Sterne im Sand
würde sie es ganz und gar nicht gutheißen.
Dann traf der Brief von William Pottinger ein. Er müsse ihnen leider mitteilen, daß Charlotte seine Vermittlungsversuche abgelehnt habe. Sie scheine fest entschlossen, notfalls Austins Testament anzufechten.
»Verdammt!« Noch nie war Victor so frustriert gewesen. Rupe hatte den ausgezeichneten Vorschlag gemacht, einige weniger fruchtbare Abschnitte und sogar einen Teil der Nebenfarmen zu verkaufen, um die dort arbeitenden Verwalter einzusparen. Obwohl er den Verlust von mehreren tausend Morgen Land bedauerte, befürwortete Victor diesen Plan. Im Augenblick benötigten sie Geld dringender als Land.
Er fragte sich, ob sie sich nicht doch dazu überwinden sollten, Charlotte ein Drittel abzutreten. Schließlich stünde es nur auf dem Papier da, weil sie ja ohnehin auf Springfield lebte. Zum Ausgleich könnten sie dann die Forderung stellen, daß Harry jeglichen Anspruch auf den Besitz aufgab.
»Das ist die Lösung!« sagte er laut zu sich selbst. »Das ist es doch!«
Sofort machte er sich an die Arbeit und setzte einen sorgsam formulierten Brief an seine Mutter auf, in dem er sich unter dieser einen Bedingung mit ihrer Forderung einverstanden erklärte. »Ich werde ihnen schon zeigen, wo’s langgeht!«
Dennoch war ihm nicht ganz wohl bei der Sache, da Charlotte zurückkehren, Louisa entthronen und ihrem angenehmen Lebensstil ein Ende bereiten würde.
Leider zeigte sich Rupe ebenso halsstarrig wie seine Mutter.
»Du beweist damit nicht gerade Weitblick, Victor. Mal angenommen, wir teilen mit Mutter. Was passiert, wenn sie stirbt? Sie wird Harry auf jeden Fall etwas hinterlassen. Dann geht alles wieder von vorne los.«
»Darüber mache ich mir Gedanken, wenn es soweit ist.«
»Dann wird es zu spät sein. Und was gibt dir überhaupt das Recht, einen solchen Brief zu schreiben? Vergiß es, Victor, meine Antwort lautet nein.«
Richter Walker war Brodericks Witwe nur allzugern zu Diensten. Sie hatten Charlotte eingeladen, bei ihnen zu wohnen, doch sie erklärte ihnen brieflich, sie wolle niemandem zur Last fallen. Also besorgte er ihr eine respektable Unterkunft im Park Private Hotel mit Blick auf den Botanischen Garten. In diesem Haus lebten einige ältere Damen, so daß es für eine Frau vom Land ohne weibliche Begleitung durchaus angemessen war.
Nachdem er den Sonntagnachmittag mit ihr verbracht hatte, kam der Richter jedoch zu dem Schluß, daß Charlotte Broderick eine ziemlich törichte Frau sei, da sie selbst nicht zu wissen schien, was sie eigentlich wollte. Obwohl sie bei der Erwähnung ihres verstorbenen Mannes in Tränen ausbrach, bestand sie darauf, daß er ihr einen Anteil an seinem Besitz hätte hinterlassen müssen.
Connie hatte ihren Vater bereits vom Inhalt des Testaments in Kenntnis gesetzt und dabei zugeben müssen, daß sie nach wie vor nicht ganz auf seinen Rat verzichten konnte.
»Diese jungen Leute«, sagte er zu seiner Frau, »sie glauben, sie wüßten alles besser. Und nun sieh dir an, was passiert. Sobald etwas schiefgeht, kommt sie angelaufen. Typisch, daß ihr verantwortungsloser Ehemann sich nicht um sein Erbe kümmert, auch wenn er demnächst eine Familie zu ernähren haben wird.«
»Ich bin nur froh, daß sie dir geschrieben hat, bevor es zu spät ist.«
»Ja, das ruhige Landleben hat ihr scheinbar die schlimmsten Flausen ausgetrieben. Allerdings ist mir nicht ganz klar, was man in dieser Angelegenheit von mir erwartet. In einem Moment jammert Charlotte Broderick noch über den Tod ihres Mannes, und im nächsten will sie seinen guten Namen in den Schmutz ziehen, indem sie behauptet, er habe sie ungerecht behandelt. War Austin denn der einzige Mensch in dieser Familie mit so etwas wie Selbstachtung?«
»Sieht ganz danach aus. Jedenfalls hält Connie nicht das geringste von den anderen beiden Söhnen. Wie steht es denn überhaupt mit Charlottes Chancen?«
»So, wie ich es ihr zu erklären versucht habe. Besitzrecht macht neun Zehntel unseres Gesetzes aus. Er hat sie nicht ungerecht behandelt. Sie hat ein wunderschönes Heim und Söhne, die den Besitz verwalten. Sie genießt dort ein lebenslanges Wohnrecht, das ihr niemand nehmen kann.«
Mrs. Walker rutschte unbehaglich auf ihrem Stuhl hin und her. »Ich glaube, sie denkt, sie sei jetzt abhängig von ihren Söhnen.«
»Das ist doch aber nichts Ungewöhnliches. Ihr Pech ist nur, daß sie da an etwas seltsame Vögel geraten ist, die die Farm im übrigen aber gar nicht so schlecht
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