Stern der Göttin
starrte durch eine leere Fensterhöhle zu den Wolken empor. Währenddessen hockte Heklah weiter hinten auf dem Boden und nährte ein kleines Feuer, auf dem sie Speckpfannkuchen buk, die sie aus den von Ysobel mitgenommenen Vorräten gemacht hatte. Niemand half ihr dabei. Borlon tat es nicht, da er ihre schwarze Farbe nicht gut vertrug, und Ysobel hielt die junge Sklavin immer noch für Sarliks Spionin.
Laisa hätte die beiden mit einem Wort zur Arbeit bewegen können, doch sie ließ es sein. Warum, wusste sie selbst nicht, denn so widerwärtig, wie Borlon tat, war ihr das Mädchen trotz der Gegenfarbe nicht. Doch als die Sklavin ihr das Essen reichte, beobachtete sie die Frau scharf.
Heklah hatte ihr ein weiteres Schreiben gezeigt, das sie angeblich Yugnar in T’woollion überreichen sollte, aber Laisa hatte dabei ihre Nervosität gerochen. Auch hatte Heklah diesen Brief sofort wieder sorgfältig in eine Hülle aus geöltem Leder eingepackt. Jetzt ruhte er gegen Regen und andere Witterungseinflüsse geschützt auf ihrer Haut. Es zwickte Laisa in den Fingern, das Schreiben zu öffnen und zu lesen. In ihren Augen konnte es nur ein Bericht über ihren Besuch in Maraandlion sein. Doch bevor sie ihn Heklah abnahm, wollte sie die Sklavin noch ein wenig beobachten und verschob ihren Zugriff auf einen späteren Zeitpunkt.
Gegen Mittag des nächsten Tages sahen sie wieder die ersten Spuren bewohnten Landes vor sich. Erst vor kurzem hatten hier Leute das wild wachsende Minzenkraut geerntet, denn der Geruch hing noch schwer in der Luft. Laisa brauchte nur dieser Spur zu folgen und entdeckte nach einer Weile kleine, hinter dichten Buschhecken versteckte Felder. Kurz darauf näherten sie sich einem von einem Palisadenzaun umgebenen Dorf, das schlicht im viereckigen Grundriss errichtet worden war und durch vier hölzerne Wachttürme auf jeder Ecke gesichert wurde.
Etliche Leute arbeiteten im Freien, eilten jedoch, als sie Laisas Gruppe bemerkten, in ihr Dorf zurück. Mit einer gewissen Anspannung folgte Laisa ihnen und erreichte beinahe zeitgleich mit den letzten Frauen und Männern die Palankensiedlung und zeigte ihre geöffneten Hände zum Zeichen, dass sie in friedlicher Absicht kam.
Inzwischen hatten die Leute erkannt, dass sie es nur mit fünf Reisenden zu tun hatten, und blieben friedlich. Laisa sah aber viele Männer mit Äxten in den Händen und etliche Frauen mit Bögen, die länger waren als sie selbst. Die Kleidung der Leute war einfach und sah aus, als hätten sie sie selbst gewebt und geschneidert. Einige Kittel waren mit primitiven Mitteln blau gefärbt worden. Doch diese Farbe schien nicht auf Dauer zu halten, denn sie war bei den meisten Trägern bereits ausgebleicht. Die Waffen der Dörfler hingegen mussten von guten Schmieden und Bogenmachern stammen. Alles in allem machten die Bewohner des Dorfes einen wehrhaften Eindruck, und als eine ältere Frau mit dem Bogen in der Hand auf Laisa zutrat, tat sie es mit dem Stolz und der Würde eines ruhmreichen Geschlechts.
»Verzeiht Herrin, dass wir Euch so ungebührlich empfangen, doch da Ihr vom Strom kommt, dachten wir zuerst, wir würden einige von Sarliks Mordbrennern vor uns sehen.«
»Zu denen gehören wir gewiss nicht«, antwortete Laisa und sprang aus dem Sattel. »Ilyna zum Gruß! Wir bitten um ein Obdach für diese Nacht und vielleicht um ein paar Vorräte für die weitere Reise, wenn ihr sie entbehren könnt. Keine Sorge, ich kann alles bezahlen.«
»Als wenn wir von einer der Hohen Damen aus Ilynas Gefolge Geld verlangen würden!«, rief die Alte aus. Sie reichte Bogen und Köcher an ein junges Mädchen weiter, deren Gesicht ein verschlungenes, blaues Muster schmückte.
»Erlaubt, dass ich mich vorstelle. Ich bin Ilanath, einst Gräfin von Maraandlion, und dies ist meine Enkelin Ilanilah! Ich bin glücklich, dass sie solch hohen Besuch in ihren jungen Jahren erleben darf«, erklärte die Alte stolz und bat Laisa, ihr in ihr Haus zu folgen. Während sie durch die Reihen der ehrerbietig staunenden Menschen schritten, konnte das eine oder andere junge Mädchen sich nicht verkneifen, nach Laisas Schwanz zu haschen, und einige Vorwitzige versuchten sogar, ihr ein paar Haare auszuzupfen.
Laisa fuhr fauchend herum und entblößte ihr Gebiss. Sofort sprangen die Mädchen zurück und starrten sie ängstlich an.
»Verzeiht Ihnen, Herrin, Sie wollen damit doch nur Euren Segen erringen«, bat Gräfin Ilanath.
»Und danach sieht mein Schwanz aus, als hätten
Weitere Kostenlose Bücher