Stern der Göttin
vorher befragen. Und dann macht, dass ihr wieder an eure Arbeit kommt. Es gibt hier noch verdammt viel zu tun!«
☀ ☀ ☀
Während Laisa, Ysobel und Rongi in das Gebäude eindrangen, hatte Borlon sich so flach auf das Dach gepresst, als wollte er mit ihm verschmelzen. Dabei gingen ihm Laisas Worte, dass sie alle eng zusammenbleiben mussten, wenn sie Erfolg haben wollten, nicht aus dem Kopf. Wie immer er es auch drehen und wenden mochte: Er hatte seine Freunde im Stich gelassen.
»Ich muss ihnen folgen, bevor sie zu weit in den Magierturm eingedrungen sind!« Der Gedanke erschien ihm richtig, aber er war nicht in der Lage, ihn auszuführen. Die Schwärze, die er durch die offene Klappe spürte, lähmte ihm sämtliche Glieder. Nun schämte Borlon sich mehr als jemals zuvor in seinem Leben. Er wollte ein Bor’een sein, einer der sagenhaften Bärenmenschen, die angeblich vor nichts Angst hatten? Da hatten Ysobel und Rongi sich drüben auf seiner Seite ganz anders geschlagen.
Von unten heraufdringende Magieschwaden beendeten Borlons Selbstzerfleischung. Er war magisch nicht besonders begabt, spürte aber trotzdem, dass tief unter ihm schwarze Artefakte benutzt wurden. Allein schon deren Ausstrahlung ließ ihm die Haare zu Berge stehen, und er stellte sich vor, dass Laisa und die beiden anderen jetzt tot oder versteinert irgendwo auf dem Boden lagen.
Da roch er mit einem Mal Menschen, die dort unten herumlaufen mussten, und öffnete seinen Rachen zu einem wütenden Schrei. Magischen Artefakten und Zauberei gegenüber fühlte er sich wehrlos, doch vor einem lebendigen Feind hatte er noch nie zurückgeschreckt. Die Angst um seine Freunde überdeckte die Furcht vor dem schwarzen Turm, und bevor er selbst begriff, was er tat, stampfte er die unsichtbare Treppe hinab.
Unten angekommen, wurde der Geruch nach Menschen stärker, und jetzt witterte Borlon auch Blut. Zu seiner Erleichterung stammte es jedoch nicht von seinen Freunden. Er schloss daraus, dass Laisa und die beiden anderen sich gewehrt und mindestens zwei Feinde verletzt hatten. Er stürmte weiter, erreichte die Stelle, an der Laisa betäubt worden war, und hörte sich entfernende Stimmen.
Borlon folgte dem Geräusch, schritt eine zweite, weitaus längere Treppe hinab und fand sich in einem schwach beleuchteten Gang wieder. Weiter vorne entdeckte er mehrere Gestalten in den dunklen Talaren von Schwarzlandadepten, die mehrere reglose Personen schleppten. Zum Glück sah sich keiner von ihnen um. Leiser, als man es bei seiner wuchtigen Gestalt für möglich gehalten hätte, folgte er den Adepten und hatte sie auch beinahe erreicht, als diese in einen Seitengang abbogen und kurz darauf eine Tür öffneten.
Wassarghans Untergebene legten gerade die Gefangenen ab, als Borlon in den Raum stürmte und sie völlig überraschte. Den ersten Adepten schleuderte er gegen die Wand und hörte das scharfe Knacken berstender Knochen. Dem nächsten Mann zerschmetterte Borlon mit einem einzigen Schlag den Schädel, dann erst gelang es den beiden letzten Adepten, ihre Artefaktwaffen zu ziehen.
Die lähmenden Energien trafen Borlon mit der Wucht eines Hammers. Sein Schwung war jedoch noch groß genug, um ihn quer durch den Raum zu tragen. Während er stürzte, rutschte er an einem der verklebten Wächteraugen entlang und rieb dabei den zähen Schleim ab, der es verdeckt hatte. Trotz seiner Betäubung versuchte er, noch einmal auch die Beine zu kommen. Da trafen ihn weitere Entladungen der Lähmartefakte. Sein Bewusstsein erlosch wie eine Kerze im Wind, und er stürzte auf einen etwas übermannslangen und hüfthohen Kasten, der mit einem geheimnisvollen Symbol bemalt war.
Während die überlebenden Adepten erleichtert aufatmeten und sich dann ihren Kameraden zuwandten, entging ihnen, dass der Deckel der Kiste unter dem Gewicht das Bärenmenschen nachgab und der Flor aus Silberfolie, mit dem diese ausgeschlagen war, an einer Stelle auseinanderklaffte. Darunter kam eine schmale, wie im Schmerz erstarrte Hand zum Vorschein.
Wassarghan hatte die Adepten zurückgelassen, um tiefer in Tharons Turm seinen Plänen nachzugehen. Jetzt eilte er von dem Tumult alarmiert an der Spitze weiterer Adepten herbei und starrte in die Kammer.
»Was ist hier los?«, fragte er ärgerlich.
Einer der beiden Überlebenden zeigte mit zitternden Fingern auf Borlon. »Dieses Ungeheuer war auf einmal da, als hätte ein feindlich gesonnener Magier es hierher versetzt. Es hat Malarak und Saranthin
Weitere Kostenlose Bücher