Stern der Göttin
»Deine Treue zu deiner Freundin ehrt dich, doch du würdest Laisa nur behindern. Du kannst weder auf einem Pferd reiten, noch würde man dir die blaue Farbe glauben. Es gibt einfach keine blauen Nixen.«
»In unseren Überlieferungen gibt es sie sehr wohl«, antwortete Naika empört.
»Als Sagen- und Märchengestalten vielleicht, aber nicht in Wirklichkeit. Nein, du bleibst hier! Es geht wirklich nicht anders.«
»Laisa hat versprochen, mich nach Hause zu bringen, denn allein kann ich nicht reisen. Außerhalb des Wassers bin ich hilflos, und selbst drinnen bin ich nicht sicher, wie man an den Leuten des Propheten gesehen hat. Sie haben mich im Schlaf überrascht und gelähmt, bevor ich etwas tun konnte.« Naika klang beschwörend, doch sie konnte den Evari nicht umstimmen.
»Laisa wird dich später in deine Heimat bringen, dafür sorge ich. Jetzt aber brauche ich sie.«
»Ich will aber nicht in diesem Fluss bleiben«, rief die Nixe störrisch.
Khaton schüttelte seufzend den Kopf. »Das musst du auch nicht. Ich bin der Hüter einer geheimen Quelle, die dir gewiss gefallen wird. Dort kannst du bis zu Laisas Rückkehr bleiben.«
Nun gab Naika nach. Doch jetzt stellte Borlon die Borsten auf. »Naika kannst du zurückhalten, doch ich werde mit Laisa gehen. Sie hat mein Leben in der Grünen Festung gerettet, und ich lasse sie nicht im Stich.«
»Und wie willst du das machen? Blaue Bärenmenschen sind nicht einmal aus Sagen und Märchen bekannt«, schnauzte Khaton ihn an.
»Ich verwende denselben Trick, mit dem Ysobel und Rongi auf dieser Seite gereist sind. Ich begleite Laisa als angeblicher Sklave.«
Der Evari musterte den Bärenmenschen eine Weile und nickte dann widerwillig. »Es würde Laisas Tarnung stärken, wenn sie einen Sklaven wie dich mit sich führt. Aber du weißt, auf was du dich einlässt! Wenn du in andere Hände gerätst, gibt es keine Freiheit mehr und keine Rückkehr für dich.«
»Das ist doch alles Irrsinn!« Ysobel lief erregt herum und versuchte abwechselnd, Laisa und Borlon zu schütteln. »Nehmt doch Vernunft an! Dieser Magier schickt euch in euer Verderben. Ich mache da auf keinen Fall mit.«
»Du musst ja nicht mitkommen«, sagte Laisa in einem Tonfall, der den anderen klarmachte, dass sie mit ihren Gedanken ganz woanders war.
Seit sie vom östlichen Ufer des Stromes erfahren hatte, war es ihr Wunsch gewesen, einmal dort hinzukommen. Zudem wusste sie jetzt endlich, aus welchem Grund sie aus ihrer Welt weggebracht und hierhergeschickt worden war.
Sie strich Ysobel über die Wange und sah sie mit einem traurigen Lächeln an. »Versteh doch! Es ist meine Bestimmung, den Stern der Irisea zu retten. Dem kann ich mich nicht entziehen.«
»Doch du kannst, wenn du nur wolltest!« Ysobel wurde laut, doch noch während sie es sagte, begriff sie, dass sie nichts an Laisas Entschluss ändern konnte. »Also gut! Auch ich werde dich nicht allein gehen lassen. Du kennst drüben weder Weg noch Steg und würdest Tharons Turm allein niemals finden. Ich kann dir wenigstens zeigen, wo man ihn vermutet.«
Khaton trat neben Ysobel und klopfte ihr auf die Schulter. »Gut so! Ich habe nämlich eine Ahnung, dass Laisa dich brauchen wird.«
Sofort sah Ysobel so aus, als würde sie ihre Zustimmung bedauern. Sie musterte Khaton nachdenklich und deutete dann mit dem Zeigefinger auf ihn. »Bevor wir aufbrechen, werdet Ihr mir schwören, dass Ihr den Stern der Irisea wirklich an die goldene Göttin weitergebt und ihn nicht Magiern Eurer Farbe oder den Leuten Taliens oder Tenelins überlasst. Die würden ebenfalls eine Waffe daraus machen, die gegen mein Volk eingesetzt werden kann.«
Khaton nickte zuerst der Tivenga und dann Laisa zu und wirkte auf einmal sehr erleichtert. »Diesen Eid leiste ich gerne! Doch nun kommt mit zu meinem Turm, damit ich euch ausrüsten kann. Mehr als das vermag ich nämlich nicht für euch zu tun, außer Meandir im Gebet zu bitten, seine schützende Hand über euch zu halten. Aber ob das jenseits des Stromes etwas nützt, wage ich zu bezweifeln.«
Während Khaton seinen Becher mit neuem Thilierwein füllte, um auf das Erreichte zu trinken, reckte sich Laisa und grinste dabei, als ginge eben ihr sehnlichster Wunsch in Erfüllung. Ysobel bemerkte es und schüttelte den Kopf. Irgendwie war ihre kätzische Freundin doch verrückt, und das Schlimme daran war, dass Laisa sie damit angesteckt hatte.
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Vierzehntes Kapitel
Der Große Plan
D as wurde auch Zeit!, dachte
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