Sterne der Karibik: Roman (German Edition)
rings um den Patio feuchte Tücher aufgehängt, damit die Hitze ein wenig erträglicher wurde.
»Wir haben lange auf Sie warten müssen.« Der stämmige Amerikaner hatte einen verdrießlichen Zug um den Mund. »Ich bin nicht gewohnt, dass man mich warten lässt.«
Hermann legte ihm jovial eine Hand auf die Schulter und musste über das trotzige Kindergesicht des Amerikaners lächeln. »Es tut mir leid, Mister Carpenter, dafür bringe ich gute Neuigkeiten.«
Der Mann entspannte sich auf der Stelle. Die schmale Furche zwischen seinen Augenbrauen verschwand, und seine Stirn war wieder so glatt und rosa wie ein Ferkel.
»Ich werde auf Ihr Angebot eingehen. Wir können die Verträge sogleich aufsetzen …«
»Das ist doch ein Wort!« Carpenter sprang auf und haute Hermann auf die Schultern.
»Einen Augenblick, ich bin noch nicht fertig. Eine Bedingung habe ich noch, die aber mehr Joachim Groth als Ihnen gilt.«
Groth legte seine Zigarre in den Aschenbecher und zog die Hemdsärmel unter den Jackenaufschlägen hervor. »Ich höre«, sagte er. Seine Miene zeigte Wohlwollen und gespannte Aufmerksamkeit, doch Hermann kannte den Kaufmann lange genug, um zu wissen, dass sein Wohlwollen rasend schnell in messerscharfe Berechnung umschlagen konnte.
»Ich möchte, dass du Titine mit nach Havanna nimmst. Such ihr bitte eine angenehme Wohnung mit einer Haushälterin, auf die ich mich verlassen kann.«
»Hm«, machte Groth und betrachtete Hermann prüfend. »Warum?«, wollte er wissen.
Hermann strich sich über die Spitzen seines Schnurrbartes. »Sie ist schwanger. Wieder einmal. Ich möchte nicht, dass das Kind hier auf dem Ingenio zur Welt kommt. Titine ist hier nicht sicher. Du weißt, die Erhebungen überall. José Martí wird auch vor Trinidad nicht haltmachen.«
Joachim Groth legte den Kopf leicht schräg. »Ich weiß nicht, ob ich das gutheißen kann, Hermann«, sagte er. »Mir scheint das, was du vorhast, wie eine Entführung zu sein.«
Hermann nickte freimütig. »Nenn es, wie du willst. Vielleicht ist es eine Entführung. Aber das ist meine Bedingung. Rum gibt es nur, wenn Titine nach Havanna kann.«
Groth zog die Augenbrauen hoch und ließ sie wieder sinken. »Es ist deine Entscheidung«, sagte er. »Ich profitiere auf jeden Fall davon.« Er stand auf, reichte Hermann die Hand, und Hermann schlug ein.
Titine war mehr als überrascht, als Mafalda ihr Haus betrat und ihr mitteilte, dass Hermann beschlossen hatte, die beiden Frauen nach Havanna zu schicken.
»Aber warum?«, fragte Titine.
Mafalda wusste genau, warum. Um die Heirat zwischen Titine und Fela zu verhindern, aber das konnte sie Titine nicht sagen, also antwortete sie: »Wir brauchen noch einige Dinge für das Baby. Außerdem möchte Hermann dieses Mal sicher sein, dass alles gutgeht. In Havanna gibt es Ärzte, die auf Schwangerschaften spezialisiert sind. Du hast schon einmal ein Kind verloren. Es ist ja nicht für lange, Titine. Nur, bis wir die Sachen gekauft haben und der Arzt bestätigt hat, dass alles mit dir und dem Baby in Ordnung ist.«
»Trotzdem!«, beharrte Titine und rührte sich nicht aus ihrem Verandastuhl. »Das geht mir alles viel zu schnell. Ich weiß gar nicht, was Fela dazu meint.«
Mafalda sah sich einigermaßen gehetzt um. »Dafür bleibt keine Zeit. Hermann hat bereits alles in die Wege geleitet. Wir reisen mit Joachim Groth und Mister Carpenter.«
»Nein!« Titines Gesicht zeigte Entschlossenheit. »Ich gehe nirgendwohin, ohne Fela Bescheid zu sagen. Er ist mein Mann, er hat ein Recht darauf, zu wissen, wo ich bin. Im Übrigen bin ich mir auch gar nicht sicher, ob ich nach Havanna gehen will. Alles, was das Baby braucht, kann man auch in Trinidad kaufen oder es sich aus der Hauptstadt schicken lassen. Fahr du, Mafalda, kauf dir Kleider oder sonst etwas, ich bleibe auf dem Ingenio, bei Fela.«
Mafalda seufzte. Mach es mir bitte nicht so schwer, dachte sie. Lass mich nicht zum Äußersten greifen müssen.
»Du brauchst einen richtigen Arzt.« Mafaldas Stimme klang sanft und besorgt. »Wir wollen doch alle, dass dein Baby gesund zur Welt kommt. Dr. Winkler ist ein Allgemeinarzt. Er versteht sich nicht auf die Frauendinge. Willst du etwa mit deinem Starrsinn dein Kind gefährden?«
Titine schien ein wenig unsicher zu sein. Doch dann schüttelte sie wieder den Kopf. »Ich bleibe hier. Wenn es Komplikationen geben sollte, so sind hier genügend schwarze Frauen, die sich auf die Geburtskunde verstehen.«
»Schwarze Frauen?
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