Sterne der Karibik: Roman (German Edition)
voller Wut, Empörung und Hass an. Seine Unterlippe zitterte vor Erregung, und er fand die Worte nicht, nach denen er suchte. »Ich verbiete es. Ich werde mit dem Priester reden. Ihr werdet niemanden in Trinidad finden, der euch trauen wird.«
Wieder zuckte Fela mit den Schultern. »Wir brauchen auch keinen Segen von der katholischen Kirche. Gibt es keinen Priester für uns, auch gut, so werden Titine und ich eben nach dem Ritus der Yoruba heiraten.«
Höllische Empörung flammte in Hermann hoch, färbte sein Gesicht krebsrot. Am liebsten wäre er Fela an die Gurgel gegangen. Was dachte sich dieser Kerl? Was meinte er, wer er war? Hermann war so wütend über die Selbstsicherheit des vermeintlich Geringeren, dass er am liebsten mit dem Fuß aufgestampft hätte und in Tränen ausgebrochen wäre. Er merkte selbst, dass dies die Reaktion einen Kindes war, aber er konnte sich nur mit großer Mühe beherrschen. Jetzt weiß vor Wut und mit zornigen Augen, zeigte er auf all die Dinge in seinem Arbeitszimmer, die von Wert waren. »Das hier alles«, krächzte er. »Das alles hier habe ich geschaffen. Ich habe schwer gearbeitet, um meiner Familie ein schönes Heim zu bieten. Es gab eine Zeit, da stand ich vor dem Nichts. Aber ich habe mich nicht unterkriegen lassen, habe gesorgt für die, die mir anvertraut waren, haben ihnen ein behagliches Leben verschafft.« Er hielt inne, blickte zu Fela, der noch immer unbeweglich dastand, aber sein Blick verriet, dass er nicht wusste, worauf Hermanns Rede zielte. Und Hermann hatte keine Ahnung, welche Worte zu finden waren, um Fela klarzumachen, um was es ging. Er brannte vor Wut, und dieser Grimm wurde nicht weniger, weil die Worte fehlten.
Er hob die Hand, deutete mit dem Zeigefinger wie ein Schulmeister auf Fela. »Ich habe gearbeitet, verstehst du, ich habe nie etwas von anderen verlangt. Verantwortung habe ich übernommen. Ich war keiner dieser nichtsnutzigen, leichtlebigen, trunksüchtigen und willensschwachen Männer, sondern einer, der gekämpft hat, der schlaflose Nächte ohne Zahl hinter sich hat. Ich habe Werte geschaffen, weil ich meinen inneren Werten vertraut habe, aber das ist etwas, was du nie, nie, nie verstehen wirst.« Hermann ließ sich keuchend und schwitzend in einen Stuhl fallen. Er fühlte sich plötzlich müde und erschöpft. »Geh!«, sagte er. »Geh, verschwinde und lass meine Schwester in Ruhe. Es wird keine Hochzeit geben. Nicht, solange ich hier das Sagen habe.«
Er wusste auf einmal nicht mehr, wozu er diese Rede gehalten hatte. Für Fela war sie nicht bestimmt gewesen, niemals hätte er diesem Nigger sein Innerstes anvertraut. Es war ihm mehr als peinlich, dass er sich für kurze Zeit hatte gehen lassen. Deshalb sollte der Kerl jetzt verschwinden. Aber das tat er nicht. Noch immer stand er mitten im Raum, mit diesem unlesbaren Gesichtsausdruck, den Hermann verabscheute und zugleich bewunderte. »Geh!«, sagte er noch einmal und wedelte müde mit der Hand.
»Nicht, bevor auch ich etwas sagen kann.« Fela wirkte wahrhaftig unbeeindruckt. »Auch ich habe gekämpft, aber anders als Sie. Dort, wo ich herkomme, war ich ein bedeutender Mann. Mein Vater war der Stammesfürst, meine Mutter war in Seide gehüllt und schlief auf den weichsten Betten. Wenn ich durch unser Dorf ging, dann verneigten sich die Leute vor mir. Nicht nur, weil ich der Sohn des Stammesfürsten war, sondern weil ich der beste Jäger von allen gewesen bin. Der, der das meiste Wild brachte, der, der allein den ganzen Stamm versorgen konnte. Dann hat man mich gefangen genommen und plötzlich war ich ein Nichts. Das Schlimmste daran, ein Nichts zu sein, ist, wenn man von sich weiß, dass man es nicht ist, aber die anderen einen so behandeln. Mein Stolz, meine Würde, sie drohten zu verschwinden, und um ein Haar wäre ich tatsächlich geworden, was die Weißen in mir sehen wollten: ein Nichts. Dann kam Titine. Sie hat mich gerettet, ihre Liebe hat mir meinen Stolz und meine Würde zurückgegeben. Vielleicht bin ich nicht in der Lage, ihr ein Herrenhaus zu kaufen. Vielleicht bin ich nicht einmal fähig, ihr stets genügend Sicherheit und Schutz zu bieten. Aber ich bin ihr Mann, und ich werde für sie tun, was ein Mann für seine Frau tut. Ich werde arbeiten, werde für sie da sein, werde alles tun, damit sie glücklich ist. Ist Ihnen das zu wenig? Oder bin ich es? Bin ich zu wenig, ein Nichts, noch bevor ich beweisen kann, wer ich wirklich bin? Sind Sie im Kopf noch immer nicht von der
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