Stern der Leidenschaft
weismachen wollen, die Wechselruten könnten tatsächlich den Willen eines Menschen ändern. In Wahrheit bewirkten sie gar nichts. Sie war umgeben von Schauspielern, die den Regieanweisungen eines raffinierten Drehbuches folgten. Der Bürgermeister und sein Sekretär hatten entweder ebenfalls ein paar Tage lang mitgespielt, oder man hatte sie wirklich hypnotisiert. Jorran, der angebliche Centurianer, war laut Drehbuch der Grund für den Besuch der gigantischen Außerirdischen auf der Erde. Also musste er seine Rolle nun auch noch ein wenig weiter spielen. Und seine Verletzungen? Alles nur Schminke. Brittany musste allerdings zugeben, dass sie täuschend echt wirkten. Man konnte tatsächlich meinen, sein Nasenbein sei gebrochen. Mit einem Tuch fing er das Theaterblut auf, das ihm noch immer übers Gesicht rann. Sein gebrochener Arm hing schlaff an seiner Seite. Und um sein verletztes Knie zu schonen, verlagerte er nun alles Gewicht auf das gesunde Bein. Einigermaßen beeindruckt von diesem Auftritt, erklärte Brittany: »Wenn ich nicht genau wüsste, dass Jorran nicht wirklich verletzt ist, würde ich dir natürlich sagen, wie grausam ich es von euch finde, ihn leiden zu lassen, anstatt ihm zu helfen.«
Dalden legte die Stirn in Falten. Die Antwort kam von Martha. »Dieser Mann verdient es, ein wenig zu leiden. Er ist ein Mitglied der Herrscherfamilie von Century III. Wenn er nach Hause kommt, wird man höchstenfalls den Kopf über ihn schütteln und ihm nahe legen, er solle sich in Zukunft nicht mehr erwischen lassen. Eine Strafe hat er von seiner Sippschaft nicht zu erwarten. Aber selbst wenn er nicht versucht hätte, die Macht auf deinem Planeten an sich zu reißen, stünde er noch immer auf unserer schwarzen Liste. Er wollte schließlich Tedras Schwiegersohn töten, um an ihre Tochter heranzukommen. Jorrans Ziel hieß, Sha-Ka’an zu beherrschen. Dazu war ihm jedes Mittel recht. Bisher wurde er für seine Niederträchtigkeit noch nie richtig bestraft. Irgendjemand muss ihm endlich zeigen, dass er mit seiner Skrupellosigkeit und Machtgier in diesem Universum nicht weit kommt.«
»Warum reagiert er nicht auf das, was Sie sagen?«, fragte Brittany, deren Neugier wieder einmal erwacht war.
»Er hört mich im Augenblick nicht. Ich habe die Sprechanlage in seiner Zelle abgestellt.« »Können Sie sie wieder einschalten? Ich würde gern erfahren, was er zu all dem zu sagen hat.« »Du bist viel zu mitfühlend, Kleine. Entscheide dich endlich. Entweder du glaubst, dass Jorran wirklich verletzt ist. Dann müsstest du allerdings auch alles andere glauben. Oder du lässt es bleiben. Wenn du deine Zweifel also nicht endgültig über Bord wirfst, kann es dir ganz egal sein, wie Jorran seine Lage empfindet.« Das saß. »Hafer Schmerzen?«
»Nein. Sogar rückständige Welten wie die seine verfügen über ein paar Schmerzmittel. Er bekommt eine genau berechnete Dosis über die Atemluft zugeführt. Wir wollen ihn schließlich nicht foltern, sondern ihm lediglich eine Lehre erteilen. Er soll sich ruhig noch eine Zeit lang hilflos und verletzt fühlen.« »Eine Zeit lang?«
»Bis wir seinen Planeten erreichen, sind die ärgsten Wunden verheilt, wenn auch nicht vollständig. Wahrscheinlich wird er in Zukunft ein wenig hinken, und von seiner neu gestalteten Nase dürfte er auch nicht übermäßig begeistert sein. Doch sicher findet er bald einen Meditechniker, der ihn gänzlich wiederherstellt. Dazu braucht er Century III nicht einmal zu verlassen, denn dieser Stern ist inzwischen eine Art Touristenattraktion geworden. Man besichtigt gern und mit sanftem Gruseln die mittelalterliche Lebensweise der Centurianer, und fast jedes Raumschiff hat heutzutage ein oder zwei meditechnische Einheiten an Bord.« Brittany beobachtete Jorran durch die gläserne Wand.
Er erwiderte ihren Blick. In seinen Augen lag eine stumme Bitte. Er wollte sie dazu bringen, ihm zu helfen, versuchte, sie mit seinem Willen zu beeinflussen und ihre Sympathie für sich zu gewinnen. Einen derart begnadeten Schauspieler hatte Brittany bislang noch nicht erlebt. Die Rolle des Bösewichts war ihm wie auf den Leib geschrieben. Er brauchte ihre Hilfe nicht und würde sie auch nicht bekommen. Was Brittany viel mehr beschäftigte, war die Frage, ob Dalden nun tatsächlich einen grausamen Charakterzug hatte oder nicht. Immerhin wollte er Jorran nicht quälen, sondern ihm nur eine Lehre erteilen und für Gerechtigkeit sorgen. Das taten die Guten in den Kinofilmen auch
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