Sterne im Sand
Walkers scheinen zuviel Geld zu haben. Mehr Zelte als im Zirkus, und jeder takelt sich auf, als ginge es nach Ascot. Man fühlt sich gar nicht mehr wie auf einem Landfest, alles viel zu steif. Früher hat es mehr Spaß gemacht.«
»Waren Connie und Harry auch da?« wollte Louisa wissen.
»Ja, aber ich habe sie kaum gesehen. Kann ich etwas zu essen haben? Ich bin schon fast verhungert.«
Cleo sprang auf. »Hannah ist ausgegangen, aber wir können ja mal nachsehen, was die Vorratskammer zu bieten hat. Komm mit.«
Victor zwinkerte seiner Frau zu, als die beiden das Zimmer verließen. »Meinst du, er ist wirklich deshalb nach Hause gekommen? Klingt ein bißchen weit hergeholt.«
Sie lächelte. »Vielleicht hat er Cleo vermißt. Sie waren unzertrennlich, bevor er zu den Walkers geritten ist. Ich hatte mich schon gewundert, weshalb er sie nicht eingeladen hat mitzukommen. War er im Haus untergebracht?«
»Das weiß ich nicht.«
»Victor, hast du eigentlich mit Rupe über die Nebenfarmen gesprochen? Daß er sich dort ein eigenes Heim einrichten könnte?«
Ihr Mann, der offensichtlich nicht allzu erpicht darauf war, sich auf dieses Thema einzulassen, fingerte nervös an den Spielkarten herum, als erwarte er jeden Moment die Rückkehr der anderen beiden. »Das ist nicht mehr möglich, Louisa.«
»Wieso nicht?«
»Weil wir beschlossen haben, die Außenposten zu verkaufen, um Springfield kompakter zu gestalten. Wir müssen den Gürtel enger schnallen.«
»Deinen Vater würde der Schlag treffen!«
»Er mußte sich niemals wirklich mit dem freien Grunderwerb befassen. Die Farmen bringen einen guten Preis, und wir hatten ohnehin immer mehr Land, als wir gebrauchen konnten. Den Luxus der Nebenfarmen können wir uns nicht länger leisten.«
Louisa lehnte sich in ihrem Sessel zurück und sah ihn an. »Und nun? Springfield gehört euch beiden zusammen. Wenn Rupe heiratet, leben zwei Ehefrauen im Haus. Und so wie es aussieht, kann Charlotte jeden Augenblick heimkommen und ihr Wohnrecht beanspruchen.«
»Ich weiß gar nicht, was du hast«, seufzte Victor. »Dieses Haus ist riesengroß. Warum sollte hier nicht mehr als eine Frau leben können? Und Cleo wohnt doch bereits hier. Mit Austins Alleinherrschaft ist es endgültig aus und vorbei.«
»Dafür schwingt Charlotte dann wieder das Zepter. Zudem macht es einen gewissen Unterschied, ob eine Gouvernante hier wohnt oder eine Ehefrau. Warum hast du mich in dem Glauben gelassen, Rupe würde ausziehen?«
Victor legte den Arm um sie. »Es wird alles gut, Liebes, mach dir keine Sorgen. Lassen wir es einfach auf uns zukommen.«
»Das kannst du vielleicht«, murmelte sie. »Ich glaube, Harry hat es von Anfang an richtig gemacht. Er ist ausgezogen und war alle Probleme auf einen Schlag los. Ich weiß nicht, was schlimmer ist: ein Leben mit meiner Schwiegermutter oder deinem kleinen Bruder. Cleo meint, sie könne Rupe bändigen, aber da kennt sie ihn schlecht. Im Grunde verdient sie mein Mitleid.«
»Keineswegs. Er ist nur ein bißchen dickköpfig. Darin kommt er sehr nach Austin.«
»Er hat mit Austin überhaupt nichts gemein!« widersprach Louisa hitzig. »Soweit ich weiß, hat
er
die schwarzen Frauen immerhin respektiert, was man von Rupe weiß Gott nicht behaupten kann. Cleo kann froh sein, daß die Schwarzen nicht mehr da sind.«
Nun wurde Victor wütend. »Woher hast du dieses Geschwätz?«
»Es ist allgemein bekannt, du brauchst also gar nicht so unwissend zu tun. Springfield ist Charlottes Heim, daran kann ich nichts ändern, aber ich will, daß Rupe von hier verschwindet. Du verlangst zuviel von mir. Einer muß gehen, entweder er oder ich.«
»Wenn ich mich nicht irre, hast du so etwas schon mal im Zusammenhang mit meinen Eltern gesagt«, gab er zurück. »Weshalb sagst du nicht einfach, daß du nicht auf Springfield leben willst?«
Mit einer heftigen Armbewegung wischte Louisa die Karten vom Tisch. »Ich habe dich geheiratet, nicht deine ganze verdammte Familie! Dein kostbares Springfield interessiert mich nicht im mindesten, ich will ein eigenes Zuhause haben. Warum kannst du das nicht verstehen?«
Sie stürmte aus dem Zimmer. Victor bückte sich nach den Karten.
Über all den aufregenden Ereignissen rund um ihre Verschwörung – so pflegte Fern ihre Geschäfte zu bezeichnen – waren die beiden Frauen zu guten Freundinnen geworden.
»Und was geschieht jetzt?« fragte sie, als Charlotte in einem bequemen Sessel auf der Vorderveranda Platz genommen hatte.
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