Stern der Göttin
verwundert und fragte sich, ob Tharon diese Paste zu einem besonderen Zweck angebracht hatte. Doch als sie ihre magischen Sinne darauf richtete, glich diese Schicht nicht der Magie des Evari, sondern war zwar auch schwarz, fühlte sich aber äußerst unangenehm an. Doch was es auch immer sein mochte, Laisa zählte mehr auf die Abschirmartefakte, die Khaton ihnen mitgegeben hatte, damit sie sich vor dem Wächtergeist des Magierturmes verbergen konnten.
»Dort vorne ist eine weitere Treppe«, meldete Rongi und riss Laisa aus ihren Überlegungen.
»Die dürfte zu dem Gang führen, der bis zum unterirdischen Hauptteil der Anlage verläuft. Da drinnen müssen wir den Stern der Irisea suchen.« In dem Augenblick wollte Laisa genau wie Ysobel alles so rasch wie möglich hinter sich bringen. Sie wusste aber, dass sie diesem Gefühl nicht nachgeben durfte. Jeder Schritt, den sie hier taten, musste genau bedacht werden, wenn er nicht der letzte gewesen sein sollte.
Plötzlich schnupperte Rongi ein paar Mal misstrauisch. »Sind hier nicht Leute?«
Nun sog auch Laisa prüfend die Luft ein. Eigentlich hatte sie erwartet, es würde hier muffig riechen, da der Magier sicher nicht oft vorbeikam, um zu lüften. Doch die Luft schmeckte nach überhaupt nichts. Laisa wollte Rongis Bemerkung bereits als nervöse Reaktion abtun, als auch sie für den Bruchteil eines Augenblicks die Anwesenheit eines Menschen zu wittern glaubte.
»Seht mal, da liegt wer!«, flüsterte Rongi, der sich jetzt nur noch von seinen Instinkten leiten ließ.
Laisa ging auf die Stelle zu und entdeckte einen jungen, hageren Mann in einem schwarzen Talar und mit einer leeren Umhängetasche, in denen sich noch Reste des Mittels befanden, das auf die magischen Augen geschmiert worden war. Am meisten aber stach Laisa das Abzeichen ins Auge, das der Mann auf der Brust trug. Es strahlte magisch und zeigte ein schwarzes Schwert auf rotem Grund.
»Ist er tot?«, fragte Ysobel.
»Ich weiß es nicht. Er könnte auch nur gelähmt sein. Ich glaube, dort vorne befindet sich das entsprechende Abwehrartefakt.« Noch während Laisa auf die kaum erkennbare Stelle an der Decke zeigte, spürte sie, dass der Mann nicht mehr am Leben war. Irgendjemand hatte jedoch einen Erstarrungszauber über den Leichnam geworfen, damit er nicht verweste. Dieser verhinderte nach Laisas Meinung auch, dass sein Geruch an Katzennasen drang.
»Das war wohl der Kerl, den Rongi eben wahrgenommen hat.« Ysobel wollte schon aufatmen, doch da begann Rongi leise zu fauchen. »Da sind noch mehr – und sie kommen genau auf uns zu!«
»Wir müssen hier weg!« Noch während sie es sagte, wurde Laisa klar, dass es für einen Rückzug zu spät war.
Im nächsten Augenblick flammte ein starkes Licht auf und blendete sie. Eine triumphierende Stimme klang auf. »Ich sagte doch, dass hier Schnüffelnasen sind!«
Da Flucht sinnlos war, griff Laisa kurz entschlossen an. Ohne zu wissen, wie viele Leute ihnen gegenüberstanden, schnellte sie auf den Sprecher zu und überraschte ihn völlig. Ein Artefakt, das nach üblem Schwarz roch, flog davon, und dann drangen ihre Krallen und Zähne in das Fleisch des Angreifers ein.
»Hilfe, das Biest bringt mich um!«, hörte sie den Mann kreischen. Neben ihr hatte sich Rongi an dem weiten Umhang eines zweiten Mannes festgekrallt und bearbeitete dessen Gesicht mit seinen Zähnen. Auch dieser Mann schrie vor Schmerz und rief um Hilfe.
Laisa vernahm noch ein gemurmeltes »Unfähige Narren!«.
Dann peitschten magische Entladungen durch den Gang. Rongi wurde wie von einer Riesenfaust getroffen gegen die Wand geschleudert, Ysobel sank mit einem ersterbenden Ächzen nieder, und sie selbst erbebte unter dem Einschlag schwarzländischer Magien. Unter Aufbringung all ihrer Kräfte gelang es ihr, bei Bewusstsein zu bleiben. Sie schnellte sogar noch auf den Magier zu, der sie bedrohte, aber der Mann erkannte die Gefahr rechtzeitig und schleuderte ihr einen Flammenblitz entgegen. Laisa bekam noch den Geruch versengten Fells in die Nase, dann versank auch sie in einer schier endlosen Schwärze.
☀ ☀ ☀
Wassarghan blickte fassungslos auf die drei starren Gestalten herab, die vor ihm lagen. Beinahe hätte er die animalische Instinkthaftigkeit der Katzenfrau unterschätzt. Anders als seine beiden Untergebenen war er jedoch ohne Schaden davongekommen. Er stieß die schlaff am Boden liegende Laisa mit der Fußspitze an und fragte sich, was ein Wesen aus dem Blauen Land hier in
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