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Stern der Göttin

Stern der Göttin

Titel: Stern der Göttin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Melli
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gebracht. Die hochgerüsteten Reiche des Ostens wie T’wool und Marangree sinnen auf Rache. Wenn sie über den Strom kommen, wird auch mein Volk die Waffen ziehen müssen.«
    Laisa spürte die Traurigkeit, die ihren Begleiter erfasst hatte, und die jetzt, da er das andere Ufer mit eigenen Augen sehen konnte, noch größer geworden war. Beinahe hoffte sie, dass die Reise drüben nicht zu glattgehen würde, damit der Bärenmensch an anderes zu denken hatte als an das Schicksal seines Volkes.
    Während des Gespräches hatte das Boot den Anlegesteg erreicht. Da keiner der Goisen, die sich noch hierbefanden, ihnen half, sprang einer der Knechte auf den Bohlensteg und machte die Leinen fest. Der Schiffer ließ mit einem zufriedenen Schnauben die Ruderpinne los und kam auf Laisa zu.
    »Wir hoffen, der Dame eine gute Reise bereitet zu haben.«
    Laisa sah ihm seine Hintergedanken an. Der Mann wollte nicht nur den Rest der Summe bekommen, die in Gamindhon ausgemacht worden war, sondern auch ein hübsches Trinkgeld dazu. Da er sich während der Fahrt trotz gelegentlicher Ausbrüche gegen die Menschen der anderen Seite im Großen und Ganzen manierlich benommen hatte, wollte sie nicht engherzig sein und zählte ihm zusätzlich zu dem Ledersäckchen, das Khaton ihr für ihn mitgegeben hatte, noch ein paar Silberfirin in die Hand.
    Ihre Großzügigkeit schien dem Mann zu gefallen, denn er verbeugte sich tief vor ihr und wünschte ihr eine gute Heimreise.
    Laisas Mundwinkel zuckten schmerzhaft. Sie besaß keine Heimat mehr – am wenigsten dort, wo dieser Mann es annahm. Da sie ihm schlecht den Segen Ilynas erbitten konnte und als angebliche Blaue den Namen Meandir nicht in den Mund nehmen durfte, wünschte sie ihm Gesundheit und Glück und verließ das Boot. Borlon folgte ihr sofort, während Ysobel und Rongi sich um die Pferde kümmerten, die ihnen durch den Gehorsamszauber, den Laisa mittels einer blauen Schriftrolle aus Khatons Beutekeller über sie geworfen hatte, ebenso brav folgten wie junge Entlein ihrer Mutter.
    ☀ ☀ ☀
    Die Fährstation war groß genug, um mehr als hundert Schiffer unterzubringen. Das Erdgeschoss bestand aus unbehauenen Steinen, die entsprechend ihrer Größe und Form eingepasst worden waren. Darauf hatte man ein weiteres Stockwerk aus wuchtigen Holzbalken gestellt, das von einem flachen Schieferdach gekrönt wurde. Anhand der gelben Farbe, die an dem Gebäude haftete, vermutete Laisa, dass es von Sumpfgoisen errichtet worden war. Neugierig, Leute dieses Volkes von nahem anzusehen, ging sie auf die Tür zu, aus der eben einige Schiffer gekommen waren, und wollte eintreten. Im selben Augenblick scholl ihr eine barsche Stimme entgegen.
    »He! Du da! Deinesgleichen hat die andere Tür zu benützen.« Eine weibliche Vertreterin des Goisen-Volkes stellte sich ihr mit erhobenem Besen in den Weg und sah ganz so aus, als würde sie ihre ungewöhnliche Waffe auch einsetzen.
    Laisa wollte schon wütend werden, doch da zupfte Borlon sie am Ärmel. »Das Weib hat recht. Entschuldige, dass ich nicht daran gedacht habe. Als Frau aus dem Osten kannst du das Haus nicht durch diese Tür betreten. Die ist allein den Menschen unserer Seite vorbehalten. Für die von drüben gibt es einen eigenen Eingang.«
    »Von denen war schon lange keiner mehr hier!« Die Goisen-Frau, die ähnlich groß und fleischig war wie die Männer, sah nicht so aus, als würde sie diese Tatsache bedauern.
    Nur der Gedanke, dass sie hier kein Aufsehen erregen durfte, brachte Laisa davon ab, diesem Weib handgreiflich klarzumachen, dass man ihr besser nicht verbot, durch eine Tür zu gehen, wenn sie es wollte. Grummelnd drehte sie sich um und folgte Borlon um das halbe Haus, bis sie eine Tür erreichten. Ein Symbol in neutralgrauer Farbe wies darauf hin, dass dies der Eingang für Ostleute sei. Gleichzeitig forderte eine verblasste Aufschrift die Eintretenden auf, den gelben Strich in der Gaststube nicht zu überschreiten.
    »Das sind aber seltsame Sitten«, raunte Laisa Borlon zu.
    Er versuchte, die Tür zu öffnen, doch diese wurde offenbar so selten benutzt, dass jemand achtlos Erde davor angehäuft hatte.
    In dem Augenblick kam die Wirtin ums Haus und sah ihn kopfschüttelnd an. »Seht ihr nicht, dass ihr die Tür vorher freischaufeln müsst? Hier ist ein Spaten!«
    Damit warf sie das Werkzeug Laisa vor die Füße. Borlon ergriff den Spaten und schaffte es in kurzer Zeit, die Tür freizulegen.
    Kaum war er fertig, streckte die Goisin die Hand

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