Stern auf Nullkurs (1979)
messen sie die Aktivierung, aber vorerst bleiben die Werte konstant.
Draußen herrscht schwarze Finsternis, nur drüben am Horizont schimmert ein mattes Leuchten. Die Helmlampen werfen gelbe Kreise auf die Beplankung der Fähre.
Zuerst beachten sie die Umgebung kaum, sie tasten die gesamte Außenhaut mit den Zählern ab und atmen beruhigt auf, als sich erweist, daß die Aktivierung des Materials selbst den Normalwert kaum übersteigt.
In der Zwischenzeit haben sich ihre Augen an die Dunkelheit gewöhnt. In weiter Ferne, dort, wo der schwarze Himmel mit dem kaum weniger schwarzen Horizont zusammenfließt, ziehen sich schwach leuchtende Ketten hin, nur an einer Stelle durch einen schmalen Schatten unterbrochen. Dort steht die Säule, wo der Teilchenstrom anscheinend seinen Anfang nimmt, und von dort dringt ein leiser, singender Ton herüber.
Die nähere Umgebung bietet einen bedrückenden Eindruck. Die Schwärze ist selbst an den finstersten Stellen nicht undurchdringlich. Der Boden rings um die Landefähre wird von einer Schicht feinen Staubes bedeckt, die nicht die geringste Unebenheit aufzuweisen scheint. Es sieht aus, als seien sie mitten in einer riesigen, flachen Wasserlache gelandet.
Als Kalo den Boden betritt, beginnt der Ring heller zu leuchten. Er bringt das Zählrohr in die Nähe der Staubschicht. Heftiges Summen macht deutlich, daß die Strahlungsintensität zum Boden hin stark ansteigt. Die ersten Schritte tut er vorsichtig und verhalten. Er sinkt bis über die Knöchel ein, als schreite er über Watte. Trotzdem geht es sich nicht unangenehm. Die Staubschicht ist nicht besonders dick, nur wenige Zentimeter, darunter scheint nackter Fels zu liegen, glatt wie eine Tischplatte.
Das Ausladen des Expeditionsfahrzeuges nimmt nicht mehr als eine Viertelstunde in Anspruch. Dann steht das Elektromobil neben den vorderen Landestützen der Fähre. Im Vergleich zu der steil aufragenden Rakete wirkt es klein und zerbrechlich. Sie steigen ein, der vierte Platz neben Tonder bleibt frei. Pela blickt starr über die Rückenlehne nach vorn.
Langsam rollen sie auf die Säule zu. Je näher sie ihr kommen, um so heftiger surren die Außenzähler. Die Strahlung steigt schnell an. Schon nach wenigen hundert Metern sind sie sicher, daß sie von der Säule herrührt. Wahrscheinlich werden dort radioaktive Partikel mit hoher Geschwindigkeit in den Raum geschossen.
Auch mit dem Wagen kommen sie nicht mehr als bis auf einen halben Kilometer heran, dann schlägt die Strahlung durch die Isolation. Und doch können sie einen ersten Erfolg verbuchen. Die Instrumente zeigen eine Deformation der Magnetlinien an, die auf die geheimnisvolle Kraft schließen läßt, von der diese Partikel getrieben werden. Nichts anderes kann es sein als ein schnell bewegtes Magnetfeld. Aber wer ist für die Entstehung dieses Feldes verantwortlich? Wie wird es erzeugt? Und wer steuert es? Die Kugelwesen etwa?
Sie wenden das Fahrzeug und treten den Rückweg an. Jetzt erst begreift Kalo, wie unklug es war, ausgerechnet im Zentrum einer „Netzmasche" niederzugehen. Die Chance, den Beherrschern dieser Welt zu begegnen, ist in der Nähe der Lichterketten und der helleren Punkte mit Sicherheit weit größer als hier in dieser finsteren Einöde. Tonder unterbricht das Schweigen als erster. Mit dem Kopf auf die hinter ihnen zusammenschrumpfende Säule deutend, schlußfolgert er: „Das dürfte wohl die Waffe sein, die uns auf Pluto drei solche Sorgen bereitet hat."
Kalo schüttelt den Kopf, jedoch widerspricht er nicht. Noch hat er sich keine Meinung gebildet, aber Tonders Auffassung scheint ihm immerhin fragwürdig. Ein kontinuierlich in den kosmischen Raum geschleuderter Teilchenstrom ist wohl kaum dafür vorgesehen, während eines Bruchteiles der Strahldauer ein weit entferntes Ziel zu treffen. Eher könnte es sich um eine unbekannte Art der Energieumwandlung, um eine Startanlage für Raumschiffe, um die Beseitigung von Abfallstoffen oder um etwas für Menschen völlig Unbegreifliches handeln. So viel Überlegungen, so viel Möglichkeiten und Vermutungen. Aber nicht eine ist beweisbar, ja, nicht einmal wahrscheinlich.
Nur eines ist sicher: Sie haben keine Vorstellung, in welcher Weise das Leben auf dieser Welt abläuft, welchen Gesetzen es gehorcht, ob es überhaupt noch existiert, ob es je existiert hat.
Sie sehen und hören diese Welt, da ist die Säule, das Rauschen im Radiobereich, die aktivierte Staubschicht, und da sind die
Weitere Kostenlose Bücher