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Stern der Göttin

Stern der Göttin

Titel: Stern der Göttin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Melli
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allmählich veränderte. Hier wuchsen andere Bäume als im restlichen Tanfun. Sie trugen Nadeln statt Blätter, aber das war nicht der eigentliche Unterschied. Hier war das alles beherrschende Gelb des Kernlandes nur eine Farbe unter vielen. An den Stellen, an denen Menschen lebten und arbeiteten, war Gelb stärker vertreten, doch in der Wildnis trat es zurück. Die Zedernart, die hier den Großteil der Wälder bildete, besaß dunkelgrüne Nadeln und eine graubraune Rinde. Auch gab es hier das Unterholz, das Laisa in den anderen Wäldern vermisst hatte. Einige Büsche besaßen sogar blaue Beeren, die noch einen Rest dieser magischen Farbe ausstrahlten. Laisa probierte eine und wurde von dem angenehmen Geschmack überrascht.
    Trotz allem behielt sie jedoch ihr Ziel im Auge und folgte der Spur des Reitertrupps, bis sie auf einem mit Bäumen bewachsenen Felssporn eine alte Festung entdeckte. Seltsamerweise war ihr Grundriss nicht dreieckig, wie in diesem Land gewohnt, sondern ein Sechseck. Der Wehrbau war alt und halb verfallen, so dass nur noch wenige Gebäude als Unterkünfte verwendet werden konnten. Dafür besaß er einen großen Platz in der Mitte mit ebenem, sauberem Pflaster, auf dem der Trupp sich gerade versammelte. Die Reiter konnten nicht lange vor Laisa eingetroffen sein, denn die Pferde standen noch gesattelt da, und ein Häuflein Gefangener hockte mit auf den Rücken gefesselten Armen am Boden.
    Sie schlich näher heran und dankte den Göttern für die Bäume, die ihr Deckung boten und sie ungesehen auf den Felssporn gelangen ließen. Obwohl es noch heller Tag war, kletterte sie einen der noch stehenden Türme hoch, um sich die Vorgänge in der Festung von oben anzusehen.
    Laisa erkannte unter den Männern auch ihren alten Bekannten Hubai, den Gouverneur der Nordprovinz. Der Mann schien nicht so recht mit dem einverstanden zu sein, was hier geschah, denn er stritt sich gerade mit dem Anführer der Neuankömmlinge.
    »Waihe kann nicht bei Sinnen gewesen sein, als er diesen Befehl gegeben hat! Wenn wir den Hohen Priestern des Reiches auch nur ein Haar krümmen, haben wir die ganze Bevölkerung gegen uns, vom obersten gelben Synod in der Heiligen Stadt ganz zu schweigen!«
    Der andere winkte lachend ab. »Noch sind die Priester nicht tot, und es steht allein in ihrer Macht, am Leben zu bleiben! Sie brauchen nur den geforderten Fußfall vor dem erhabenen Waihe zu machen und ihn als König von Tanfun anzuerkennen. Wenn das geschehen ist, wird auch die Priesterschaft in Edessin Dareh nicht umhinkommen, ihn als rechtmäßigen Herrscher in die gelben Stammtafeln einzutragen.«
    »Das wird niemals stattfinden!« Einer der Gefangenen kämpfte sich auf die Beine und trat ungeachtet der Speere, die mehrere Soldaten gegen ihn richteten, auf die beiden Männer zu.
    »Waihe wird niemals König sein! Selbst wenn es ihm gelingt, den Erbprinzen zu fangen und zu töten, wird der gelbe Tempel der Heiligen Stadt ihn niemals als Herrscher anerkennen, sondern einen würdigen und Talien gefälligen Prinzen aus einem anderen Reich der gelben Farbe als neuen Herrscher einsetzen.«
    »Einen dreckigen Malvenon womöglich!«, blaffte Waihes Getreuer ihn an.
    »Ich beuge mein Haupt jedenfalls lieber vor einem aufrechten Malvenon als vor einem Verräter und Mörder wie Waihe!«, antwortete der Priester. Obwohl sein Ornat beschmutzt und sein Gesicht von Blutergüssen und Schürfwunden gezeichnet war, strahlte er eine Autorität aus, der sich die Soldaten nicht völlig entziehen konnten. Laisa hörte ihr leises Gemurmel ebenso wie Hubais Versuch, sein Gegenüber zu beschwichtigen.
    »Wenn Waihe die Priester hinrichten lässt, bleibt diese Tat nicht geheim. Unsere Soldaten werden es ihren Kameraden berichten, und danach kann er sich nicht einmal mehr der Armee sicher sein.«
    Waihes Handlanger bleckte die Zähne. »Gerade du solltest aufpassen, was du tust, Hubai. Der erhabene Waihe hat nicht vergessen, in welcher Provinz der Aufruhr seinen Ausgang genommen hat, und dir deswegen seine Gnade entzogen. Nur durch bedingungslose, treue Dienste wird es dir möglich sein, sein Vertrauen wiederzuerlangen. Also geh zur Seite und lass mich tun, was getan werden muss.«
    Laisa sah, dass Hubai mit sich rang. Dann senkte er mit verkniffener Miene den Kopf und trat so weit zurück, als wolle er mit dem Fortlauf des Geschehens nichts mehr zu tun haben. Sein Widerpart sah ihm höhnisch grinsend nach und wandte sich dann an die sieben gefesselten

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