Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Stern auf Nullkurs (1979)

Stern auf Nullkurs (1979)

Titel: Stern auf Nullkurs (1979) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Frühauf
Vom Netzwerk:
erfassen. Es ist der Unterwasserbereich Arktikas, ein senkrecht im Meeresboden verankerter mächtiger Zylinder, der die mehr als dreitausend Meter Wassertiefe überbrückt. Wieder tauchen Schwärme von Fischen auf, dann das Rohr, schwärzlichgrün, mit wogendem Algenrasen bedeckt, gigantisch, konturenlos, eine Fläche, die ihnen den Weg zu versperren scheint. Für einen Augenblick hüllt die Schwärze sie ein, dann ist Licht über ihnen, gelbliche Helle aus Hunderten schachbrettartig angeordneter Leuchtscheiben. Die Kabine stoppt.
    Sie steigen aus und blicken sich in dem Aufnahmeraum um, einer riesigen Halle, in der ihnen die Orientierung wohl nicht leicht werden wird. Ein Teil des Raumes ist durch niedrige Trennwände gegliedert, Ziffernreihen deuten auf ein Ordnungsprinzip, das ihnen noch fremd ist. Menschen eilen an ihnen vorbei, Gruppen stehen gleich ihnen wartend und verloren inmitten quirlenden Lebens. Niemand scheint sich um sie kümmern zu wollen.
    Drüben an einem Kübel mit kränklich blassen Palmen lehnt eine Frau und mustert die Eintreffenden. Die lässige Haltung berührt Kalo, sie ist ihm bekannt. Noch ehe er seine Gedanken hinreichend geordnet hat, entdeckt sie ihn. Sie winkt ihnen zu und kommt mit schnellen Schritten herüber. Pela Storm!
    Kalo könnte nicht behaupten, daß ihm die Situation besonders zusagt, aber er erkennt sofort, daß Pela sie um so besser beherrscht. Weder in ihrem Gesicht noch in ihrer Stimme ist die Spur eines Vorwurfes zu entdecken. Sie begrüßt ihn, als hätten sie sich erst gestern getrennt, als sei er nicht zum Merkur geflogen, ohne ihr eine Erklärung abzugeben, sie legt ihm die Arme um den Hals und küßt ihn. 
    Er steht und staunt, hält sie in den Armen, und es dauert geraume Zeit, ehe die Befangenheit von ihm abfällt. Und auch dann bringt er nichts zuwege als die überflüssige Frage: „Pela, du?" 
    Sie lacht. Er erinnert sich, wie gern er ihr Lachen mochte, dieses Lachen, mit dem sie stets sehr sparsam umging. 
    „Natürlich ich!" sagt sie, und ihre Stimme ist immer noch volltönend und dunkel. „Kregg hat mich eurer Gruppe zugeteilt. Ich hoffe, ihr habt nichts einzuwenden."
    Während er versichert, das sei bestimmt nicht der Fall, überschlagen sich seine Gedanken. Pela in dieser Gruppe? Sie, die sich nach wie vor konsequent gegen die Eingliederung der Astraten in das heimische Sonnensystem stellt? Man kann nicht annehmen, daß dieser Umstand Kregg entgangen sein sollte. Er mußte Gründe haben, ausgerechnet sie auszuwählen. Vielleicht soll sie der objektive Faktor der Gruppe sein, eine Art Warnsignal, der erhobene Zeigefinger. Oder haben Kregg ganz andere Überlegungen zu dieser Entscheidung bewogen? Bei Kregg weiß man nie genau...
    „Übrigens muß man euch gratulieren", fährt Pela fort. „Ihr hattet recht. Die Imagines von Astrat scheinen in der Tat friedlicher Natur zu sein. Aber immerhin..."
    Sie unterbricht sich, hebt die Schultern, und Kalo spürt, daß ihre Bedenken nicht geringer geworden sind. Doch noch hält sie es wohl für verfrüht, sich näher zu äußern.
    „Gehen wir!" sagt sie statt dessen und zieht Aikiko mit sich. „Ich kenne mich hier schon ein wenig aus."
    Nelen bleibt neben Kalo, und da der sehr langsam ausschreitet, bildet sich bald ein Abstand zwischen ihnen und den beiden Frauen. 
    Plötzlich faßt Nelen Kalos Arm und bleibt stehen. „Ich muß mit dir reden, Kalo", sagt er und blickt ihn aus ernsten Augen an. „Es geht um Aikiko."
    Etwas Ähnliches hat Kalo erwartet, aber nun verblüfft ihn Nelens Heftigkeit doch. Er hofft, sich selbst um so besser beherrschen zu können, auch seine Mimik, selbst wenn der schmerzhafte Griff des anderen noch härter werden sollte. Bisher zumindest ist es ihm wohl gelungen. Die anderen sollen weder etwas von seinem Erstaunen über Pelas Anwesenheit noch von seinem Verdruß über Aikikos vieldeutiges Lächeln, als sie Pela gesehen hat, spüren. Und auch seine Abneigung gegen das eben von Nelen angeschnittene Thema wird er sich nicht anmerken lassen. Langsam geht er weiter. 
    Nelen folgt ihm, immer einen halben Schritt hinter ihm, immer noch seinen Arm haltend. ,,Hör mir zu, Kalo!" fordert er. „Ich weiß, daß du ihr auch heute noch nicht gleichgültig bist." 
    Es klingt, als spräche er nur zu sich selbst, als bemühe er sich lediglich, seine Gedanken zu ordnen, und Kalo fragt sich ernsthaft, ob es gut ist, ihm überhaupt zuzuhören. Soll er nicht einfach seinen Arm frei machen und den

Weitere Kostenlose Bücher