Stern auf Nullkurs (1979)
stößt er hörbar die Luft aus. Offensichtlich ist er mit seiner Beherrschung nun doch am Ende. „Wir werden hier nicht mehr wegkommen. Unsere Expedition ist zu Ende.
So viel ist jetzt schon sicher", sagt er mit belegter Stimme. Sie müssen landen, schnellstens, denn sie befinden sich in äußerster Gefahr. Insofern muß Kalo dem Piloten recht geben. Aber deshalb aufstecken? Nein! Zwar torkelt die Maschine blind und taub durch den Raum, zwar kann Tonder über kurz oder lang die Gewalt über die Steuerung verlieren, aber da ist immerhin noch der rettende Boden des Unheimlichen.
Doch was brächte es ihnen, wenn Tonder das Landefahrzeug heil auf den Boden setzte und sie doch nicht wieder starten könnten? Wochen bangen Wartens, Tage und Stunden voller Angst und Qual. Dann den Tod.
Daran können auch die mit Sicherheit vorhandenen Bewohner dieses Sternes nichts ändern. Ist das aber ein Grund zu verzweifeln? Ist das Leben wirklich von so unschätzbarem Wert? Oder wird man sich an den Gedanken gewöhnen, es vorzeitig beenden zu müssen?
Kaum eine Sekunde währt diese Phase der Kleinmut, dann weiß Kalo, daß er kämpfen wird, kämpfen muß, weil die Vernunft es gebietet, weil niemand das Leben wegwerfen darf.
„Kennst du die genauen Koordinaten unseres angesteuerten Landeplatzes, Tonder?"
Schweigend hantiert der Pilot am Flugschreiber. „Ich hab sie." sagt er endlich.
„Geh auf den gleichen Koordinaten senkrecht nieder."
Diesmal antwortet Tonder nur mit einem leisen: „Hm!"
Wenig später steigt ihnen die dunkle Ebene erneut entgegen, fließen die hellen Fäden des Netzes abermals auseinander.
In diesen Minuten leistet Tonder Schwerstarbeit. Er hat Dutzende von Anzeigen mit einem Blick zu umfassen, sofort auszuwerten und zu berücksichtigen. Schweiß schimmert in seinem Genick, die kurzen Haarbüschel kleben am Hinterkopf.
Immer wieder richtet er die taumelnde Maschine auf, verhindert das Driften, so gut es geht, durch Seitenschub und reguliert die Sinkgeschwindigkeit. Langsam dämmert der Boden heran. Plötzlich deutet Pela auf den Backbordbildschirm. „Was ist das, Kalo? Schau mal, dort!"
Im selben Moment sieht er es, Bruchteile einer Sekunde später als sie. Vom Boden des Unheimlichen, fast genau aus der Mitte der Netzmasche, geht ein senkrechter Balken aus.
Trotz des diffusen Dämmerlichtes wird das Bild deutlicher, je weiter sie sich der Oberfläche des Dunkelsterns nähern. Der Balken besitzt am Fuß einen Durchmesser von höchstens sechs Metern, reckt sich senkrecht in die Höhe, reicht höher hinauf, als die derzeitige Flughöhe beträgt, viel höher; weit über ihnen verschwindet er in der Dunkelheit. Dabei scheint er sich kontinuierlich auszudehnen, der Durchmesser auf ihrer Höhe mißt bereits mehr als ein Dutzend Meter.
Kalo hat keine Erklärung für diese Erscheinung, er ist genauso überrascht wie Pela, und er hat sofort das unbestimmte Gefühl einer Gefahr. „Nicht näher heran, Tonder!" ruft er.
Jetzt erblickt auch Tonder dieses merkwürdige Phänomen. Er dreht die Maschine so, daß der Balken auf dem Seitenbildschirm erscheint, da er den am besten einsehen kann. „Das ist kein Balken", sagt er leise.
„Das bewegt sich, das strömt. Ich kann es deutlich erkennen.
„Versuch zu ermitteln, ob das Ding strahlt." Tonder blickt sich kurz um. Er tut das, obwohl er keine Hand frei hat, obwohl er die Instrumente keine Sekunde aus den Augen lassen darf. „Nicht jetzt, Kalo! Ich schaffe es nicht!" Seine Stimme klingt stockend, man spürt, daß er am Ende seiner Kräfte ist. „Dieses Ding hat uns beim ersten Landeversuch zurück in den Raum katapultiert."
Schlagartig erkennt Kalo die Gefahr. Es ist durchaus möglich, daß hier die Stoffe emittiert werden, die nach vielen Tagen die Station Pluto III und damit das Sonnensystem erreichen. Sollte sich das bestätigen, dann wäre damit zu rechnen, daß auch die Außenhaut der Landefähre bereits Strahlung hoher Dichte aussendet. Unter diesen Umständen wird der Ausstieg zum lebensgefährlichen Unternehmen.
Sie landen zwei Kilometer von der Säule entfernt, fast genau in der Mitte eines"dunklen Areals.
Sie legen die Skaphander an, stülpen sich die Helme über, prüfen das Lebenssystem durch und begeben sich in die Schleuse. Schon als die fremde Atmosphäre in die Kammer dringt, beginnt der Ring in Kalos Helm schwach zu leuchten. So öffnen sie das Außenschott mit aller Vorsicht, Zentimeter um Zentimeter. Immer wieder
Weitere Kostenlose Bücher