Füßen gefesselt war.
    Wo war er? Träumte er das alles?
    Dafür waren die Schmerzen in seinem Kopf zu real. Er spürte, wie die Haut sich links oberhalb der Stirn spannte. Außerdem fühlte er eine geronnene klebrige Masse an der Stelle. Er ging davon aus, dass es Blut war. Allmählich kehrte wieder Energie in seinen Körper zurück, und er versuchte, sich aufzusetzen, was mit einem Schwindelanfall endete. Unwillkürlich stöhnte er auf, als das Pochen in seinem Kopf zu einem gewaltigen Hämmern anschwoll. Seine Beine waren taub. Tausend heiße Nadeln schienen auf sie einzustechen, als das Blut in die Muskeln zurückströmte. Sven wartete geduldig, bis die grellen Punkte vor seinen Augen verschwunden waren. Wieder vernahm er das elektronische Piepen. Er strengte seine Augen an, konnte jedoch nichts erkennen, bis auf ein stetig blinkendes grünes Licht. Sein Verstand war ungewöhnlich klar und schaltete blitzartig von Dämmer- auf Wachzustand, als die zerrissenen Fäden seiner Erinnerung schließlich wieder zusammengeknüpft waren. Und plötzlich wünschte er sich, dass dies alles nur ein Traum sei und er gleich erwachen würde. Doch nichts dergleichen geschah. Nur das immer wiederkehrende Piepen durchbrach die Stille.
    Der Boden, auf dem er saß, war hart und rau. Die Luft roch sauer und irgendwie chemisch. Selbst die Dunkelheit hatte etwas Befremdliches. Sven zerrte mit aller Kraft an seinen Fesseln, doch sie gaben nicht nach, schnitten sich nur tiefer in seine Handgelenke, bis er es schließlich aufgab.
    »Hofer?«, flüsterte er hoffnungsvoll in die Dunkelheit. Doch es blieb still. Er versuchte es noch einmal, dieses Mal etwas lauter. Das Ergebnis war dasselbe.
    Was immer du tun musst, um hier rauszukommen, du wirst es allein tun müssen , dachte er. Als Erstes galt es, sich der Fesseln zu entledigen. Behutsam stemmte er sich rücklings auf die zusammengeschnürten Hände. Gleichzeitig zog er die Beine an und rutschte wie eine Raupe über den kalten Boden. Jedes Mal, wenn er die Muskeln anspannte, spürte er einen dumpfen Druck in der linken Armbeuge; ein leichter Schmerz auf der Innenseite des Ellenbogens.
    Er ächzte vor Anstrengung und begann zu schwitzen. Seine Beine waren noch immer fast taub und fühlten sich ungewohnt schwer an, als wäre er mit ihnen in ein starkes Gravitationsfeld geraten. Bereits nach drei oder vier Metern stießen seine Füße gegen ein Hindernis, das nicht nachgab.
    Eine Wand?
    Demnach musste es sich um einen sehr schmalen Raum handeln, vielleicht eine Abstellkammer. Aber das war unmöglich. Wenn ihn sein Orientierungssinn nicht gänzlich verlassen hatte, blinkte das kleine grüne Licht etliche Meter entfernt schräg links von ihm. Es verlieh der Dunkelheit eine gewisse Tiefe, wie ein Stern am nächtlichen Himmel. Er musste sich also in einer Art Nische oder einem Alkoven befinden. Außerdem spürte er eine trockene Kühle. Ein gewöhnlicher Keller schied somit aus. Stöhnend kroch er ein Stück zurück, was wesentlich anstrengender war, da seine Beine nun die Hauptarbeit verrichten mussten und sich nach wie vor seinem Willen widersetzten. Der Boden unter ihm war gefliest. Seine Finger konnten breite Fugen fühlen. Die Absätze seiner Schuhe schabten über die Vertiefungen und bestätigten seine Annahme, dass der Raum groß war, denn das Geräusch hallte wie ein schwaches Echo von den Wänden zurück und verlor sich dann. Salziger Schweiß brannte in der Wunde auf seiner Stirn, und die Anstrengung verstärkte das Hämmern in seinem Schädel. Er schwang sich herum und strebte auf das blinkende Licht zu, als sein Ellenbogen erneut gegen etwas stieß. Dieses Mal gab das Hindernis nach und kippte scheppernd auf die Fliesen.
    Ein Blecheimer.
    Kaum hatte er diesen Gedanke gefasst, ging draußen das Licht an. Dort schien ein Flur oder Korridor zu sein. Schritte ertönten vor der Tür, unter der sich ein schmaler Lichtschlitz gebildet hatte, der sich nun mit Schatten füllte. Svens Herz schlug schneller. Einen Moment lang überlegte er, ob er sich wieder bewusstlos stellen sollte, aber wer auch immer ihm da einen Besuch abstatten wollte, hatte durch seine Ungeschicklichkeit längst gemerkt, dass er wach war. Also verharrte er regungslos und starrte auf

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