Stern der Göttin
wenig!« Rongi beendete seinen Bericht, kletterte dann ein Stück nach unten, so dass die vordersten Reiter ihn sehen konnten, und winkte ihnen zu.
»He, Borlon, was meinst du, wen ich hier gefunden habe!«, rief er dabei lachend.
»Laisa, wen sonst?«, kam die knappe Antwort.
Rongi starrte den Bärenmenschen erstaunt an. »Woher weißt du das?«
»Weil ich kein zweites Wesen kenne, das sich so hoch oben in den Bäumen aufhält. Hallo, Laisa, ich hoffe, du bist uns nicht böse, weil wir den Prinzen hierhergebracht haben. Aber er hat uns einfach keine Ruhe mehr gelassen.«
Jetzt zeigte Laisa sich den Leuten. »Keine Sorge, Borlon. Ich bin gekommen, um ihn zu holen. Es ist mir gelungen, sieben der neun obersten Priester Tanfuns zu befreien und Verbündete zu gewinnen.«
Punji, der von etlichen Leibwachen umringt ein Stück hinter Borlon ritt, wirkte sichtlich erleichtert. Nun trieb er sein Pferd an, bis es unter dem Baum stand, auf dem Laisa saß. »Das hast du gut gemacht und meiner Sache, die bereits verloren war, einen neuen Auftrieb gegeben.«
Laisa schnurrte geschmeichelt und sprang vom Baum herab. »So schwierig war das nicht. Die Leute sind einfach nicht gewohnt, dass jemand wie ich auftauchen könnte.«
Bei diesen Worten lachte Borlon laut auf. »Ich hätte mir vor einigen Wochen auch nicht träumen lassen, dass ich einmal mit einem schrecklichen Katzendämon aus dem Osten Seite an Seite reiten würde.«
»Apropos Reiten! Wo ist eigentlich meine Stute?« Noch während Laisa sich suchend umblickte, brachte einer der Soldaten das Pferd heran. Der Sattel war jetzt so geändert worden, dass zwei feste Lederkissen am Sattelriemen befestigt waren, die einen sicheren Halt für Laisas Krallen versprachen. Sie probierte es auch gleich aus und sprang aus dem Stand heraus auf das Tier. Die Stute tänzelte ein wenig, drehte dann den Kopf und versuchte, mit ihren weichen Lippen an Laisas rechter Hand zu knabbern.
»Ist schon gut, meine Brave«, sagte Laisa und strich ihr über den Hals.
»Sie mag dich«, grinste Rongi, der sich vom Baum herab auf sie fallen ließ und es sich hinter ihr auf dem breiten Rücken der Stute gemütlich machte.
Laisa fand, dass Katlinge manchmal sehr nervend sein konnten, beachtete Rongi aber nicht länger, sondern sah sich nach ihren beiden weiblichen Gefährten um. Naika saß in einer ledernen Wanne, die mit Wasser und weichem Moos gefüllt war, und wirkte recht zufrieden. Die Wanne wurde von acht Männern getragen, unter denen Laisa zu ihrer Verwunderung die vier Kerle erkannte, die Punji und Tiehu verfolgt hatten und von ihr und ihren Freunden gefangen genommen worden waren.
Borlon bemerkte ihren fragenden Blick und lächelte. »Naika ist zwar nur eine einfache Nixe und keine der großen Nymphen, aber ihr Wasser besitzt doch eine gewisse heilende Kraft. Ihr mitleidiges Herz brachte sie dazu, sich der Gefangenen anzunehmen, und nun sind sie ihr so treu ergeben, wie Menschen es nur sein können.«
»Aber wieso wird die Wanne von Männern getragen und nicht von Pferden?«, wollte Laisa wissen.
»Eine Pferdesänfte ruckt zu sehr, und das Wasser würde herausspritzen. Menschliche Träger sind viel vorsichtiger. Wir wollten Naika nicht wieder nur in feuchtes Moos und Tücher einpacken. Es war letztens schon quälend für sie.« Der Bärenmensch wollte noch mehr sagen, doch Laisa hob die Hand.
»Du musst dich nicht rechtfertigen. Ich freue mich doch, dass Naika bequemer reisen kann. Außerdem kann sie so aus ihrer Wanne herausschauen, damit die Leute sie sehen können. Dies ist wichtig für unsere Ziele. Aber sage mir jetzt, wo Ysobel ist. Ihr habt sie doch nicht etwa allein zurückgelassen?«
Borlon fing leise zu lachen an. »Natürlich nicht, auch wenn es nicht leicht war, die braven Tanfuner davon zu überzeugen, dass Ysobel kein schreckliches violettes Ungeheuer ist, das sie zum Frühstück fressen will. Da hinten kommt sie!« Er wies dabei auf eine Reiterin, die dem Trupp in einem gewissen Abstand folgte und jetzt von Neugier getrieben näher kam.
Laisa musste lachen, denn Ysobel trug eine breite Schärpe über der Schulter, auf der in großen Lettern stand, dass es sich bei ihr um eine wertvolle Sklavin handele, der nichts geschehen dürfe. Als würde die Schärpe nicht reichen, hatten die Tanfuner auch noch eine Fahne an ihren Sattel gebunden, auf der das Gleiche noch einmal stand und auf der jedem, der sich an dieser Frau vergriff, die schlimmsten Strafen angedroht
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