Sterne im Sand
leiten. Jock jedenfalls hält Victor für einen sehr fähigen Verwalter, der sich ausgezeichnet auf die Schafzucht versteht. Sie sollte der Umsicht ihres verstorbenen Mannes danken, anstatt in Brisbane zu sitzen und zu schmollen.«
Insgeheim war Mrs. Walker froh, daß sie keine Söhne hatte, die ihr das Erbe ihres Mannes hätten streitig machen können. Er würde nie auf die Idee kommen, sein beträchtliches Vermögen seiner Tochter zu hinterlassen – vor allem nicht dieser Tochter.
»Oh Gott, was soll denn nun werden?«
»Mit der Witwe? Nichts weiter. Ich besorge ihr einen Anwalt, der ihr lang und breit erklärt, daß sie vor Gericht nicht die geringste Chance hat. Austin hat auf die übliche Art und Weise für sie gesorgt. Stell dir vor, was passieren würde, wenn ihr ein Anteil gehörte und sie sich noch einmal verheiratete? Ich darf gar nicht daran denken.«
»Und Harry? Anscheinend haben ihn seine Brüder schlecht behandelt. Connie sagt, er sei inzwischen soweit, daß er ebenfalls einen Anteil beanspruchen wolle.«
»Leider. Er hat bereits genügend Leute vor den Kopf gestoßen. Ginge es dabei nicht auch um mein Enkelkind, so würde ich keinen Finger für ihn rühren. Aber gut, Harry soll seinen Anteil haben, wie es im ursprünglichen Testament vorgesehen war, oder ich sorge dafür, daß sich dieser Prozeß bis zum Jüngsten Gericht hinzieht.«
Seine Frau lächelte. »Ich habe irgendwie den Eindruck, daß du es auch für Connie tust.«
»Natürlich. Falls Harry auf Tirrabee nicht zurechtkommt, was mich bei seiner Labilität nicht wundern würde, stehen sie wieder hier vor unserer Tür. Und dann ein Drittel von Springfield im Rücken zu haben, ist wirklich nicht zu verachten.«
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9. Kapitel
Spinner spielte mit dem Gedanken, sich eine Frau zu nehmen, doch es gab da gewisse Hindernisse. Seine Wahl war auf Dixie gefallen, eine aufgeweckte junge Frau, die als Wäscherin für den alten Jock arbeitete. Sie war von seiner Werbung sehr angetan, da es nicht viele Männer ihres Stammes gab, die feste, respektable Stellen als Viehhüter innehatten. Doch als es darum ging, sich für einen gemeinsamen Wohnort zu entscheiden, kam ein Problem auf.
Er konnte Dixie nicht nach Springfield bringen, da es dort keine Unterkünfte für schwarze Frauen gab. Zudem hatte die dortige Horde vor langem ihr Lager verlassen, so daß sie auch da nicht unterkommen konnte.
»Dann mußt du eben hier leben«, sagte sie zu ihm.
Spinner sah sich vor eine schwere Entscheidung gestellt. Diese Farm war sein Zuhause; er liebte Springfield und kannte es so gut wie seine Westentasche. Da er aber auch Dixie liebte, ja ganz wild nach ihr war, gestattete er ihr, diesbezüglich Erkundigungen einzuholen.
Als er sie das nächste Mal besuchte, rannte sie ihm aufgeregt entgegen. »Du bekommst die Stelle. Die Missus sagt, sie will mich nicht verlieren, also kannst du hier als Viehhüter arbeiten. Sie spricht mit dem jungen Mr. Victor darüber. Und soll ich dir noch was verraten? Sie hat gesagt, wir können in der alten Schererhütte hinter den Ställen wohnen! Die anderen Mädchen helfen mir beim Saubermachen und Einrichten. Dann haben wir unser eigenes Zuhause.«
Spinner war begeistert ob dieser überwältigenden Neuigkeiten. Außerdem schmeichelte es ihm, daß Mrs. Crossley, Jocks verwitwete Tochter, ihnen behilflich sein wollte. Seine zukünftige Familie würde in einem richtigen Heim leben! Tatsächlich wären sie dadurch besser gestellt als viele weiße Viehhüter, die in den schlafsaalähnlichen Männerunterkünften wohnten und oft keine Familie gründen konnten, da es kaum Wohnungen für Verheiratete gab. Für Spinner bedeutete die Schererhütte einen gewaltigen Schritt nach vorn; endlich würde er so leben, wie er es sich immer gewünscht hatte. Wie eine weiße Familie. Er war nicht gezwungen, mit seiner Frau bei seiner Horde unten am Fluß zu leben.
Im übrigen war er froh, daß sie weg waren.
Schließlich waren alle Vorbereitungen getroffen, und in Springfield wußten alle Bescheid, daß Spinner heiraten und den Besitz verlassen würde. Sie zogen ihn zwar unbarmherzig damit auf, aber er merkte, daß sie sich insgeheim für ihn freuten.
Doch dann änderte er plötzlich seine Meinung und weigerte sich strikt, Springfield zu verlassen.
Dixie war ebenso verwirrt wie empört, und Mrs. Crossley empfand Mitleid mit ihr. Sie erkundigte sich bei Victor nach der Ursache für diesen Sinneswandel, doch auch ihm waren Spinners Gründe
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