Stern der Göttin
Priester.
»Ihr kennt den Willen des erhabenen Waihe. Unterwerft euch ihm, und es wird euch nichts geschehen. Du, Oberpriester, wirst Waihe vor versammeltem Volk krönen, danach von deinem Amt zurücktreten und meinen BruderKaoni als deinen Nachfolger benennen. Danach wird dir ein ruhiger Lebensabend beschieden sein.«
»Allerdings ein sehr kurzer, denn Kaoni, diese Ratte, würde mich sofort vergiften lassen. Nein,Kaolu, das werde ich nicht tun.« Der Priester kehrte dem Offizier den Rücken und wandte sich direkt an dessen Männer.
»Soldaten, wollt ihr wirklich eure Hände mit unserem Blut besudeln und den großen Talien mit dieser Freveltat erzürnen, auf dass er sein Gesicht von Tanfun abwendet und es zu einer Ödnis und einem Hort von Wölfen und Füchsen werden lässt, so wie die von den Göttern verdammten Ödlande?«
»Schweig, du Hund!«, schrie Kaolu ihn an und schlug ihn mit der gepanzerten Faust zu Boden.
»Damit rettest du auch nichts mehr«, warf Hubai ärgerlich ein. »Das Heer wird Waihe nicht auf diesem Weg folgen.«
»Es wird, weil es muss!«, brüllte Kaolu. »Außerdem gibt es auch anderswo gute Soldaten, die für Sold Treue schwören. In den Freistädten zum Beispiel …«
Das Gemurmel, das sich bei diesen Worten unter den Leuten erhob, ließ den Offizier abbrechen. Ein giftiger Blick traf Hubai, der ihn durch seine Worte dazu gebracht hatte, ein streng gehütetes Geheimnis auszuplaudern. Noch waren Waihes Verhandlungen mit den Freistadt-Söldnern nicht so weit gediehen, dass er auf einheimische Truppen verzichten konnte.
Hubai blickte den Mann an, als hätte dieser ihn eben mit kaltem Wasser überschüttet. »Waihe will Tanfun diesem Abschaum überlassen? Bei Talien, ich wünschte, ich hätte mich nie auf seine Seite gestellt.«
»Jetzt ist es zu spät zum Jammern!«, höhnte Kaolu. »Vielleicht sollte ich dir deinen Kopf jetzt gleich vor die Füße legen lassen. Dann wärst du all deiner Sorgen ledig.«
Die Männer, die mit Hubai gekommen waren, murrten und fassten nach ihren Waffen, um ihren Anführer zu verteidigen. Obwohl sie weniger Köpfe zählten als Kaolus eigene Leute, tat dieser daraufhin so, als hätte er nur einen Witz gemacht, und deutete auf die Gefangenen.
»Wenn die Priester Waihes Herrschaft anerkennen, braucht unser neuer König keine fremde Hilfe. Also bringt den Richtblock und die Axt herbei! Dieser Anblick wird die Herrschaften schon dazu bringen, sich unserem Willen zu beugen. Waihe will ja die Krone nicht um ihrer selbst willen, sondern weil er der Einzige ist, der unser Land vor den Feinden aus dem Osten bewahren kann!«
Laisa begriff, dass der Mann diese Worte nur sagte, um die verunsicherten Soldaten zu beruhigen. Einige der Priester sahen ihr Oberhaupt ängstlich an, doch der dachte nicht daran nachzugeben.
»Ich sterbe lieber, als Waihes Thronraub meinen Segen zu geben.«
Kaolu fuhr wütend herum. »Reize mich nicht, alter Mann, sonst lasse ich dir und den anderen Priestern sofort die Köpfe abschlagen!«
Damit konnte er den Oberpriester jedoch nicht ängstigen. »Töte uns! Danach werden Waihe und dein Bruder Kaoni es schwer haben, dem Heiligen Synod in Edessin Dareh den Wechsel an der Spitze des Tempels von Tanfun glaubhaft zu erklären.«
»Das braucht dich nicht mehr zu kümmern.« Kaolu hatte längst aufgehört, darauf zu hoffen, den Willen des Alten brechen zu können. Der Priester musste sterben, damit sein Stellvertreter und die übrigen verängstigt genug waren, um Waihe als König und Kaoni als neuen Oberpriester anzuerkennen.
Auf Kaolus Befehl hin wurde der Alte zum Richtblock geschleppt und sein Kopf mit einer Schnur so festgebunden, dass er sich nicht mehr rühren konnte.
Kaolu nickte dem seiner Soldaten zu, dem er am meisten Vertrauen schenkte. »Töte ihn!«
Der Mann trat einen Schritt vor und packte die Axt. Als er diese hob, wurden seine Kameraden unruhig, und einige sahen so aus, als würden sie ihm am liebsten in den Arm fallen. Auch dem Mann selbst war offensichtlich nicht wohl, denn Laisa sah seine Finger zittern.
Er schluckte, schnaufte mehrfach tief durch und ließ die Axt fallen. »Ich kann es nicht!«
Kaolu versetzte ihm einen Schlag und zeigte auf einen anderen Soldaten. »Dann tu du es!«
Der Mann wich mit bleichem Gesicht vor ihm zurück und schüttelte entsetzt den Kopf. »Das ist der oberste Priester des Reiches. Wenn ich ihn töte, wird Talien meine Seele verfluchen und mich in den Höllenschlund der Linirias
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