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Sterbestunde - Hübner, M: Sterbestunde

Sterbestunde - Hübner, M: Sterbestunde

Titel: Sterbestunde - Hübner, M: Sterbestunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Hübner
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wehren und um sich zu schlagen. Er traf den Angreifer im Gesicht, am Hals und an der Brust. Seine Arme waren schwer und fast taub vor Panik, doch er mobilisierte alle seine Kräfte, um sich zu befreien. Doch die Finger des Mannes gaben keinen Millimeter nach, griffen fester zu, bis kleine schwarze Punkte vor Svens Augen explodierten. Eine weitere Gestalt huschte beinahe lautlos an ihnen vorbei. Sven nahm sie nur als vagen Schatten wahr. Im Hintergrund war ein Poltern zu hören, und das hohle Klirren von zerberstendem Glas. Dann das Ploppen eines Schalldämpfers, dem ein erstickter Aufschrei folgte.
    »Nein!«, keuchte Sven und machte einen letzten aussichtslosen Versuch, sich loszureißen. Er trat mit aller Kraft gegen das Schienbein des Mannes, doch dessen Hand schloss sich nur noch enger um Svens Hals. Sie war rau wie die eines Arbeiters, und der Atem des Mannes roch abstoßend nach Zigaretten. Sven spürte, wie die Pistole aus seinem Halfter gezogen wurde. Der Druck in seiner Brust nahm zu, steigerte sich zur Todesangst.
    Das war’s! Hier würde alles enden. Seine Augen waren starr auf die Waffe gerichtet. Er wartete auf das Klacken des Abzugsbolzens, das letzte Geräusch, den letzten Eindruck.
    Die Hand des Angreifers hob sich. Eine Sekunde später fuhr die Pistole auf ihn nieder, und alles wurde schwarz.

34
     
     
     
     
     
     
     
    G leich nach dem Gespräch mit Staude war Koschny in die Redaktion zurückgefahren und hatte dort ein langes Gespräch mit seinem Chefredakteur geführt. Köster verlangte schon seit Tagen »brauchbare Fakten«. Als Koschny sie ihm präsentierte, hatte Köster umgehend die Geschäftsleitung und die Rechtsabteilung konsultiert. Doch nach eingehender Beratung entschied man sich gegen eine Veröffentlichung zum jetzigen Zeitpunkt. Die Beweislage wäre zu dünn, die rechtliche Absicherung zu unsicher. Dies sei schließlich der Rhein-Mosel-Kurier und nicht irgendein Revolverblatt. Eine millionenschwere Verleumdungsklage könnte man im Falle eines Irrtums nicht ohne weiteres schultern. Ausnahmsweise war Koschny auch dieser Meinung. Er hatte keinen gesicherten Beweis dafür, dass es sich auch nur bei einem der Todesfälle um Mord handelte, außerdem fehlten ihm die Hintergründe. Das Altenheim war nur Mittel zum Zweck, war nur die Strecke, auf der das Rennen ausgetragen wurde. Er brauchte Namen und Motive. Er brauchte verdammt noch mal einen Schuldigen!
    Vielleicht wusste die Polizei inzwischen mehr. Zweimal hatte er versucht, Becker im Präsidium zu erreichen, und ihm schließlich zu Hause eine Nachricht auf seinem Anrufbeantworter hinterlassen. Er meldete sich nicht. Doch das musste bei Sven nichts heißen. Man musste ihm nur lange genug auf die Nerven gehen.
    Koschny verließ die Redaktion kurz nach 22:00 Uhr. Auf dem Weg zu seinem Auto griff er nach seinem Handy. Doch das Display blieb schwarz. Verdammt! Wütend kramte er das Ladekabel aus seinem Handschuhfach und schloss es an den Zigarettenanzünder an. Anschließend startete er den Motor des Wagens.
    Er bog auf die zweispurige Hauptstraße ein, die durch das große Industriegebiet verlief. Um diese Zeit verirrte sich keine Menschenseele hierher. Koschny war froh, das alles hinter sich lassen zu können, und überlegte, ob er nicht noch auf ein Glas Wein beim Italiener vorbeischauen sollte. Das wäre immerhin ein versöhnlicher Abschluss dieses misslungenen Tages. Mit etwas Überredungskunst bekam er vielleicht sogar noch etwas Brauchbares zu essen. Schließlich war er Stammgast, was die Pfunde an seinen Hüften immer deutlicher bewiesen.
    Nach der Unterführung musste er an einer roten Ampel halten. Während er wartete, ertönte vom Beifahrersitz ein Piepton, der meldete, dass sein Handy ein Netz gefunden hatte. Er griff danach. Das Display zeigte eine hinterlassene Nachricht an.
    Lass es , dachte er. Es ist genug für heute. Aber Neuigkeiten waren nun mal sein Beruf, und die konnten morgen schon veraltet sein. Er wählte die Mailbox an. Ein Entschluss, den er an diesem Abend noch oft bereuen sollte.
    Mit viel zu hoher Geschwindigkeit bog Koschny in die Straße zu Svens Wohnung ein. Der Appetit war ihm nach dem Abhören der Mailbox blitzartig vergangen. »Wer ist da?« , hörte er noch immer Beckers Stimme. »Hofer, sind Sie das?« Dann war die Verbindung unterbrochen worden.
    Während der Fahrt hatte er sich immer wieder dieselbe Frage gestellt: Wenn es nun tatsächlich Hofer gewesen war, dessen Stimme er im Hintergrund gehört

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