Stern der Göttin
er einige Fallen.
Er schärfte seinem Dienergeschöpf noch ein, seine Besitztümer eher zu zerstören, als sie in fremde Hände fallen zu lassen, dann stieg er wieder nach oben, versiegelte die Falltür mit einem Zauber und legte einen Teppich darüber. Weder seine Hauswirtin noch sonst jemand, der seinen Wohnraum betrat, würde herausfinden, was unter seinen Füßen verborgen lag. Den Rest der Zeit bis zum Mittagessen verwendete Khaton dazu, umzuräumen und einige auffallend kahle Stellen an den Wänden mit irgendwelchen Sachen zu füllen, die Frau Ketah ruhig sehen durfte, wenn sie neugierig, wie sie war, den Raum nach seiner Abreise durchstöbern würde.
»Professor Valgrehn, das Essen ist fertig!«, rief seine Hauswirtin schließlich.
Khaton wollte ihr schon sagen, sie solle es in sein Wohnzimmer bringen, dachte dann aber, dass es vielleicht besser sein würde, wenn er sich zu ihr setzte und noch ein wenig mit ihr plauderte. Als er die Küche betrat, sah er, dass Frau Ketah vor Neugier beinahe platzte. Noch während sie ihm den Stuhl zurechtrückte, stellte sie die erste Frage. »Wo wollt Ihr denn hinreisen, Herr Professor?«
Khaton setzte eine unergründliche Miene auf. »Das ist leider geheim, meine Gute. Niemand darf davon erfahren, sonst könnte man mir zuvorkommen.«
»Also ich würde gewiss nichts verraten«, erklärte seine Hauswirtin im Brustton der Überzeugung.
Da sie zu den größten Klatschmäulern der Stadt zählte, lächelte er nur freundlich und erging sich in kryptischen Andeutungen, von denen sie kein Wort verstand. Dabei lobte er ihre Weiße Brühe und auch den Braten, den sie extra für diesen Tag besorgt hatte. Dabei seufzte er ein wenig. Er hatte sich an Frau Ketahs Kost gewöhnt, und wie die meisten Magier hasste er Veränderungen. Nicht zum ersten Mal wünschte er sich, Meandir hätte nicht ihn, sondern einen anderen als weißen Evari in den Dämmerlanden eingesetzt.
»Ihre Weiße Brühe werde ich vermissen. Die kann niemand so gut zubereiten wie Sie«, sagte er mit bedauernder Miene und ließ sich seinen Teller noch einmal füllen.
Frau Ketah strahlte bei diesem Lob aus jeder Pore. »Ich werde Euch vermissen, Professor Valgrehn. Ihr seid so ein angenehmer Mieter! Ich hoffe, Ihr kehrt bald wieder zurück.«
»Da ich nicht weiß, wie lange ich unterwegs sein werde, bezahle ich Ihnen die Miete für die nächsten sechs Jahre im Voraus. Was dann kommt, wird man sehen.«
»Nicht sechs! Das ist eine Unglückszahl!« Die Hauswirtin schlug die Hände über dem Kopf zusammen, denn es war ihr nicht entgangen, dass ihr Mieter viel länger auszubleiben gedachte, als es zunächst den Anschein gehabt hatte.
Khaton ärgerte sich über seine Unachtsamkeit. Er hätte daran denken müssen, dass die Zahl sechs, die für die Menschen die Gesamtzahl der drei edlen Götter des Westens und der drei Dämonen des Ostens darstellte, auf der goldenen Seite des Stromes als schlechtes Omen galt. Für einen Augenblick dachte er daran, dass diese Zahl sowieso falsch war. Schließlich gab es noch die Uralte, die goldene Göttin ganz im Westen, und damit schon sieben Wesen mit schier unendlicher Macht und Kraft, die die Zentren der Magie und des Lebens darstellten. Nein, acht, korrigierte er sich. Immerhin sollte es weit im Osten noch den anderen Uralten geben, den roten Gott, der selbst in den Zeiten der Götterkriege niemals als Dämon bezeichnet worden war.
»Einigen wir uns auf die Glück verheißende Drei!« Der Hauswirtin dauerte das Schweigen ihres Mieters zu lange.
»Nehmen wir drei mal drei Jahre! Das ist eine noch edlere Zahl«, antwortete Khaton.
Frau Ketah erbleichte. »So lange werdet Ihr doch nicht ausbleiben wollen, Herr Professor!«
Khaton hob beschwichtigend die Hand. »Von wollen ist gar keine Rede, Frau Ketah. Wenn es nach mir ginge, würde ich keinen einzigen Schritt vor die Tore dieser Stadt setzen. Ich kann mich jedoch nicht meiner Pflicht entziehen. Gewiss werdet Ihr verstehen, dass ich alles gut geregelt zurücklassen möchte.«
»Natürlich verstehe ich Euch.« Die Frau wischte eine Träne aus den Augenwinkeln und tröstete sich damit, dass ihr Mieter gewiss nur einen Bruchteil der genannten Zeit für seine Reise benötigen würde. Allerdings hatte sie ihn niemals als so reich eingeschätzt, dass er, ohne zu zögern, neun Jahresmieten auf den Tisch legen konnte, zumal seine Reise bestimmt eine Menge Geld kosten würde.
Khaton musste noch etliche Fragen über sich ergehen lassen und
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