Sterne der Karibik: Roman (German Edition)
bekommen.«
»Und? Was ist schlecht daran? Du weißt, mir wäre es lieb, würde Kuba zu Amerika gehören.«
Mafalda straffte die Schultern. »Hast du dich je gefragt, warum du das willst? Es geht doch nur um das Geschäft. Ansonsten wäre es dir ganz egal, wozu Kuba gehört. Ich liebe die Insel, und ich wünsche mir, dass Kuba ein unabhängiges Land wird. Unabhängig von Spanien, von Amerika. Ich wünsche mir, dass die Kubaner selbst bestimmen können, was sie wollen.« Sie machte eine kleine Pause und studierte dabei Hermanns Gesicht. Es war verschlossen, die Stirn gerunzelt. Er strich sich über die Enden seines Schnurrbartes, eine Geste, die er immer machte, wenn er erregt war.
»Eine Unabhängigkeit Kubas würde es dir noch immer gestatten, Geschäfte mit den Amerikanern zu machen. Hast du dich heute Abend auch nur einmal gefragt, warum Mister Carpenter ausgerechnet zu dir gekommen ist? Warum ist er nicht nach Santiago gefahren und hat den Bacardís dieses Geschäft vorgeschlagen?« Sie machte eine kleine Pause und wartete, aber Hermann wusste nichts zu entgegnen.
»Ich will dir sagen, warum. Die Bacardís unterstützten den Kampf von José Martí. Sie sind es, die keine Geschäfte mit einem Amerikaner machen würden.«
Sie stand auf, lehnte sich an ihren Mann, lauschte seinem Herzschlag. »Du weißt, dass das stimmt. Ich bitte dich, lass Carpenter unverrichteter Dinge zurück nach Havanna fahren. Groth wird dich verstehen, da bin ich mir sicher.«
Hermann strich Mafalda flüchtig über das Haar. Seine Geste verriet ihr, dass er in Gedanken versunken war.
»Woher weißt du, dass Carpenter schon mit den Bacardís verhandelt hat?«, fragte er.
»Ich weiß es nicht. Wahrscheinlich hat er nicht, weil er genau wusste, wie sie reagieren.«
»Und woher weißt du es, Liebste?«
Einen Augenblick lang überlegte Mafalda, ob sie ihm sagen sollte, dass sie sich mit den Martí-Kämpfern traf, doch dann entschied sie sich dagegen.
»Lass uns darüber schlafen«, sagte sie leise. Dann legte Hermann einen Arm um seine Frau und führte sie ins Schlafzimmer. Und Mafalda lag die halbe Nacht wach und wusste nicht, ob sie hoffen oder bangen sollte.
Fünftes Kapitel
I ch habe es meinem Bruder gesagt«, erzählte Titine am Abend, als Fela von den Weiden nach Hause gekommen war. »Ich habe ihm gesagt, dass ich schwanger bin. Schon vor mehr als zwei Wochen habe ich es getan. Und ich habe ihm gesagt, dass wir … ich meine … dass …«
Fela zog Titine an sich. Sie saßen nebeneinander auf der Veranda des Verwalterhauses und hielten sich bei den Händen. Ihre Stühle standen so dicht beieinander, dass sich ihre Schultern beinahe berührten. »Was hast du ihm gesagt, Liebste?«
Titine schluckte. »Weißt du, ich habe es eigentlich gar nicht so ernst gemeint. Oder vielleicht doch. Aber es ist nicht lebenswichtig, verstehst du. Sie hatten diese merkwürdigen Blicke. Hermann und Mafalda. Sie haben mich angesehen wie, ich weiß auch nicht, vielleicht wie ein Kind, das bestimmte Dinge einfach nicht begreifen will.« Sie lachte verlegen auf.
Fela strich ihr sanft über den Arm. »Was hast du ihnen gesagt?«
Sie sah ihn mit großen, ein wenig ängstlichen Augen an, dann stammelte sie: »Ich habe gesagt, dass wir heiraten werden.« Sie klang beschämt, und wirklich, sie wurde tatsächlich rot, ihre Wangen verfärbten sich, die Augen brannten vor Verlegenheit, und all dies brachte Fela zum Lächeln.
»Ich liebe dich«, beteuerte er. »Und ich möchte dich heiraten. Unbedingt sogar.« Er lachte jetzt hell auf. »Aber eigentlich wollte ich dir einen Heiratsantrag machen. Eigentlich hatte ich mir die ganze Sache ein wenig romantischer vorgestellt.«
»Ich verbiete es. Ich verbiete es!« Hermann war außer sich. Nicht nur, dass er das Haus voller Gäste hatte und eine Entscheidung fällen musste, die ihm nicht behagte, jetzt kam auch noch Fela und bat ihn um die Erlaubnis, seine Schwester zu heiraten.
Fela stand vor ihm, groß und stolz und blickte ihm unverwandt ins Gesicht. »Ihre Erlaubnis, Don, ist für mich eine reine Formsache. Entweder Sie stimmen zu und nehmen an unserem Hochzeitsfest teil, oder Sie lassen es. Wir werden jedenfalls heiraten.« Er hatte ruhig gesprochen und keinen Zweifel daran gelassen, dass ihm der Segen Hermanns wahrhaftig herzlich gleichgültig war.
»Nein, das werdet ihr nicht!« Hermanns Stimme kreischte. Er klang wie ein altes Waschweib, hatte seine ganze Souveränität verloren und funkelte Fela
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