Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Sterbestunde - Hübner, M: Sterbestunde

Sterbestunde - Hübner, M: Sterbestunde

Titel: Sterbestunde - Hübner, M: Sterbestunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Hübner
Vom Netzwerk:
erklären.
    »Gehen Sie nach Hause, Becker«, sagte Rößner. »Nehmen Sie sich ein paar Tage frei und versuchen Sie, mit alldem fertig zu werden.«
    »Das halte ich für keine gute Idee«, wehrte Sven ab. »Das hat schon beim letzten Mal nicht funktioniert.«
    »Sie bleiben zu Hause, ist das klar?«, betonte Rößner mit Nachdruck. »Und bevor Sie sich nicht wieder unter Kontrolle haben, will ich Sie auf der Dienststelle nicht mehr sehen. Das Letzte, was ich jetzt gebrauchen kann, sind irgendwelche übereilten Handlungen wie damals vor zwei Jahren.«
    »Wie Sie meinen«, fauchte Sven aufgebracht. »Aber sagen Sie mir eins: Weshalb halten Sie mir diese Geschichte immer wieder vor? Was haben Sie gegen mich? Ist es meine Einstellung, weil ich mich Ihnen nicht bedingungslos unterwerfe?«
    »Wie immer erkennen Sie den Wald vor lauter Bäumen nicht, Becker«, konterte Rößner. »Glauben Sie tatsächlich, ich hätte mich damals bei der Untersuchung für Sie eingesetzt, wenn ich nicht der festen Überzeugung gewesen wäre, Sie hätten richtig gehandelt? Ich habe nichts gegen Sie, im Gegenteil, ich halte Sie für einen guten Polizisten. Sie haben nur anscheinend ein ernsthaftes Problem damit, sich hin und wieder helfen zu lassen, also muss ich Sie eben zu Ihrem Glück zwingen. Ich kann nicht noch einmal die Kohlen für Sie aus dem Feuer holen, haben Sie mich verstanden? Also gehen Sie gefälligst nach Hause und beruhigen Sie sich. Und wenn Sie es auf Ihre Weise nicht schaffen sollten, rufen Sie mich an. Ich bin jederzeit für Sie da.«
    Sven sah zu, wie Rößner zu der aufgebrachten Frau und den beiden Feuerwehrleuten zurückging und sich in seinem Namen bei ihnen entschuldigte. Auf ungewohnte Weise machte ihn das sympathisch.
    Dann schritt er langsam an der langen Reihe von Schaulustigen vorbei, die sich hinter der Absperrung eingefunden hatten; ihre Anzahl mochte doppelt so hoch sein wie die der Einwohner in dem kleinen Dorf. Der Tod musste wirklich faszinierend sein, dass er so viele Menschen immer wieder in seinen Bann zog. Angewidert zwängte er sich durch die Menge. Nur einen kurzen Moment lang blieb sein Blick an einem langhaarigen Mann hängen, dessen übergroße Sonnenbrille sein Gesicht fast zur Hälfte verdeckte. Bis auf seinen dunklen Kinnbart war nichts Auffälliges an ihm. Und doch wirkte sein Aussehen eigenartig gekünstelt. Außerdem kam er Sven bekannt vor, doch er hätte nicht sagen können, woher.
    Schließlich begrub seine Erschöpfung diesen Gedanken unter sich, und er machte sich auf den beschwerlichen Weg nach Hause. Seine Beine waren so schwer wie noch nie zuvor.
    Der Mann, der sich Mohamed nannte, stand etwas abseits der Menge und betrachtete durch seine dunkle Brille das Publikum, das dieses Mal so zahlreich erschienen war. Stolz sah er, wie noch mehr Autos am Straßenrand abgestellt wurden und weitere Zuschauer herbeiströmten, um seine Arbeit zu bestaunen.
    Dabei hatte der Auftrag so harmlos begonnen. Er sollte lediglich beobachten, nicht eingreifen. Nur berichten, nicht handeln. Doch als dieser Bulle zu neugierig wurde, bekam sein Auftraggeber dann doch kalte Füße. Und nach dem Zwischenfall auf dem Parkplatz sollte Mohamed schließlich Nägel mit Köpfen machen. Hofer hätte dem Druck dieses Schnüfflers nicht lange standgehalten, so viel war sicher. Mohameds erster Besuch in dem Haus hatte sich mehr als bezahlt gemacht; eine Telefonwanze erwies sich als äußerst hilfreich. Außer ein paar anregenden Gesprächen mit mehreren weiblichen Anrufern hatte er interessante Details über eine undichte Gasheizung in Erfahrung bringen können, was auch das offene Kellerfenster erklärte, durch das er eingestiegen war. Ein Geschenk des Himmels, in doppelter Hinsicht. Aber es galt, vorsichtig zu sein. In einer Großstadt hätte sich vermutlich niemand für einen Mann interessiert, der in ein offenes Kellerfenster stieg, aber hier auf dem Land konnte so etwas gefährlich werden. Trotzdem musste er es ein zweites Mal riskieren. Schon um die Wanze wieder zu entfernen. Sie würde selbst den naivsten Ermittler an einem Unfall zweifeln lassen, wenn sie entdeckt wurde. Obwohl das Fenster diesmal nur gekippt war, war es kein ernsthaftes Hindernis. Seine Hände waren ebenso kräftig wie flink und geschickt. So schnell wie das Fenster war auch der Gashahn geöffnet. Der Rest war einfach. Eine Steckdose rechts neben dem Eingang, ein durchtrenntes Stromkabel mit blanken Enden, die schmale Metallschiene an der

Weitere Kostenlose Bücher