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Stern auf Nullkurs (1979)

Stern auf Nullkurs (1979)

Titel: Stern auf Nullkurs (1979) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Frühauf
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Augen. Auch sie trägt die in Arktika offensichtlich unvermeidliche Foliebluse, jedoch eine nicht ganz durchsichtige, das Vorderteil ist leicht getönt, aus einem Stoff, der die kräftige Figur mehr ahnen als sehen läßt. 
    Da Kalo und seine Begleiter keine Anstalten machen, sich wieder zu entfernen, blickt sie erneut auf. Sie wirkt ein wenig streng und schaut die Ankömmlinge aufmerksam an, fast durchdringend, auf ihrer Stirn steht eine steile Falte. „Extrakom?" fragt sie schließlich. Ihre Stimme ist kehlig und schwingend. 
    Kalo nickt. „Wir suchen den Leiter." 
    Sie deutet über die Schulter auf eine Tür in ihrem Rücken. 
    „Atto ist im Videoraum", sagt sie. „Viel Zeit wird er nicht erübrigen können. Es scheint Ärger zu geben."
    Mit Mühe unterdrückt Kalo den Drang, sich näher zu informieren. Die Miene der Frau läßt keine Fragen zu. Zwar gibt sie sich durchaus nicht abweisend, aber in ihren Augen ist etwas, was ihm rät, sich die Fragen zu sparen, bis er sich an der richtigen Stelle befindet. Und die ist zweifellos der Leiter der Station, Atto Dyson.
    So geht er an ihr vorbei zur hinteren Tür, und er spürt ihre forschenden Blicke im Nacken.
    Die Längswand des Raumes wird von einer einzigen Leuchttafel eingenommen. Farbige Linien und Flächen bilden ein kompliziertes Muster, streng geometrisch, eine Art Fächer, dessen Strahlen von helleren Kreisen, Quadraten und Rechtecken auf vielfältige Weise verdeckt und durchdrungen werden. Farben schwimmen ineinander, überlagern sich, ordnen sich, zerfließen und tauchen erneut auf. 
    Dyson steht vor der Tafel und kehrt ihnen den Rücken zu. Er scheint sich nicht verändert zu haben, immer noch ist er überschlank, eine dunkle Silhouette vor einem faszinierenden Farbenspiel. Die Hände hat er weit in die Taschen seines Overalls geschoben, die Schultern hängen eine Spur zu tief, seine Haltung verrät Müdigkeit. 
    Als hinter ihm auf dem Schreibtisch die Rufanlage summt, drückt er die Taste, ohne sich umzuwenden. „Ja, Mahella?" Seine Stimme ist leise, sein Blick bleibt weiter an der Tafel haften. Er lauscht aufmerksam, nickt mehrmals.
    Die Worte aus den Tonträgern bleiben für Kalo unverständliches Gemurmel, aber er glaubt die Stimme der Frau vom Zentralrechner zu erkennen. Vielleicht macht sie Atto auf die Besucher aufmerksam. „Danke, Mahella!" sagt Dyson schließlich.
    Fast zehn Sekunden vergehen, ehe er plötzlich zusammenzuckt und sich ruckartig umwendet. Sein Gesicht ist asketisch schmal, auf dem dicken Glas seiner runden Brille spiegeln sich spärliche Reflexe. Einen Augenblick lang huscht ein Lächeln über sein Gesicht, ein Lächeln wie ein Hauch, ein Kräuseln der Mundwinkel, mehr nicht. Die Augen hinter der Brille blicken nach wie vor ernst und ein wenig müde.
    „Ich freue mich, euch zu sehen", sagt er, und seine Stimme verrät, daß es nicht nur eine Formel ist. „Vielleicht ist es noch nicht zu spät." Er schüttelt ihnen die Hände, findet für jeden ein paar persönliche Worte, aber es ist unverkennbar, daß seine Gedanken längst wieder bei anderen Dingen sind, bei dem Videogramm wahrscheinlich, zu dem er hin und wieder verstohlen über die Schulter zurückblickt. 
    „Seht euch das genau an!" sagt er endlich. „Seit Tagen weichen die Spiegel zurück. Der Zusammenhang mit Sonneneruptionen im Bereich harter Strahlen ist eindeutig. Dabei steigt die Belastung der Spiegel ständig. Zur Zeit liegen wir nur knapp unter der zulässigen Höchstgrenze."
    „Solange die Spiegel zurückweichen, besteht keine Gefahr. Wozu also die Aufregung?" fragt Nelen.
    „Das weiß ich selbst", entgegnet Dyson. „Die Frage ist nur, wie lange wird die Automatik noch durchhalten."
    „Soll das heißen, daß sie bereits in der Nähe ihrer Grenzwerte arbeitet?"
    Dyson schüttelt den Kopf. „Nein, das ist es nicht. Wir könnten die Spiegel noch um Hunderte von Kilometern zurückziehen, wenn es notwendig würde. Die Gefahren liegen auf einer anderen Ebene. Die Strahlung beeinflußt das Steuerverhalten in steigendem Maße. Vielleicht erzeugt sie Supraleitfähigkeit in den Gitterkristallen der Hirne oder ähnliches. Wir wissen es nicht, stehen vor einem Rätsel. Nur eines ist sicher: Die Hirne selbst arbeiten seit Tagen unregelmäßig. Zwei Spiegel wurden bereits so weit aufgeheizt, daß sich Abbrennstellen bildeten. Wir mußten sie per Handsteuerung zurückziehen. Es ist nur eine Sache von Tagen, dann werden sich die Brennstellen ausbreiten und beide

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