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Stern der Göttin

Stern der Göttin

Titel: Stern der Göttin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Melli
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einem so abschätzenden Blick, als wolle er bis auf den Grund ihrer Börse schauen. Allerdings zeigte er auch eine gewisse Überraschung, ein Wesen aus den Sagen vor sich zu sehen, und das gleich doppelt, da Rongi auf Laisas Stute gesprungen war und ihn von dort angrinste.
    »Ihr wollt also nach T’woollion«, stellte der Schiffer fest.
    Laisa nickte. »Das ist unser Ziel.«
    Der Schiffer musterte sie noch einmal, sah dann die drei großen Pferde an, die sie und ihre Gefährten ritten, und kratzte sich am Kopf. »Euch kann ich mitnehmen. Aber für eure Gäule ist kein Platz auf dem Schiff. Wenn ihr sie nicht zurücklassen wollt, müssten sie am Ufer nebenherlaufen.«
    Laisa zuckte mit den Achseln. »Wenn die Pferde eh laufen müssen, können wir genauso gut reiten.«
    Der Schiffer sah seinen erhofften Nebenverdienst entschwinden und fasste nach Laisas Zügel, um sie am Wegreiten zu hindern. »Ihr kommt als Reiter auch nicht schneller vorwärts als ein gut getreideltes Schiff und müsst euch zudem ins Binnenland wenden, da ihr den Treidelpfad nicht benützen dürft. Ich schlage euch etwas anderes vor. Eure Pferde sind bis auf das eine recht kräftig. Erlaubt mir, sie mit am Treidelseil einzuhängen, dann geht es noch schneller, und ihr spart die Hälfte des Fahrpreises – bei freier Kost!«, setzte er noch rasch hinzu, als er Laisas abwehrendes Schnauben hörte.
    »Freie Kost, das heißt wohl Steckrübenbrei«, höhnte sie.
    »Nein, guten Fisch und Fleisch, so wie es eine Katzendame wie Ihr liebt. Eure Gäule werden auch nicht geschunden. Meine Ehre darauf!«
    Laisa merkte, dass er nicht log. Dennoch wandte sie sich fragend an ihre Freunde. »Ist so etwas hier üblich?«
    »Ich glaube schon«, antwortete Ysobel. »Durch den Krieg sind viele Pferde verlorengegangen, und jetzt versuchen die Armeen der einzelnen Reiche, ihre Verluste zu ersetzen. Treidelpferde sind daher rar, und unser Freund hier sieht die Chance, zu den wenigen, die er selbst auftreiben kann, noch drei kräftige Tiere vorspannen zu können. Wenn er Pech hat, bekommt er im nächsten Übernachtungshafen nur menschliche Flussschlepper, und da wären unsere Pferde für ihn doppelt wichtig. Es sind ja doch eigentlich Zugpferde. Wenn du mich fragst: Ich würde sein Angebot annehmen.«
    »In dem Augenblick, in dem unsere Tiere geschunden werden, bekommt der Schiffer es mit mir zu tun«, sagte Laisa laut genug, damit der Mann es hören konnte. Sein zufriedenes Grinsen zeigte jedoch, dass er diese Gefahr gerne auf sich nahm.
    Tatsächlich hielt er sich peinlich genau an die Abmachung und überanstrengte die Pferde nicht. Auch gab es keinen Steckrübeneintopf zum Essen. Zumeist wurde Laisa und den ihren tatsächlich Fisch aufgetischt, frisch gefangen und vor ihren Augen gebraten oder gesotten. Fleisch hingegen gab es seltener, und wenn, dann nur als Hühnerfleisch in einer Suppe, die vor dem Fischgericht gereicht wurde. Aber das störte Laisa und ihre Freunde nicht.
    Während der Flussfahrt nahm Laisa die Gelegenheit wahr, möglichst viel über die Länder zu erfahren, die sie unterwegs passierten. Nördlich des Dreifarbenflusses lag zunächst Ligaij , das von demselben violetten Volksstamm bewohnt wurde wie Daschon, und am südlichen Ufer erstreckte sich bald schon T’wool, das größte und mächtigste Land der Dämmerlande – und das düsterste, denn hier stellte Schwarz die alles überwuchernde Farbe dar. Die Rinde der Bäume war ebenso dunkel wie ihre Blätter. Selbst die Blüten prangten in samtartigem Schwarz, und auf den Weiden grasten Schafe mit pechschwarzem Vlies.
    Sogar der Himmel wirkte auf Laisa so, als müsse die Sonne erst durch einen dünnen schwarzen Vorhang scheinen, und es schüttelte sie angesichts dieser Düsternis, aus der die Gesichter der Menschen, die sich nicht schwarz geschminkt hatten, seltsam blass hervorstachen. Die T’wooler waren mit die hellhäutigsten Menschen, auf die Laisa bisher getroffen war, und viele von ihnen besaßen rotes Haar.
    Dem Schiffer schien so viel Eintönigkeit auch nicht zu gefallen, denn während der Nachtruhe legte er auf ligaijischer Seite an, denn dort erstickte das Violett nicht jede andere Farbe. Es gab hier Flecken wilden, grünen Grases, und Laisa entdeckte sogar kleine goldene Blumen, die am Uferrand blühten.
    Ysobel freute sich am meisten über diesen Landungsplatz, denn so konnte sie abends zwischen den Menschen ihrer eigenen Farbe sitzen und im Tempel zu ihrer Göttin beten. Auch mochte sie

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