Stern auf Nullkurs (1979)
Handsteuerung zurückbringen müssen, Tonder. Ich sehe keinen anderen Ausweg."
Schweigen, sekundenlang, dann: „Kaum! Wir könnten es versuchen, aber die Chance wäre eins zu hundert."
„Dein letztes Wort?"
„Mein aller..." Tonder bricht ab, er scheint intensiv zu überlegen.
Auch er muß wissen, daß es nur diese eine Möglichkeit gibt.
„Es sei denn, wir könnten den Rechner auf die Steuerung schalten", erklärt er schließlich.
„Was hindert uns daran?"
„Auch er könnte..."
„Du hast ihn eben überprüft. Du sagtest: Funktion normal."
Kalo hört Tonder hantieren. „Scheint tatsächlich in Ordnung zu sein", kommt schließlich die Stimme des Piloten. „Sicher ist sicher", setzt er entschuldigend hinzu.
„Wenn du den Kyberneten zuschaltest, müßte er doch Daten speichern. Oder...?"
„Hm! Selbstverständlich speichert er. Aber nur das, was er während des Fluges mitbekommt. Und das reicht nicht aus."
„Besser als nichts! Das Hirn wird wieder steuern lernen. Du mußt nur bei außergewöhnlichen Situationen eingreifen. Richtig?"
„Hm!" macht Tonder erneut. „Fast richtig."
„Wir starten mit Handsteuerung und gehen in der Nähe der Lichtketten nieder. Und zwar unmittelbar neben einem der Kreuzungspunkte. Alles verstanden?"
Auf die Bestätigung wartet er vergebens.
„Hast du dir das auch genau überlegt?" fragt der Pilot nach Sekunden des Schweigens statt dessen.
Der Lautsprecher überträgt Schalterknacken und Bewegungsgeräusche. Trotz seiner Frage trifft Tonder offensichtlich die Startvorbereitungen.
Der Start liegt hinter ihnen. Die Maschine hob ganz leicht vom Boden ab.
Schon nach wenigen Minuten wandte Tonder den Kopf. „Ich glaube, es funktioniert. Das Hirn nimmt Daten auf und speichert sie. Wenn es sie auch auswertet, dann müßte es bereits einfache Steuermanöver ausführen können. Achtung!"
Er ließ die Steuertaster los. Die Rakete kam weder ins Torkeln, noch begann sie unkontrolliert zu driften. Offenbar war das Hirn bereits jetzt imstande, den Antrieben erste, einfache Befehle zu geben.
„Im Laufe der Zeit wird es seine volle Funktionsfähigkeit zurückerlangen", behauptete Pela, aber Tonder schüttelte heftig verneinend den Kopf.
„Daran ist nicht zu denken", erklärte er. „Es gibt Hunderte von Konstellationen, die man vorher nicht durchspielen kann, die spontan auftreten, überfallartig. Damit könnte das Hirn nicht fertig werden..."
Einen Moment lang beobachtete er die gleitenden Bewegungen der Steuertaster, dann wandte er sich abermals um. ,,... und ich auch nicht!" schloß er.
Seitdem schweigt Pela. Vielleicht fürchtet sie, dem Piloten auf seinem Fachgebiet nicht gewachsen zu sein, vielleicht ist sie einfach müde. Langsam zieht eine Lichtkette unter ihnen entlang. In ihrer Nähe bewegen sich Gestalten, die aus dieser Höhe nur undeutlich erkennbar sind und den Riesenmilben in der Nähe der Säule ähneln.
In einiger Entfernung neben der Lichtkette stehen unbewegliche Gebilde in Reih und Glied, die man für Pflanzen halten könnte.
Weit voraus, dort, wo die Kette zu enden scheint, taucht eine milchweiß erleuchtete Fläche auf. Kilometerweit in alle Richtungen ergießt sich dieses Leuchten, strahlt in die Finsternis der Umgebung hinein, eine helle Glocke bildend, in der die Lichtketten, die von allen Seiten ankommen, verschwinden.
Und dann sehen sie die Stadt.
„Langsamer driften, Tonder!"
Die Stadt liegt vor ihnen, überglänzt von einer Lichtfülle, die den Augen Schmerzen bereitet.
„Geh tiefer, Tonder! Vorsichtig!"
Die Stadt ist rötlich, von stumpfer Fleischfarbe, die Gebäude geometrisch in den einzelnen Zentren, Kugeln, Zylinder mit gebrochenen Kanten, eiförmige Bauten, Quader und Pyramidenstümpfe. Durch die gesamte Anlage zieht sich ein Gewirr von seilartigen Verbindungen, von überdimensionalen Nervenleitungen vielleicht oder rohrartigen Straßen. Die Stadt reicht in alle Dimensionen; so, wie sie da liegt, könnte man glauben, sie erstrecke sich sogar in eine vierte oder fünfte Dimension.
Trotz der verschlungenen Leitungen und Röhren macht die Stadt den Eindruck absoluter Ordnung, den Eindruck eines lebenden Organismus von natürlich entstandener optimaler Form.
Plötzlich schießen Lichtbündel auf, kilometerhoch in die Atmosphäre, Kalo sieht weit oben eine Wolke in bleichem Licht aufflammen, dann weiß er, daß die Lichtbalken nicht der Wolke gelten.
„Höher, Tonder! Höher! Vollschub!"
Da ist wieder
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