Sternchenhimmel
Vater die größte Kalaschnikow-Sammlung in ganz Caddo Parish besaß. Er lernte Janet Wingo in einer Pseudocowboybar kennen, wo sie im Billardzimmer Getränke servierte und unechte kubanische Zigarren verkaufte. Sie gingen ein paar Monate miteinander, heirateten und produzierten in sechs Jahren drei langweilige Söhne. Cherry war ein Unfall; zu diesem Zeitpunkt hatten Ned und Janet schon weitgehend das Interesse aneinander verloren.
Ihre teilnahmslose Ehe wurde durch beidseitiges Fremdgehen am Leben erhalten, bis zu Cherrys erstem Talentwettbewerb mit vier Jahren, bei dem sie hallend, aber keck »You Are My Sunshine« zum Besten gab, zum Andenken an JonBenét Ramsey. Die grauenhafte Geschmacklosigkeit dieser Hommage bereitete Ned Bunterman Kopfzerbrechen, der seine Bedenken auch bei der Probe zum Ausdruck brachte. Janet lehnte seinen Einspruch ab, und am Ende des Liedes schnieften die Preisrichter, und Cheryl hatte den zweiten Preis gewonnen, zusammen mit einem Einjahresvertrag als Model. Es würde das letzte Mal gewesen sein, dass Ned Bunterman das Urteilsvermögen seiner Frau in Frage gestellt hatte.
Cheryls Karriere wurde zu dem Leim, der Janets und Neds Beziehung zusammenhielt; beide waren geduldig und zielstrebig, wenn es um die beruflichen Aussichten ihrer Tochter ging. An dem Tag, an dem sie ihren ersten Plattenvertrag angeboten bekam, kündigte er im Autohaus und begann, seine gesamte Kraft der Aufgabe zu widmen, aus Cheryl einen Star zu machen. Er hätte das suggestivere »Cherry Pop« besser gefunden als »Cherry Pye«, doch er beugte sich Maury Lykes, der Erfahrung darin hatte, Showbusiness-Images zu kreieren.
Das zahlte sich aus. Es dauerte nicht lange, und die ehemalige Cheryl Gail Bunterman war eine waschechte Prominente, die Millionen von Dollars verdiente. Unglücklicherweise entgleiste sie allabendlich. Genau wie seine Frau glaubte auch Ned Bunterman zunächst, Cherrys Ausraster seien nur eine Phase, die natürliche Reaktion eines jungen Menschen auf plötzlichen Ruhm und Reichtum. Doch bald wurde deutlich, dass sie eine echte, wahllose Schwäche für Drogen und Alkohol hatte und keinerlei gesunden Menschenverstand besaß. Obwohl Ned Bunterman seiner Tochter durchaus zugetan war, klammerte er sich nicht an irgendwelche elterlichen Illusionen: Sie war ein Dummkopf ohne jeglichen geistigen Tiefgang. Da er in einem Hummer-Autosalon gearbeitet hatte, betrachtete er sich als Kenner dieser Spezies.
Janet Bunterman verdrängte die Wahrheit lieber; insgeheim jedoch teilte sie die Sorgen ihres Mannes um Cherrys Wohlergehen und auch um das Wohl der Familieneinnahmen. Die Auswirkungen des Boston-Fiaskos in Sachen Einkommen waren unmittelbar und verheerend gewesen. »Sieh nur, was mit Amy Winehouse passiert ist«, hatte Ned Bunterman Janet gewarnt. »Und das Mädchen kann sogar singen.«
Es war zwingend geboten, dass Skantily Klad ein Megahit wurde, und damit das geschah, musste die Tournee das große Geschäft machen. Cherry musste für ein bisschen Aufruhr in der Szene sorgen, aber nicht auf die übliche abgeschmackte Art und Weise. Sie musste die Fans wieder auf ihre Seite ziehen, zur Abwechslung mal ein Opfer sein und kein Rohrkrepierer.
Daher freute sich Ned Bunterman, als Janet, Maury und sogar die unterkühlten Lark-Zwillinge seinen gewagten Vorschlag befürworteten, Cherry die Fotosession mit dem wahnsinnigen Paparazzo durchziehen zu lassen. Später, wenn sie Ann DeLusia dafür ausgezahlt hätten, dass sie von der Bildfläche verschwand, würden sie mit einer Story herauskommen, in der es hieß, dass es Cherry gewesen war, die entführt, misshandelt und gezwungen worden war, für entwürdigende Fotos zu posieren (deren beste Exemplare unter der Hand an die Presse gegeben werden würden).
Nach Ned Buntermans Plan würde man dem Fotografen die Wahl lassen: Er konnte bei dem Täuschungsmanöver der Familie mitmachen oder sich einem Strafverfahren gegenübersehen, gefolgt von einer Zivilklage, die ihn für den Rest seines Lebens in Armut stürzen würde. Der Mann, der diese harschen Bedingungen vortragen würde, saß gerade in Cherrys Suite im Stefano und ölte die Achse eines elektrischen Unkrautschneiders, der am Stumpf seines einen Unterarms befestigt war.
»Ned, das ist Mr Chemo«, sagte Janet Bunterman.
Ihr Mann trat mit einem »Unter Männern«-Lächeln vor. Als er die Hand ausstreckte, zuckte diese leicht. Er hatte noch nie jemanden wie diesen Bodyguard gesehen, und er verspürte keinerlei
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