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Stern der Göttin

Stern der Göttin

Titel: Stern der Göttin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Melli
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Gastfreundschaft der Tenelianer hin.
    Etliche Schiffe schwammen stromabwärts, und alle hielten sich so nahe am westlichen Ufer, wie es nur ging. Dabei drängten sich die Wasserfahrzeuge an diesem Abschnitt des Stromes so stark, dass sie einander behinderten. Wüste Flüche hallten über das Wasser, und der Schiffer des Bootes, auf dem Laisa fuhr, musste sich wilde Verwünschungen eines hünenhaften Kerls anhören, der es anscheinend eilig hatte, von der Lotsenstation wegzukommen, und sich von dem kleineren Kahn behindert fühlte.
    »Verdammter Goise!«, brummte der Schiffer und riss das Boot mit einem wütenden Zerren an der Ruderpinne herum. Die Landzunge verschwand vor dem Bug, und für Augenblicke sah es so aus, als würden sie wieder auf den Strom hinausfahren.
    Kurz darauf hatte das größere Schiff sie passiert, und sein Kapitän lehnte grinsend an der Bordwand. »Brav gemacht, Süßwasserwurm! Ich hätte dich sonst ein wenig über den Haufen fahren müssen.«
    So viel Unverschämtheit war Laisa zu viel. Sie sprang mit einem grazilen Sprung auf den Bug des Schiffes, nahm ihren Bogen zur Hand und zielte auf das goisische Schiff. »Etwas mehr Höflichkeit, wenn ich bitten darf. Sonst lernst du meine Zielsicherheit im Bogenschießen kennen!«
    »Verfluchte Ostkreatur!«, schimpfte der Goise, ging aber sofort in Deckung, denn so ganz geheuer war ihm die Katzenfrau nicht.
    Unterdessen zog der Schiffer auf Laisas Boot das Steuer wieder herum und versuchte, den Hafen zu erreichen. Nur mit der Strömung allein schaffte er es nicht, und so rief er seinen Knechten zu, die Ruder zu nehmen.
    »Diese verdammten Goisen benehmen sich, als würde der Strom ihnen gehören. Ich wünsche diesem Schurken sämtliche Piraten der Welt auf den Hals!« Der Schiffer war außer sich vor Wut, weil er durch den Zwischenfall von seinem günstigen Kurs hatte abweichen müssen.
    Als Laisa das davonziehende Schiff genauer betrachtete, bemerkte sie verwundert, dass die Seeleute sowohl der weißen wie auch der gelben Farbe angehörten. Bis jetzt war sie der Meinung gewesen, jedes Volk in den Dämmerlanden würde zu einem einzigen Gott beten und daher auch nur eine magische Farbe besitzen. Bei den Goisen spürte sie jedoch, dass dies anders war. Sie wandte sich zu ihrem Schiffer um und deutete hinüber.
    »Sind das zwei verschiedene Völker, weil ihre Farben nicht gleich sind?«
    Der Schiffer bedachte sie mit einem ungläubigen Blick, bequemte sich dann aber doch zu einer Antwort. »Sie sind ein Volk, bestehen aber aus zwei Stämmen, den Sumpf- und den Steingoisen. Die Sumpfleute beten Talien an, die Bewohner der Steininseln Meandir. Es sind rauhe Kerle, die den ganzen Strom und teilweise auch die westlichen Nebenflüsse mit ihren Schiffen befahren. Dabei benehmen sie sich so rüpelhaft, dass man denken könnte, sie wären erst vor kurzem aus dem Osten gekommen und trügen nur aus Versehen unsere Farben.«
    Mit vereinten Kräften war es den Schiffsknechten inzwischen gelungen, das Boot der Strömung zu entreißen und es wieder in die geschützte Bucht im Norden der Landzunge zu steuern. Laisa sah das Ufer näher kommen und trat neben Borlon.
    »Sind die Goisen mit euch verwandt, weil sie so groß sind? Diese Männer überragen die Malvenon, die ich in Gamindhon gesehen habe, noch einmal um einen halben Kopf. Die Tanfuner und Gamindhoner sind gegen diese Leute wirklich Zwerge«, bemerkte sie.
    »Eine Verwandtschaft der Goisen mit uns kann ich Meandir sei Dank ausschließen. Den Überlieferungen zufolge sollen die Goisen bereits im Süden gelebt haben, als die Vorfahren der Thilier und Aralianer in jene Gegend kamen. Sie sind die letzten Nachfahren des einst mächtigen Reiches von Raleon, das vor vielen Jahrhunderten große Teile auf beiden Seiten des Stromes von hier bis zu jenen Inseln beherrscht haben soll, die weit vor der Mündung des Toisserech im Meer liegen. Das war lange, bevor der Strom zur Grenze beider Machtblöcke bestimmt wurde. Die Narren, die vor zehn Jahren in schimmernder Wehr über den Strom setzten und dort die Bewohner etlicher Reiche ausgerottet oder vertrieben haben, taten dies unter dem Schlagwort, das alte Raleon wieder errichten zu wollen.«
    Borlon machte dabei ein Gesicht, als hätte er in eine besonders bittere Frucht gebissen, und spie ins Wasser. »Nichts für ungut, Laisa, aber mit diesem hirnverbrannten Überfall haben die grünen Reiche des Südens die Dämmerlande an den Rand eines allumfassenden Krieges

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