Stern auf Nullkurs (1979)
kein anderes Schiff und keinen besseren Piloten", murmelt Dyson.
Tonder hebt die Schultern und schweigt jetzt beharrlich. Das Lob scheint ihn nicht zu berühren.
In diesen Minuten bedauert Kalo den Astronomen. Dyson wirkt überfordert, vielleicht ist er zum erstenmal in solch einer Situation.
Doch auch Kalo gefällt dieser Auftrag nicht. Der Dunkle ist noch mindestens dreihundert AE entfernt, mehr als zehnmal so weit wie die Erde. Aber das allein ist es nicht. Zwischen Pluto und diesem Stern liegt die absolute Leere. Es ist, als treibe ein Schwimmer aus dem gemächlich strömenden Wasser einer Flußmündung hinaus in das offene Meer. Das Wasser ändert sich nach seinem Empfinden kaum, aber das Ufer bleibt weiter zurück und mit ihm die Menschen, denen er sich verbunden fühlt. Da draußen ist das Unbekannte, das Ferne, das Unerforschte. Doch sucht er nicht gerade das? Und muß er nicht, um Neues zu entdecken, die Furcht vor dem offenen Meer in Kauf nehmen?
Aber vielleicht hat er auch Angst vor der Zeit, die er mit Tonder allein sein muß, vierzig Tage mindestens. „Wir sollten nichts übereilen", sagt er.
Dyson fixiert ihn. „Du auch, Kalo?"
Er schüttelt heftig den Kopf. Vielleicht zu heftig, denn Dysons skeptische Miene bleibt.
„Aber nein", stellt Kalo richtig. „Ich weigere mich nicht. Nur meine ich, daß wir vorher alle unsere Möglichkeiten ausschöpfen sollten." „Wie also lautet dein Vorschlag?" Dyson kommt auf ihn zu, bleibt vor ihm stehen und mustert ihn mit schräggehaltenem Kopf.
Als Kalo schweigt, faßt er nach seinem Arm und schüttelt ihn. „Also?" wiederholt er.
Der Gedanke kommt Kalo blitzartig. Ein wenig fürchtet er, es könne sich um einen Ausdruck unterschwelliger Angst handeln, und deshalb läßt er sich Zeit zum Nachdenken.
Aber Dyson bleibt hartnäckig. „Welche andere Chance haben wir noch, Kalo?" fragt er.
„Wir sollten versuchen, aktiv Kontakt aufzunehmen. Wir könnten einen starken Richtstrahler montieren und einen Informationskode direkt in Richtung auf den Dunkelstern strahlen. Vielleicht reagieren sie."
„Sie...? Du bist überzeugt, daß es dort intelligentes Leben gibt?"
„Du nicht? Welchen Sinn soll unsere Expedition sonst haben? Und weshalb versuchen wir seit Wochen, ihre Signale aufzufangen?"
„Hm!" macht Dyson. „Ohne den Einsatz technischer Mittel wäre dieser idiotische Kurs des Dunklen kaum zu erklären, aber..." Er nimmt seine Wanderung wieder auf. „Ich werde mir das alles überlegen", sagt er schließlich. „Danke, ihr könnt gehen."
Sie lassen einen Atto Dyson zurück, um dessen Zustand es nicht zum besten steht. Man sieht es ihm an, und vielleicht aus diesem Grunde bleibt Kalo in der Tür stehen. „Wenn wir in längstens vierzehn Tagen keine Signale aufgefangen haben, fliegen wir. Einverstanden?"
Dyson nickt, läßt sich in einen Sessel fallen und preßt die Fingerspitzen gegen die Schläfen.
Tonder ist schon ein ganzes Stück den Korridor entlanggegangen. „Aber ohne mich", hören sie ihn murmeln.
Einen Augenblick lang verspürt Kalo den Wunsch, ihm nachzulaufen, ihn beim Kragen zu nehmen und kräftig durchzuschütteln. Als er jedoch merkt, daß Pela nach seiner Hand greift, unterläßt er es.
„Ich werde dich begleiten", sagt sie leise. Und dann deutete sie auf den sich hastig entfernenden Piloten. „Und niemand anderes als er wird uns fliegen."
Noch am Abend desselben Tages sprechen die Teilchenzählgeräte erneut an. Der Strom aktivierter Materie hat erheblich zugenommen.
Zuerst breitet sich unter der Besatzung der irdischen Raumstation Pluto III Betroffenheit aus, dann, als bekannt wird, daß die Intensität des Stromes gestiegen ist, macht sie lähmendem Entsetzen Platz.
Fast vier Stunden lang liegt die Station unter Beschuß. Erst als der Strom versiegt, beginnt sich das Leben an Bord wieder zu normalisieren. Etwas aber bleibt zurück: die Furcht vor einem erneuten Angriff, dessen Wucht noch heftiger sein könnte. Bei jeder Tätigkeit warten sie darauf, sich beim geringsten Anzeichen einer Gefahr hinter die Bleischotten der Strahlschutzräume verkriechen zu müssen.
Der schwarze Stern
DREI TAGE VERGEHEN, ehe sie die beiden größten Strahler nebeneinander montiert und parallelgeschaltet haben.
Die Arbeit unter den Bedingungen der Schwerelosigkeit schafft ihnen Abwechslung und kurzzeitige Ablenkung. Sie zwingt zum Einsatz der ganzen Kraft. Pela und Kalo sind abends so erschöpft, daß sie
Weitere Kostenlose Bücher