Sternchenhimmel
sagte: »Allem Anschein nach ist er der Mann, den sie nach Miami mitgenommen hat.«
Maury Lykes zuckte vor Abscheu zusammen. »In der Gulfstream? Grundgütiger.«
»Gebumst hat sie ihn auch«, fügte Lila Lark hinzu.
»Wie sollte es anders sein.« Der Promoter zog einen Zahnstocher hervor und befasste sich mit Sesamkörnern in seinen Brücken. »Janet, das klingt, als würden Sie Ihre Mutterrolle mit der üblichen Perfektion erfüllen.«
»Der Mann hat offensichtlich Halluzinationen. Das ist nie passiert«, beharrte Cherrys Mutter.
Maury sann über die vielen Notfälle nach, die während seiner langen Geschäftsbeziehung zu Cherry Pye eingetreten waren – die Entgleisungen, das Verschwinden nach Lust und Laune, die Drogengelage und Sexorgien. All diese potenziell karrierevernichtenden Vorfälle hatten sich als beherrschbar erwiesen, und in ein paar Fällen hatten sie sogar dazu gedient, das nachlassende Interesse der Öffentlichkeit an seinem minimaltalentierten Schützling neu zu entfachen.
Diese neue Krise jedoch war anders. Cherry war nicht durchgebrannt, sie befand sich mehr oder weniger in sicherem Gewahrsam. Was Maury Sorgen machte, war die Doppelgängerin, diese verschwundene Annie, deren Verlässlichkeit in einer Zwangslage eine unbekannte Größe war. Zu allem Überfluss war sie auch noch Schauspielerin! Was den geistesgestörten Paparazzo anging, so glaubte Maury, getrost das Schlimmste annehmen zu können. Es war nicht schwer, sich die schlüpfrige Fotosession vorzustellen, die er mit Cherry plante, und wie viel Geld er noch dafür verlangen würde, dass er die Bilder nicht in Umlauf brachte.
Dass Cherry selbst gar nichts von dem Unheil wusste, das sie angerichtet hatte, war blanke Ironie, wenngleich wohl kaum überraschend. Was für eine sabbernde Vollidiotin fickt denn einen freischaffenden Fotografen?, fragte Maury Lykes sich im Stillen.
»Unser professioneller Rat«, verkündete nun eine der Larks, »lautet, erst mal gar nichts zu tun. Abzuwarten, was dieser Irre als Nächstes unternimmt.«
»Und bloß keine Polizei«, setzte die andere Schwester hinzu, »es sei denn, Sie wollen, dass das Ganze in sämtlichen Nachrichten breitgetreten wird.«
Maury Lykes fragte, ob die gekidnappte Schauspielerin irgendwelche direkten Angehörigen hätte, doch niemand konnte ihm eine Antwort geben.
»Freund? Exmann?« Verbissen hob der Promoter beide Handflächen. »Irgendjemand, der ihr nahesteht und vielleicht weiß, dass sie für uns arbeitet?«
In ihrem allerberuhigendsten Tonfall sagte Janet Bunterman: »Annie hat eine Verschwiegenheitsvereinbarung unterschrieben.«
»Die sich als durchaus nützlich erweisen könnte, falls uns zufällig das Toilettenpapier ausgeht«, ätzte Maury Lykes. »Meine Sorge, Leute , ist, dass irgendjemand nach Ms Ann DeLusia suchen könnte, auch wenn wir es nicht tun. Ist dieser Gedanke sonst niemandem hier im Zimmer gekommen?« Er durchbohrte die Larks mit einem finsteren Blick. »Junge Frauen verschwinden doch nicht einfach spurlos von der Bildfläche, schon gar nicht junge Frauen mit einem Mitgliedsausweis der Schauspielergewerkschaft. Früher oder später wird ihre Abwesenheit irgendjemandem auffallen.«
Solchermaßen gedeckelt, sogen die Schwestern die Wangen ein und erstarrten. Janet Bunterman riss nervös von einem Bagel die Hälfte ab und beschmierte sie mit Frischkäse.
Chemo meldete sich zu Wort. »Das ist wie eine tickende Bombe.«
Maury Lykes sackte übertrieben erleichtert zusammen. »Oh Herr, es werde Licht.«
»Ich glaube, ich weiß, wie der Scheißer heißt«, sagte Chemo und schielte über den Rand seiner Sarah-Palin-Brille hinweg.
»Ach ja? Wer ist er?«
»Ich hab eine Handynummer. Lassen Sie’s mich mal versuchen.«
»Kann nicht schaden«, meinte Maury Lykes. »Nur zu.«
Chemo stand auf und reckte sich. Seine verklebten roten Augen richteten sich auf Janet Bunterman. »Ich fasse es nicht, dass Sie das Mädchen einfach hängen lassen wollten«, sagte er. »Wenn sie nicht gewesen wäre, dann wäre Ihre beknackte Tochter gekidnappt worden.«
Als er aus dem Zimmer marschierte, bedachte Chemo die beiden atemlosen Larks mit einem Achselzucken.
Die erste Single-Auskopplung von Skantily Klad war ein Song mit dem Titel »Jealous Bone«, der als visuelles Motiv für Cherry Pyes Coverfoto für Us Weekly ausgewählt worden war. Der Art Director schlug vor, sie als heißblütige Kannibalin zu kostümieren.
»Was hat denn so eine dämliche Kannibalin an?«,
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